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Friederike Robert – die schönste Schwäbin ihrer Zeit

Quelle: Böblingen macht Lebensgeschichte(n). Sonderveröffentlichung der Kreiszeitung/Böblinger Bote „750 Jahre Böblingen“, 2003

Autorin: Jutta Rebmann

Bild rechts: Friederike Robert, geb. Braun (1795-1832). Im Berliner Salon ihrer Schwägerin Rahel Varnhagen wurde „die schöne Friederike“ von Geistesgrößen wie Heine, Humboldt oder dem Philosophen Hegel umschwärmt. Das Licht der Welt erblickte sie im sog. Präzeptorenhaus (Präzeptor, lat.: Lehrer) am Fuße des Böblinger Schlosses. Portraitzeichnung von Wilhelm Hensel, preußischer Hofmaler und Ehemann von Fanny Mendelsohn.

„Madame, Sie sind die Schönste aller Frauen!" schwärmte Heinrich Heine und widmete der „Einen, der Kleinen, der Feinen, der Reinen" so manches Gedicht. In der Schwägerin Rahel Varnhagens, in deren berühmten Salon sie aus- und einging, erkannte der Dichter das Urbild aller Frauen: „Sie vereinigt in sich die Jokaste und die Julia, das Antikste und das Modernste!" Ihr widmete Heine eines seiner schönsten Gedichte „Auf Flügeln des Gesanges", das, von Felix Mendelssohn Bartholdy vertont eines der bekanntesten deutschen Lieder wurde. Im Berlin des Biedermeier suchten viele bedeutende Männer die Begegnung mit Friederike Robert, die als die „schöne Friederike" in die Geistesgeschichte eingegangen ist. Aber Friederike war nicht nur betörend schön, sie war auch warmherzig und offen, mit natürlichem Charme und Mutterwitz begabt.

Bild links: Die Oberamtsstadt Böblingen im frühen 19. Jahrhundert (Bild: StadtA Böblingen) - für eine Gesamtansicht der Postkarte klicken Sie bitte hier

Geboren wurde sie am 29. April 1795 am Fuße des [Böblinger] Schlossberges als Tochter des Präzeptors Gottfried Braun und seiner zweiten Frau Johanna Christina als neuntes einer schließlich auf 18 Kinder anwachsenden Geschwisterreihe. Getauft wurde sie in der Stadtkirche, als Paten fungierten Bürgermeister und Stadtpfarrer. Bereits ein Jahr nach ihrer Geburt wurde ihr Vater in seine Heimatstadt Knittlingen versetzt. Dort gehörte einige Zeit der junge Justinus Kerner zu seinen Zöglingen. Im „Bilderbuch aus meiner Knabenzeit" beschreibt Kerner Friederike „als ein damals noch kleines Mädchen, das zur Jungfrau herangereift, eine der größten weiblichen Schönheiten, eine wahrhaft indische Schönheit, eine Sakontala wurde."

Aber auch geistig war sie begünstigt: Ihr Vater ließ sie an den Unterrichtsstunden der Knaben teilnehmen, weil sie einen guten Einfluss auf die wilden Buben hatte. Dadurch erhielt sie eine Bildung, wie sie nur wenigen Mädchen ihrer Zeit zuteil wurde. Umso schwerer ist es zu verstehen, das Gottfried Braun die erst 17jährige dem italienischen Schmuckhändler Giambattista Primavesi zur Frau gab. An seiner Seite zog sie von Jahrmarkt zu Jahrmarkt. Als in den Hungerjahren 1816/17 die Geschäfte immer schlechter gingen, wurde der Ehemann zum Zuhälter, der die eigene Frau verkaufte. Mehrmals floh Friederike zu ihrem Bruder Gottlieb, der in Karlsruhe den heute noch bestehenden Verlag G. Braun gegründet hatte, immer holte Primavesi sie zurück. Als sich Friederike in Mannheim ernsthaft in einen Freier verliebt, flieht sie erneut. Und nun geschieht, was es sonst nur in Kitschromanen gibt: Im Theater, an der Seite des preußischen Ministerresidenten Karl August Varnhagen von Ense und seiner berühmten Frau Rahel Varnhagen sieht Friederike den Mann, den sie liebt wieder. Es ist Ludwig Robert, der Bruder Rahels, der gerade dabei ist, sich einen Namen als Schriftsteller und Journalist zu machen. Vier Jahre dauert es, bis Primavesi in die Scheidung einwilligt, und das auch nur, weil sowohl Ludwig Robert als auch Gottlieb Braun bereit sind, eine große Summe für Friederikes Freiheit zu zahlen. Endlich, am 18. Juli 1822 können Friederike und Rahel Varnhagen in Baden-Baden Hochzeit feiern. Nach kurzen Flitterwochen reisten die Frischvermählten nach Berlin und machten auf dem Weg dorthin Station in Dresden bei Ludwig Tieck, dessen Haus am Altmarkt sich zu einem Zentrum des geistigen Deutschlands entwickelt hatte. Friederike eroberte die Herzen im Sturm, in wenigen Wochen wurde sie zum Star der Dresdener Gesellschaft. Christian Vogel von Vogelstein, Hofmaler und vom sächsischen König mit dem Ausmalen des großen Speisesaales im riesigen Neuen Palais in Pillnitz betraut, verewigte Friede dort als Allegorie auf die Bildhauerei.

Nach einer Postkutschenfahrt bei 25 Grad Kälte trafen Roberts am Neujahrstag 1824 in Berlin ein. Im Salon ihrer Schwägerin Rahel Varnhagen feierte Friederike Triumphe, Der junge Heine schmolz bei „Rikes" Anblick dahin und schrieb „der Cousine der Venus von Milo" manch überschwänglichen Brief. Zu ihren Bewunderern gehörte auch der Philosoph Hegel, er schickte ihr Pralinen in ihre Theaterloge. Im Hause Mendelssohn an der Leipziger Straße war sie ein gern gesehener Gast und Alexander von Humboldt huldigte ihr, auch in Berlin wurde sie gemalt und gezeichnet.

Trotz aller Verehrung durch die Männerwelt war die Treue Friederikes zu ihrem Ehemann über jedem Zweifel erhaben, obwohl Ludwig Robert durch seine beruflichen Misserfolge immer verbitterter wurde. Der Versuch für Cotta in Paris eine deutsch-französische Literaturzeitung aufzubauen scheitert ebenso wie seine Theaterpläne. Unter dem ständigen Druck, schreibend seinen Lebensunterhalt verdienen zu müssen, wandelt sich Ludwig Robert fast unmerklich vom liberalen Spötter zum erzkonservativen Biedermeier-Bürger.

Vor der in Berlin grassierenden Cholera flohen Roberts 1831 nach Baden-Baden. Hier stirbt Ludwig Robert im Juli 1832 an einem Nervenfieber. Nur einen Monat später, am August 1832 stirbt auch Friederike, die sich bei seiner Pflege angesteckt hatte.

Mit freundlicher Genehmigung der Autorin und der Kreiszeitung / Böblinger Bote

Linkliste:
Dieter Wunderlich: Portrait Rahel Varnhagen
Projekt Kollektive Autorenschaft der Uni-Köln: Rahel Varnhagen und die Berliner Salonkultur


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