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Das ehemalige Schloss Mauren

Quelle: Denkmale in der Nachbarschaft - gesehen und besucht im Kreis Böblingen. Röhm Verlag Sindelfingen 1990

Autor: Ulrich M. K. E. Holthausen

Bild: Schloss Mauren vor seiner Zerstörung durch Brandbomben im Oktober 1943 (Denkmale in der Nachbarschaft - gesehen und besucht im Kreis Böblingen. Röhm Verlag Sindelfingen 1990) - klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern

"Mauren, ein dem Freiherrn von König gehöriges Schlossgut mit 27 Einwohnern, liegt an einem südlichen Thalabhange gegen die Würm, eine Stunde südwestlich von der Oberamtsstadt und dreiviertel Stunden östlich von seinem Mutterort Ehningen. Das ansehnliche, gelb getünchte Schloss, welches in den Jahren 1615/17 durch den berühmten Baumeister Schikart von Herrenberg in einem einfachen soliden Styl gebaut wurde, hat auf den Ecken viereckige Thürmchen mit Zeltdächern, die sich erst vom Dachfriese an erheben, übrigens nicht so hoch sind, als das sehr namhafte Walmdach des Schlosses.

An der Vorderseite ist ein halbkreisrunder Hofraum angebracht, den ein Staketenzaun von der vorbeiführenden Straße scheidet. Zu beiden Seiten des Schlosses und besonders hinter demselben befinden sich geschmackvolle, terrassenförmige Gartenanlagen mit zwei Bassins, in denen Springbrunnen ihre Strahlen kräftig in die Höhe treiben. Die Kirche, einige Wohnhäuser nebst den namhaften Oekonomie- und Stall-Gebäuden stehen nördlich und westlich vom Schloß auf der anderen Seite der Straße, welche zwischen diesen und dem Schloßhof durchführt. Das Ganze gewährt, besonders von der Südseite aus gesehen, eine sehr malerische Ansicht, die in Vereinigung mit dem stillen, abgeschiedenen Charakter der anmuthigen Waldgegend, dem Beschauer einen bleibenden Eindruck zurückläßt."

Bild: Gerahmter Blick: Zwischen zwei Pfeilern fällt der Blick auf die Eingangsseite der herrschaftlichen Ruine

So liest es sich also in der vom königlich topografischen Bureau herausgegebenen "Beschreibung des Oberamts Böblingen" aus dem Jahr 1850. Nun, heute sieht da manches doch recht anders aus. Das Schloss eine Ruine. Der einst so stolze Park zauberhaft verwildert.

Eine Brandbombe legte in jener "Fliegernacht", die im Oktober 1943 die Dörfer Hildrizhausen, Altdorf, Ehningen und auch Böblingen heimsuchte, auch dieses imposante Bauwerk in Schutt und Asche. Schon vor diesem "Neubau" von 1615/17 stand südlich im Tal auf der linken Seite der Würm ein altes Schloss. Es war im Quadrat gebaut und von einem Wassergraben umgeben, ähnlich wie das kleine Schloss zu Ehningen.

In den Grundmauern wurden im frühen 19. Jahrhundert Bruchstücke römischer Gefäße und zwei römische Säulen gefunden. Auch die Römer hatten hier wohl schon einen festen Sitz, dessen Überreste später zum Bau einer Burg benutzt wurden. Auch der Ortsname Mauren rührt wohl von den hier gefundenen Mauerresten her.

Bild: Blick auf die ehemalige Gartenfront von Schloss Mauren; nur noch das Erdgeschoss ist erhalten - klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern

Dieses Mauren bestand aus einem Adelsgut und einer Besitzung des Klosters Bebenhausen. Eine erste Nennung der mittelalterlichen Wasserburg fällt ins Jahr 1320, als Ritter Herter von Hertneck sich "seines Gutes von der Capelle zu Mauren verzog". 1352 kommt das Gut im Besitz Burkhardts von Bondorf vor, und 1459 berichtet Wolf von Trachhausen, dass sein lieber Bruder Burkhard Bondorfer Burg und Dorf Mauren von Graf Ulrich von Württemberg als Vormund Graf Eberhardts erhalten habe.

Noch im 15. Jahrhundert gelang das ganze Gut endgültig an die Familie von Trachenhausen, von der es wohl 1616 an Johann Friedrich Schertel zu Burtenbach verkauft wurde. In diese Zeit fällt auch, noch heute von vielen Anekdoten begleitet, der Abbruch der Burg und die Errichtung des heutigen Schlosses durch den Hofbaumeister Heinrich Schickardt.

Mit Friedrich Carl von Schertel von Burtenbach erlosch 1766 "der Mannesstamm" der Linie. Die Kinder seiner Schwester verkauften als Erben das Freigut 1782 an den preußischen Geheimrat Johann Friedrich Erasmus Freiherr von Hopfer. Durch eine der Töchter kam das Gut an den Gemahl Eugen August Reinhard Freiherr von Röder, der 1806 mit dem Freigut unter württembergische Staatshoheit trat.

1813 schließlich erkaufte der Württemberger Banquier von König in Amsterdam das Schloss und übergab es seiner einzigen Tochter, der Gemahlin des Freiherrn von Nellenstein zum Aufenthalt und zur Nutzung. Und, als diese 1823 starb, seinem Neffen Friedrich Wilhelm von König, der 1827 das Schloss bezog.

In der Erbfolge gelangte der Besitz von den von Königs zu der Familie von Dusch und schließlich in das Haus Löwis of Menar, den heutigen Eigentümern des Schlosses, das seit 1950 von der Landwirtschaft getrennt ist. Bedeutender war jedoch die Zäsur in der Nacht des 7./8. Oktober 1943, als eine Bombe das damals NS-staatlich benutzte Schloss zerstörte.

Noch heute liegt es danieder, die Mauerteile reduziert, um eine Einsturzgefahr zu vermindern, mit Betonmanschetten stabilisiert, unter einem notdürftigen Behelfsdach. Doch auch das ist nun schon bald 45 Jahre alt. So wartet dieses einst für seine innenarchitektonische Raffinesse gerühmte Bauwerk auf seine Zukunft im Hause von Löwis of Menar.

Mit freundlicher Genehmigung der Sindelfinger Zeitung/Böblinger Zeitung und des Autors

Ulrich M. K. E. Holthausen arbeitet als Journalist und Schriftsteller. Seit Jahren betreibt er in Mauren das Ausflugslokal "Grüner Baum".
Dort - oder unter: http://www.gruener-baum-mauren.de/ finden sie weitere Erinnerungsfotos an das alte Mauren.

Heimatgeschichtsverein Ehningen
Gemeinde Ehningen

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