Hat der Stegmüller von Döffingen 1634 sein Dorf verraten? Quelle: „Aus Schönbuch und Gäu“, Beilage des Böblinger Boten, Nr. 2, 1954Autor: Fritz Mezger Ein hartes, unerbittliches Los brach 16341* über die Bürger von Döffingen herein. Der ganze Flecken wurde bis auf den Grund niedergebrannt, die Bürger beraubt und, so weit sie mit dem Leben davonkamen, ins Exil getrieben. Um des täglichen Brotes willen wurden sie in den benachbarten Ortschaften von Freunden aufgenommen. Starke Kontributionen, Sommer- und Wintereinquartierungen ließen den Bürgern auch in den folgenden Jahren keine Möglichkeit zu einem Wiederaufbau. Der anderthalbstündige Weg nach Ostelsheim in die dortige Kirche war bei Schnee, Regen und Ungewitter besonders beschwerlich, und es war zu erwarten, dass glaubenstreue Einwohner ihr Bürgerrecht aufgeben und wegziehen würden, wenn es nicht bald gelang, wieder ein eigenes Kirchlein zu errichten. 1642 ist es soweit. 40 Gulden haben die Bürger schon beisammen, doch reicht dieser Betrag noch nicht aus. Da wenden sich die Bürger in ihrer Not an die, die sie für schuldig halten an ihrem Unglück, das den Ort betroffen hat. Dies ist nun überraschenderweise nicht irgendeine Obrigkeit, sondern die Erben eines Bürgers von Döffingen. Dem Michel Kienle, genannt Stegmüller, werfen die Döffinger vor, dass er einzig und allein an dem Untergang des Fleckens schuldig sei2*. Er habe mutwilligerweise mit den Soldaten über die Brandschatzung verhandelt und damit alles Unglück heraufbeschworen. War nun dieser Döffinger Müller ein Verräter, oder handelte er in gutem Glauben, um seiner Heimat zu helfen? Daß bei einem so allgemeinen Unglück immer gerne ein Sündenbock gesucht und meistens auch gefunden wird, macht uns etwas misstrauisch gegen das absolute „schuldig“ der Döffinger. Gerechter ist wohl das Urteil des Vogts von Böblingen. Auch er spricht den Müller nicht frei, sondern schiebt ihm eine ziemliche Schuld an dem Unglück zu. Aber, und das ist das Entscheidende, er räumt dem Kienle ein, dass er vielleicht das, was er mit den Soldaten ausgehandelt hatte, gar nicht einhalten konnte, obwohl er dazu fest entschlossen war. Was mag den Müller dazu bewogen haben, mit den kaiserlichen Soldaten zu unterhandeln? Tat er es aus echter Liebe zu seiner Heimat, tat er es aus Ehrgeiz, Gehässigkeit oder Niedertracht? Wir wissen es nicht. Sicher ist nur, dass er handelnd in die Geschicke seines Dorfes eingriff und dabei Misserfolg hatte. Die Zeitgenossen haben das Urteil über ihn gesprochen, und das Schicksal ging mit Brand, Raub und Mord über eine friedliche Gemeinde. Der Stegmüller hat diese Zeit nicht lange überlebt. 1642 ist er schon tot. Seine Erben werden um Beihilfe zum Kirchenbau angegangen, als einen kleinen Ausgleich für das, was der Kienle angerichtet habe. Die Erben wollen eine beschädigte Scheuer neben der öd und wüst liegenden Mühle vor der Ortschaft dazu geben. Da dazu aber die Bewilligung des Herzogs erforderlich ist, bitten die Bürger darum, und auf diesem Wege ist uns der ganze Vorgang erhalten geblieben. Herzog Eberhard von Württemberg stimmt durch seinen Oberrat dem Plan zu3*. Die Scheuer wird öffentlich versteigert, und der Erlös zum Bau der neuen Kirche verwendet.
Mit freundlicher Genehmigung des Heimatgeschichtsvereins für Schönbuch und Gäu e.V. Diese Seite drucken Fenster schließen |
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