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Oberjesingen>>Oberamtsbeschreibung
" ... gut gewachsene, gesunde und fleißige Leute"

Oberjesingen in der Herrenberger Oberamtsbeschreibung von 1855

Quelle: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Herausgegeben von dem königlichen statistisch-topographischen Bureau, Stuttgart 1855

Bild: Alte Postkarte aus Oberjesingen. Gesamtansicht von Süden und drei Einzelmotive: die 1857 neuerbaute Kirche zum Hl. Briccius, das Schulhaus und das Warengeschäft Richard Laub (Aus: Herrenberg - Stadt und Amt in alten Ansichtskarten, hrsg. von T. Schmolz und R. Janssen, Herrenberg 1988) - klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern

Ober-Jesingen Gemeinde III. Klasse, Dorf mit 781 Einw., wor. 7 Kath. - Pfarrfilial von Kuppingen. Die Kathol. sind nach Altingen eingepfarrt.

Das ziemlich große ¼ Stunde nördlich vom Mutterort gelegene Dorf besteht aus meist wohlhäbig aussehenden, stattlichen Bauerwohnungen, und ist mit ziemlich rein gehaltenen Ortsstraßen, von denen übrigens nur die Hauptstraße gekandelt ist, versehen.

Gutes Trinkwasser liefern 23 Zieh- und Pumpbrunnen, die nur in ganz trockenen Sommern ihren Dienst versagen, so daß dann die Einwohner genöthigt sind, das Wasser in Affstätt zu holen. ...

An der nördlichen Ortseite steht die kleine, dem heiligen Briccius geweihte Kirche, deren Langhaus durch Veränderungen entstellt ist. ... Innen ist die Kirche1* düster, feucht, ungeräumig, sowohl die Wände, als auch die Brüstungen sind mit kunstlosen Malereien bedeckt. ...

Der Begräbnisplatz wurde 1839 außerhalb (östlich) des Dorfes angelegt; früher mußten die Leichen nach Kuppingen gebracht werden und nur die Kinder bis zum 14. Lebensjahr wurden auf den um die Kirche gelegenen, mit einer Mauer umfriedeten Kirchhof beerdigt.

Zunächst der Kirche steht das 1816/17 erbaute Rathhaus, in welchem sich auch die Schule und die Wohnungen des Schulmeisters und Lehrgehilfen befinden.

Eine am östlichen Ende des Orts gelegene Zehentscheuer wurde im Jahre 1851 um 900 fl.2* von der Hofdomänenkammer erworben. Auch ein Waschhaus ist vorhanden. Ein Gemeindebackhaus wurde im Jahr 1854 errichtet.

Die Einwohner sind gut gewachsene, gesunde und fleißige Leute, die mit einer gewissen Sparsamkeit viel religiösen Sinn verbinden und im Allgemeinen ziemlich vermöglich sind. Ihre Erwerbsmittel bestehen in Feldbau und Viehzucht. ...

Die klimatischen, wie die Boden- und landwirthschaftlichen Verhältnisse sind beinahe dieselben wie in Kuppingen, nur ist der Boden im Allgemeinen etwas geringer, jedoch wird demselben durch eine äußerst reichliche Düngung bedeutend nachgeholfen. ...

Im Ort befinden sich die nöthigsten Handwerker und außer diesen drei Schildwirtschaften, eine Brauerei und zwei Krämer. ...

Der am 28. September 1323, ..., erstmals vorkommende Ort wurde früher Uesingen (auch Oesingen ...) geschrieben. Er war pfalzgräflich-tübingisch, im Anfang des 14. Jahrhunderts übrigens nicht, wie die meisten Orte des Bezirks, im Besitz der tübingisch-herrenbergischen Linie dieses Hauses, sondern der aspergisch-böblingischen. ...; den 10 Februar 1382 mit Herrenberg an Württemberg.

1

Die Kirche wurde 1857 durch einen Neubau von Bezirksbaumeister Landauer aus Calw ersetzt.

2

1 Gulden (fl) = 60 Kreuzer (kr). Nach der Währungsumstellung entsprach 1 Gulden ca. 1,71 Mark. Legt man für eine grobe Währungsumrechnung bestimmte aktuelle Lebensmittelpreise zugrunde, dürfte ein Kreuzer etwa den Gegenwert von 0,80 € gehabt haben. Die Guldenwährung im süddeutschen Raum bestand von ca. 1550 - 1875.

Der Text wurde gekürzt

Die Württembergischen Oberamtsbeschreibungen
Im Jahre 1820 wurde auf Dekret des württembergischen Königs Wilhelm I das "königliche statistisch-topographische Bureau" in Stuttgart gegründet. Zwischen 1824 und 1886 wurden dort genaue Beschreibungen aller 64 württembergischen Verwaltungsbezirke und ihrer Gemeinden erarbeitet. Als 34. Band erschien im Jahre 1855 die Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Die Oberamtsbeschreibungen sind eine interessante und unverzichtbare Quelle zur württembergischen Landeskunde und werden als Reprint immer wieder aufgelegt.

Mit freundlicher Genehmigung des Bissinger-Verlags Magstadt

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