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Nebringen>>Oberamtsbeschreibung
"Das milde Klima ist der Vegetation sehr förderlich"

Nebringen in der Herrenberger Oberamtsbeschreibung 1855 Quelle: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Herausgegeben von dem königlichen statistisch-topographischen Bureau, Stuttgart 1855

Bild: Gruß aus Nebringen (Aus: Herrenberg - Stadt und Amt in alten Ansichtskarten, hrsg. von T. Schmolz und R. Janssen, Herrenberg 1988) - klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern

Nebringen Gemeinde III. Klasse mit 411 evang. Einw., Pfarrfilial von Thailfingen

Das schöne, mit breiten, gekandelten Straßen versehene Dorf, dessen ansehnliche Bauernwohnungen auf den ersten Blick die Wohlhäbigkeit der Einwohner verraten, liegt 1617 Fuß über der Meeresfläche an der frequenten Herrenberg-Horber Landstraße, eine Stunde südwestlich von der Oberamtsstadt ... . Die beinahe in der Mitte des eben und frei gelegenen Orts stehende sehr alte Kirche ist durch Erweiterungen und Veränderungen in den Jahren 1492, 1748, 1819 und 1851 nach und nach alles architektonischen Schmucks beraubt und in ein einfaches Gebäude umgewandelt worden1* . ... Der Begräbnisplatz umgab früher mit einer hohen Mauer die Kirche, ist aber seit 1782 außerhalb des Orts verlegt. ...

Das ansehnliche unfern der Kirche stehende Schulhaus wurde im Jahre 1830 mit einem Aufwand von 5200 fl.2* neu erbaut. Dasselbe enthält zugleich die Wohnung des Schulmeisters, welcher an der Volksschule unterrichtet. Ein Gemeindeback- und Waschhaus ist vor etwa 15 Jahren erbaut worden. Das schon über 100 Jahre alte Rathhaus ist noch gut erhalten.3*

Gutes Trinkwasser liefern sieben Pumpbrunnen, die übrigens in ganz trockenen Jahrgängen nachlassen, so daß die Einwohner genöthigt sind, ihr Wasser von einem etwa 300 Schritte südlich vom Ort gelegenen, beständigen Brunnen zu holen. ...

Die Einwohner, deren Haupterwerbsquellen in Feldbau und Viehzucht bestehen, sind gut gewachsene, kräftige Leute, die sich vermöge ihres Fleißes, ihrer Ordnungsliebe und Religiosität vortheilhaft auszeichnen; ihre Vermögensumstände sind im Allgemeinen sehr befriedigend. Der größte Güterbesitzer hat 137 Morgen4* Feld. ...

Die Ortsmarkung, ..., gehört zu den fruchtbarsten und ergiebigsten des Bezirks; ... Das milde Klima ist der Vegetation sehr förderlich, so daß feinere Gewächse, wie Bohnen, Gurken etc., noch gerne gedeihen. ...

Die Landwirtschaft wird sehr gut betrieben, obgleich statt des deutschen Wendepfluges der Flander'sche noch wenig Anwendung findet; ... Östlich vom Ort im sog. Mönchthal wurde früher Weinbau getrieben, der vor etwa 70 Jahren wegen des geringen Ertrags vollends abging. Die Obstzucht, ..., ist sehr bedeutend und erlaubt in günstigen Jahren einen namhaften Absatz nach Außen. ...

Die Gewerbe sind ganz unbedeutend und dienen nur den nächsten örtlichen Bedürfnissen. ...

Von der Stiftungspflege, ..., erhalten die Ortsarmen jährliche Unterstützungen von 1000 - 1400 fl.; auch fremden Armen reicht dieselbe das Jahr hindurch 50 - 100 fl. ...

Nebringen, ein pfalzgräflich tübingisch-herrenbergischer Ort, kommt als Neberingen erstmals vor um 1120 (Cod. Hirs. 60a). ... An Württemberg gelangte der Ort mit Herrenberg den 10. Feb. 1382 (...). Den hiesigen Zehenten überließen im Jahre 1438 die Grafen Ludwig und Ulrich von Württemberg dem Kloster Hirschau5* durch Tausch. ... . Nach der Reformation wurde diese Pfarrei zu Thailfingen geschlagen.

1

Das Langhaus wurde 1884 von C. F. Leins in romanischen Formen neu errichtet.

2

1 Gulden (fl) = 60 Kreuzer (x). Nach der Währungsumstellung entsprach 1 Gulden ca. 1,71 Mark. Die Guldenwährung im süddeutschen Raum bestand von ca. 1550 - 1875.

3

Das heutige Rathaus wurde 1936 in einem Fachwerkgehöft aus dem frühen 19. Jh. eingerichtet.

4

1 Morgen = 31,52 Ar

5

Hirsau

Der Text wurde gekürzt

Die Württembergischen Oberamtsbeschreibungen
Im Jahre 1820 wurde auf Dekret des württembergischen Königs Wilhelm I das "königliche statistisch-topographische Bureau" in Stuttgart gegründet. Zwischen 1824 und 1886 wurden dort genaue Beschreibungen aller 64 württembergischen Verwaltungsbezirke und ihrer Gemeinden erarbeitet. Als 34. Band erschien im Jahre 1855 die Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Die Oberamtsbeschreibungen sind eine interessante und unverzichtbare Quelle zur württembergischen Landeskunde und werden als Reprint immer wieder aufgelegt.
Mit freundlicher Genehmigung des Bissinger-Verlags Magstadt

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