Holzgerlingen>>Huber’sche Chronik

Anno 1743 - Leseprobe aus der Huber’schen Chronik

„Es waren wilde und förchtige Kerl"

Quelle: „Es waren wilde und förchtige Kerl". Der Holzgerlinger Dorfschulmeister Johann Jacob Huber und sein Blick in die Welt. Eine Chronik im Zeitalter der Aufklärung, 1733 – 1763. Hrsg.: Landkreis Böblingen/Kreisarchiv in Zusammenarbeit mit dem Verein für Heimatgeschichte Holzgerlingen e.V., (Zur Kultur und Geschichte im Kreis Böblingen, Band 2), Böblingen 2004, S. 128, 135-136.

Bearbeitung: Dr. Helga Hager

Der historische Hintergrund - Österreichischer Erbfolgekrieg 1740 -1748
Holzgerlingen ist von Durchzügen und Quartieren betroffen; es hat Soldaten zu stellen. Nachdem Maria Theresia, die Tochter des verstorbenen habsburgischen Kaisers Karl VI., die Herrschaft in den österreichischen Erblanden sowie in Ungarn und Böhmen angetreten hatte, fühlten sich einige deutsche und europäische Mächte ermuntert, an eine Aufteilung der Habsburger-Monarchie zu denken. Die Eroberung Schlesiens durch den König von Preußen stellte den Auftakt dieses europaweiten Krieges dar: Frankreich, Bayern und Preußen auf der einen, Österreich und England auf der anderen Seite.1* Kriegsschauplätze waren u. a. Ostmitteleuropa, Bayern und die Rheinlinie. Württemberg versuchte, neutral zu bleiben. Einige tausend württembergische Soldaten kämpften gemäß der bestehenden Subsidienverträge2* an der Seite Österreichs, frei werdende Regimenter wurden auch an Preußen verliehen oder verkauft. Das Land wurde zum Aufmarsch-, Durchzugs- und teilweise auch Operationsgebiet fremder Truppen.

Die österreichisch-ungarische Armee, die sich aus zahlreichen Völkergruppen zusammensetzt, marschiert durch Württemberg an den Rhein, um das Elsaß und Lothringen zurückzugewinnen. Dabei kommen 800 „Panduren" aus Slawonien - dem Süden Ungarns - nach Holzgerlingen. Geführt werden sie von Franz Freiherr von der Trenck, der mit diesen Freiwilligen schon zuvor auf verschiedenen Kriegsschauplätzen Ruhm erlangt hatte.

Anno 1743 - Leseprobe aus der Huber’schen Chronik

„In diesem Monath [Juli] setzte die königlich ungarische Haubtarmee unter Commando Prinz Carls [von Lothringen] und Grafen von Khevenmüllers ihren Marsch durch Schwaben beständig fort. Den 18. Julij kam die erste Colonne nach Canstadt und den 21. dito (die zweite Colonne) von Eßlingen nach Sindelfingen, 22 000 Mann starck, in welchem Lager ich selbsten auch gewesen...

Der Husarenobrist Mentzel und der Baron de Trenck konnten sich wegen des Commando nicht wohl miteinander vertragen; deroweg wurde der Baron Trenck - welcher auf dem Übergang übern Rhein bey Breysach –angetragen3*, von dar hinaufgesandt, und kam den 20. Julij mit 800 Mann Panduren und einer Frey-Companie Husaren4* in eigener Persohn allhier zu Holtzgerlingen ins Nachtquartier. Logirte bey der Cronen allhier, die Panduren aber wurden in Scheuern und Ställe einquartirt. Viele lagen unterm freyen Himmel in den Höfen bey denen Feuern, gantz parfuß, bahrhaubt und im blosen Hembd. Es waren wilde und förchtige Kerrl. Doch war eine gute Mannszucht unter ihnen gehalten, und thaten sie niemand kein Leyd, ohnerachtet man vieles vorher von ihrem Übelhalten gesprochen und sich die Leuthe sehr vor ihnen gefürchtet hatten. ...“



1

Hintergrund des Krieges bildeten die kolonialen Gegensätze zwischen Frankreich und England in Übersee.

2

Regimenter wurden gegen Bezahlung an andere Staaten verliehen oder verkauft; das Geld floss in die herzogliche Kasse.

3

Der Sinn wird hier nicht klar; möglicherweise hat der Begriff „antragen“ die Bedeutung von denunzieren.

4

Wohl eine Reitertruppe von Freiwilligen aus Gebieten der sog. Militärgrenze.



Mit freundlicher Genehmigung der Autorin und der Herausgeber

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