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Bondorf>>Oberamtsbeschreibung
" viel Wissbegierde und Drang für geistige Ausbildung"

Bondorf in der Herrenberger Oberamtsbeschreibung von 1855

Quelle: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Herausgegeben von dem königlichen statistisch-topographischen Bureau, Stuttgart 1855.

Foto: Gruß aus Bondorf aus dem Jahre 1902. Um diese Zeit war die Gemeinde nach Herrenberg der wirtschaftlich stärkste Ort im Gäu. (Aus: Herrenberg - Stadt und Amt in alten Ansichtskarten, hrsg. von T. Schmolz und R. Janssen, Herrenberg 1988).
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Bondorf, Gemeinde II. Klasse mit 1.441 Einwohner, ... Evang. Pfarrei. - Die Kath.1* sind nach Hailfingen, O.A. Rottenburg, eingepfarrt.

Bondorf ist der Sitz eines Amtsnotars und liegt (...) 2 Stunden südlich von der Oberamtsstadt und beinahe 4 Stunden nordöstlich von Horb, an der beide Städte verbindenden, frequenten Landstraße. ...

Der große Ort, der zu den schöneren des Gäus gerechnet werden darf, hat eine freie, gesunde, im südlichen Theile ebene, im nördlichen gegen den Brühlgraben abhängige Lage und ist, vermuthlich in Folge mehrerer Brandfälle2* welche denselben getroffen haben, regelmäßiger angelegt als die meisten Orte des Bezirks. Die Gebäude sind meist ansehnlich, Wohlhabenheit verrathend und die größtentheils breit angelegten Ortsstraßen mit Kandelung versehen. Das ursprüngliche alte Dorf war ummauert und hatte drei Thore. ...

Die im östlichen Ortstheile gelegene Pfarrkirche war ursprünglich fest und mit einer Mauer, an deren Außenseite ein tiefer Graben lief, umgeben; die Mauer hat sich bis auf den heutigen Tag erhalten, dagegen ist der Graben größtentheils ausgefüllt worden. ... Das Langhaus der Kirche ist im Jahr 1752 durchaus verändert und seines früheren Baustyls beraubt worden. ... Dagegen ist der viereckige, durchaus massive Thurm, in seiner streng romanischen Bauweise insofern noch erhalten, als von den sechs Stockwerken desselben nur die zwei oberen einer neueren Zeit angehören. Das Innere der Kirche ist düstern und durch Emporen verbaut; Kanzel, Altar und Orgel sind im Rococcostyl verschnörgelt, sowie das schöne Kreuzgewölbe des Chors durch später angebrachte Stuckarbeiten verunstaltet. ...

Der in neuester Zeit nordwestlich am Ort angelegte Begräbnißplatz wie die Pfarrkirche werden von der Stiftungspflege, dagegen das im Jahr 1845 in einem sehr ansprechenden Styl massiv erbaute Pfarrhaus von der K. Hofdomänenkammer unterhalten. Das in der Nähe der Kirche im Jahr 1819 erbaute und 1841 namhaft erweiterte Schulhaus, in welchem auch die Lehrerwohnungen eingerichtet sind, ist sehr ansehnlich und befindet sich in gutem baulichen Zustande. An der Schule unterrichten ein Lehrer, ein Unterlehrer und ein Schulgehilfe.

An der Hauptstraße im südlichen Theil des Dorfs steht das gut erhaltene, im Jahr 1837 erbaute Rathhaus. ...

Es bestehen schon längst ein öffentliches Armenhaus, Backhaus und Waschhaus; die große und kleine Zehntscheuer wurden im Jahr 1849 von der K. Hofkammer an einige Ortsbürger verkauft.

An der nördlichen Seite des Orts stand die Burg der Herren von Bondorf, von der noch ganz unbedeutende Reste ehemaliger Umwallung sichtbar sind; unfern der Burg soll das Franziskaner-Nonnenkloster gestanden sein. Zwischen beiden Stellen befindet sich der sogenannte Badbrunnen, eine in Stein gefaßte Quelle, die das ganze Jahr hindurch vortreffliches Trinkwasser liefert, das früher auch zum Baden mittelst eines in der Nähe der Quelle errichteten längst wieder abgegangenen Badhauses benützt wurde. Außer dem Badbrunnen befinden sich noch ein laufender, ein Schöpf- und zwanzig Pumpbrunnen im Ort. ... Zum Feuerlöschen und Pferdeschwemmen sind im Ort drei Wetten angelegt; der in der Nähe des Spitalwaldes gelegene Egelsee ist abgegangen. Auf der Markung befinden sich mehrere gute Quellen, wie der Schimmelbrunnen, der Oehlisbrunnen, das Brünnle; Erdfälle kommen viele vor.

Die Einwohner sind im Allgemeinen gesunde, kräftige Leute, und zählen noch, da ihre Erwerbsquellen in Feldbau und Viehzucht bestehen, zu den eigentlichen Bauern; jedoch trifft man neben großem Fleiß und religiösem Sinn als besonderen Charakterzug viel Wißbegierde und Drang für geistige Ausbildung. Ihre Vermögensumstände gehören zu den besseren; neben mehreren Reichen, von denen der begütertste mit Einschluß von 10 Morgen3* Waldungen, 150 Morgen Grundeigenthum besitzt, befindet sich die Mehrzahl im Mittelstande, obgleich auch ziemlich viel Unbemittelte und einige Bettler dieser sonst wohlhäbigen Gemeinde angehören, in der mit der Zunahme der Bevölkerung eine Abnahme in den Vermögens-Verhältnissen der Einzelnen ebenfalls bemerkbar ist.

Die weit ausgedehnte, schön arrondirte Feldmarkung, die größte und zugleich eine der fruchtbarsten des Bezirks, ... bildet mit Ausnahme einiger nicht tief eingefurchten Thälchen eine flachwellige Ebene und hat im Allgemeinen einen sehr fruchtbaren, leicht zu bebauenden Boden. ... Neben jenen günstigen Bodenverhältnissen ist auch das Klima gut und ziemlich mild. ...

Nach der Dreifelderwirthschaft baut man hauptsächlich Dinkel, Hafer, Gerste, untergeordnet Roggen und Weizen; überdies kommen noch Wicken, Ackerbohnen, auch sehr viel Erbsen und Linsen zum Anbau, welch' letztere vorzüglich gerathen und namentlich sehr gut kochen. ... Der Hanf gedeiht sehr gerne und sogar besser als in den übrigen Gegenden des Oberamtsbezirks. ... In neuerer Zeit ist man auch bemüht, den Hopfenbau, der bis jetzt guten Erfolg hatte, einzuführen. ...

Was die Viehzucht betrifft, so ist die Pferdeproduktion ziemlich namhaft. Die Pferde kommen häufig in die Schweiz und an das Militär - zuweilen um 30 - 36 Louisdor4* zum Verkauf. ...

Neben den kleineren Gewerben für die örtlichen Bedürfnisse sind sechs Schildwirthschaften5*, unter denen zwei mit Bierbrauereien, und zwei Handlungen zu nennen. ...

Die Gemeindeverwaltung ist geordnet; übrigens ist jährlich ein Gemeindeschaden von 1700 fl.6* umzulegen, besonders weil die Unterhaltung der Straßen, zu denen auch die über die Markung und durch das Ort führende Herrenberg-Horber Landstraße gehört, bedeutende Kosten verursacht.

Unter dem Vermögen der Stiftungspflege sind 938 fl. einzelne Stiftungen begriffen, deren jährliche Zinse für Arme und zur Anschaffung von Schulbüchern für unbemittelte Kinder verwendet werden. ...

Bondorf war früher ein Bestandteil des Oberamtsbezirks Nagold und des Dekanats Wildberg und wurde erst im Jahr 1811 dem Oberamt und Dekanat Herrenberg einverleibt. ...

Der Ortsname mag aus Baumdorf entstanden sein. Seine erstmalige Nennung, als Bondorf, fällt in's zwölfte Jahrhundert (Cod. Reichenbach 20a.). Bondorf war ohne Zweifel ursprünglich pfalzgräflich-tübingisch und gelangte wohl gegen das Ende des dreizehnten Jahrhunderts, vielleicht durch Heirath, an die Grafen von Hohenberg. ... Graf Otto von Hohenberg verkaufte Bondorf mit dem Amte Nagold den 23. Juni 1363 an die Grafen Eberhard den Greiner und Ulrich von Württemberg (Sattler Grafen 1 Nr. 131), bei deren Hause es fortan blieb. ...

Unter den benachbarten Klöstern war hier vornämlich Bebenhausen begütert. ...

1

insgesamt verzeichnet die Oberamtsbeschreibung für Bondorf 2 katholische Einwohner.

2

1559 brannte Bondorf samt Kirche bis auf 4 Häuser ab. Im Jahre 1685 wurden in Folge eines Blitzschlages 41 Wohnhäuser mit Scheuern und Ställen ein Raub der Flammen und schließlich brannten am 23 October 1815 innerhalb von 2 Stunden abermals 40 Gebäude ab.

3

1 württ. Morgen = 31,52 Ar.

4

Louisdor: franz. Goldmünze, geprägt bis von 1640 - 1794.

5

Schildwirtschaften waren, im Gegensatz zu Straußenwirtschaften, berechtigt, Gäste zu beherbergen und zu bewirten. Straußenwirtschaften waren nur zu gelegentlichem Ausschank, meist im Herbst, berechtigt.

6

1 Gulden (fl) = 60 Kreuzer (kr). Nach der Währungsumstellung entsprach 1 Gulden ca. 1,71 Mark. Legt man für eine grobe Währungsumrechnung bestimmte aktuelle Lebensmittelpreise zugrunde, dürfte ein Kreuzer etwa den Gegenwert von 0,80 € gehabt haben. Die Guldenwährung im süddeutschen Raum bestand von ca. 1550 - 1875.

Der Text wurde gekürzt.

Mit freundlicher Genehmigung des Bissinger-Verlags Magstadt.

Anmerkung: Die Württembergischen Oberamtsbeschreibungen

Im Jahre 1820 wurde auf Dekret des württembergischen Königs Wilhelm I das "königliche statistisch-topographische Bureau" in Stuttgart gegründet. Zwischen 1824 und 1886 wurden dort genaue Beschreibungen aller 64 württembergischen Verwaltungsbezirke und ihrer Gemeinden erarbeitet. Als 34. Band erschien im Jahre 1855 die Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Die Oberamtsbeschreibungen sind eine interessante und unverzichtbare Quelle zur württembergischen Landeskunde und werden als Reprint immer wieder aufgelegt.

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