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Bürgermeister in zwei Landkreisen? "Lex Dachtel" macht es möglichQuelle: Das 20. Jahrhundert im Spiegel der Zeit. Der Kreis Böblingen im Rückblick von 100 Jahren, Röhm Verlag Sindelfingen 1999 | ||||
Foto: Walter Walz, Bürgermeister in Deufringen (1948-71) und Dachtel (1955-71), (Foto: Gemeindearchiv Aidlingen) Dass ein Bürgermeister seinen Posten auch noch in einer anderen Gemeinde ausübt, ist heutzutage kaum vorstellbar, vor allem, wenn diese Gemeinden in verschiedenen Landkreisen liegen. Walter Walz hat diesen Spagat in Deufringen und Dachtel geschafft. Der Landtag hat eigens für diesen Fall ein Gesetz erlassen.Nach Kriegsende verboten die Alliierten politische Betätigung in Parteien und Gewerkschaften. Als kommissarische Bürgermeister in Deufringen ernannten sie Jakob Stürner, in Dachtel wurde Jakob Schneider bestätigt. Als 1946 nach 15 Jahren erstmals wieder Gemeinderatswahlen stattfanden, wurde Jakob Stürner im Amt bestätigt. Auch Jakob Schneider blieb weiter im Amt. Beide waren keine Verwaltungsfachleute. Ein Fachmann wird gewählt Walter Walz, Verwaltungsfachmann aus Dachtel, wurde 1948 in Deufringen zum Bürgermeister gewählt in einer Zeit, in der es große Probleme zu lösen gab. Nicht nur die Nachwirkungen von Nazi-Herrschaft und Krieg stellten die Menschen immer noch vor Herausforderungen. Die Währungsreform vom 20. Juni 1948 mit der Einführung der Deutschen Mark sorgte in den Gemeinden für leere Kassen, weil die Rücklagen in Reichsmark entwertet wurden. So ging damals allein in Aidlingen der Betrag von rund 300.000 Reichsmark verloren. Auch in Deufringen war das Geld knapp. So war die Gemeinde nicht in der Lage, allgemeine Lernmittelfreiheit zu gewähren. In Dachtel kandidierte bei den Bürgermeisterwahlen 1954 Walter Walz, der bereits Bürgermeister von Deufringen war. Sein Wahlerfolg führte dazu, dass er in Dachtel nur als Amtsverweser arbeiten konnte, denn Deufringen und Dachtel gehörten zu unterschiedlichen Regierungsbezirken. Der Fall kam vor den Landtag in Stuttgart, welcher die "Lex Dachtel" beschloss, gewissermaßen ein Sondergesetz, das es Walter Walz ermöglichte, seine Ämter in beiden Gemeinden auszuüben. Im Juli 1955 wurde er offiziell in Dachtel eingesetzt. Kooperation der Gemeinden Schon seit längerem gab es Bestrebungen, Dachtel vom Kreis Calw in den Kreis Böblingen umzugliedern. Der Schritt erschien logisch, weil beide Gemeinden längst kooperierten. So besaßen Deufringen und Dachtel eine gemeinsame Pfarrei und seit Ende des Zweiten Weltkrieges einen gemeinsamen Krankenpflegeverein. Außerdem befand sich der größte Teil der Arbeitsplätze für die Dachteler im Kreis Böblingen. In der Amtszeit von Bürgermeister Walter Walz, dessen Amtszeit in beiden Gemeinden erst 1971, kurz vor der Gemeindereform und der Eingliederung nach Aidlingen, endete, fielen Beschlüsse, welche die Eingliederung Dachtels in den Landkreis Böblingen verstärken sollten. Dazu gehörte neben Infrastrukturmaßnahmen der Bau der gemeinsamen Schallenberg-Grundschule an der Markungsgrenze von Deufringen und Dachtel. | ||||
Mit freundlicher Genehmigung der Sindelfinger Zeitung/Böblinger Zeitung Gemeinde Aidlingen Diese Seite drucken |
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