Holzgerlingen>>Ofenwandplättchen

Die Hafnersippen Schmid und Kipfer in Holzgerlingen

Autor: Dr. med. Karl Hillenbrand, in: "Der Museumsfreund", Heft 12/13, 1971, hrsg. vom Württembergischen Museumsverband e.V. Stuttgart.

Zwei Sippen sind es, die dem alten Hafnerort Holzgerlingen zwischen Böblingen und Tübingen ihr besonderes Gepräge gegeben haben: die Schmid und die Kipfer. Zahlreiche Orte des Gäus bis südlich Herrenberg und bis in die Calwer Gegend sind mit ihren Plättchen versorgt worden. Während bei manchen schönen Stücken alten Gebrauchsgeschirrs, die in den Handel oder in Museen gewandert sind, sich höchstens noch der Ankaufsort feststellen oder vermuten lässt, kann man die Plättchen ohne Schwierigkeiten unterscheiden, welche von Angehörigen der Familien Schmid oder Kipfer hergestellt wurden.

Hafnersippe Schmid in Holzgerlingen

Hans Konrad Schmid, Hafner 1690 - 1755
Kaspar Schmid, Hafner*) 1726 -1798
Johann Kaspar Schmid, Hafner*) 1757 - 1835
Johann Kaspar Schmid, Hafner 1782 - 1862
Johannes Schmid, Hafner*) 1788 - 1855
Johann Kaspar Schmid, Hafner 1821 - 1873
Johann Kaspar Schmid, Hafnermeister 1814 - 1876
Johann Konrad Schmid, Hafner 1]846-1923
Philipp Friedrich Schmid, Hafner 1850-1909

*) haben signierte Plättchen hinterlassen

Bild: "Französischer" Ofen mit Wand von der Werkstatt Schmid in Döffingen aus dem Jahre 1821. Historisches Foto von Dr. Karl Hillenbrand. (Foto: Landessstelle für Museumsbetreuung/Stuttgart) - Klicken Sie in das Bild, um es zu vergrössern

Die Sippe Schmid hatte in sechs aufeinanderfolgen den Generationen neun Hafner, und zwar von 1698 bis 1923. Alt-Caspar-Schmid (1726 - 1798) und jung (= Johann) Caspar Schmid (1757 -1835), wie sie sich auf ihren Plättchen oftmals selbst bezeichnen, haben offenbar sehr viele Wände hergestellt. Etwa dreissig konnten noch festgestellt werden, von denen der grösste Teil noch in Bauernhäusern hinter dem Ofen befestigt war. Die Bemalung und die Schrift, ebenso wie das Spruch- und Bildgut. unterscheiden sich bei beiden kaum. Bei manchen Wänden ist deshalb auch nicht mit Sicherheit festzustellen, welcher von beiden sie gemacht hat.

Die häufigste Grundfarbe ist gelb. Alle gelben Plättchen tragen aussen entlang dem Rande einen braunen Strich als Einfassung. Die Schrift ist braun, die Bilder grün, weiss, ocker, rot und braun gemalt. Als Ganzes sehen die Wände: sehr hell und freundlich aus. Drei Wände konnten festgestellt werden, die einen geradezu feierlichen Eindruck infolge der braunschwarzen Grundfarbe der Plättchen machten. Sie sind mit Mangan schwarz engobiert. Am Rande sind sie mit einem weissen Strich eingefasst. Die Malerei ist hier weiss, grün, rot und gelb; die Motive sind dieselben wie bei den gelben Plättchen. Von einer grünen Wand waren nur noch wenige zu finden. Dabei wurde also eine Engobe verwendet, die Kupferasche enthielt. Bemalt wurden diese Plättchen mit weisser und dunkelbrauner Farbe. Die weisse Bemalung wurde dann durch Ineinanderfliessen mit der grünen Engobe im Ofen hellgrün.

Während man bei den Hafnern der Sippe Widmann oft den Eindruck einer starken Beeinflussung durch das Rokoko hat, bei denen der Domperts eine gesuchte bäuerliche Derbheit, bei den Brehms eine mehr literarische Abhängigkeit von erbaulichen Schriften, hat man bei den Schmids, Vater und Sohn, das Gefühl, dass ihre Plättchen schlechthin Volkskunst sind. Die Blumen sind hervorragend stilisiert, die Szenen mit Menschen und Tieren lebhaft und eindrucksvoll. Bild und begleitende Schrift stellen in Form und Inhalt eine vollkommene Einheit dar. Blumenmuster werden frei oder in geometrischen Anordnungen dargestellt. Jagdszenen tauchen auf. der springende Hirsch und das Wildschwein, Reiter und Jäger. Alles ist zügig und frei hingemalt: Die Jagd nach dem Hirsch oder dem Keiler, der Soldat auf Posten vor dem Turm, Josua und Kaleb, Weintraube und Vogel. der Doppeladler mit Szepter und Reichsapfel. Bärentreiber mit Tanzbären oder Liebesleute mit Blumen.

In Döffingen befindet sich noch eine aus dem Jahr 1821 stammende Wand von ]ohannes Schmid aus Holzgerlingen (1788 - 1855). Er ist aus der vierten Generation der Hafnersippe Schmid und zugleich aus der dritten Generation Schmid, die Ofenwandplättchen machte. Malerei und Phantasie sind hier bereits sparsamer als bei seinem Vater und Grossvater, aber immer noch eindrucksvoll. Ein Spruch erscheint den die anderen Hafner nicht kennen:
Das Geld das stum ist
macht grad was grum ist.
Achtmal ist auf dieser Wand die Jahreszahl 1821 angegeben, zweimal 1822. Da auch die Formate verschieden sind, sind hier möglicherweise Plättchen von zwei verschiedenen Wänden vereinigt. Ebenfalls in Döffingen war eine Wand von 1846, deren Hersteller sich als Johann Caspar Schmid bezeichnete. Format. Farbe und Motive weisen noch stark auf die Holzgerlinger Familie Schmid hin, nur ist alles viel primitiver und ungekonnter. Die Plättchen sind ungleichmässig gebuckelt. der Anguss körnig und grob, die Farben leicht schmutzig, die Malerei der Figuren und Blumen plump. Eine Absinken von der Leistungshöhe der Vorfahren! (...)

Ehemaliges Wohnhaus

Bild: Ehemaliges Wohnhaus und Werkstatt der Familie Kipfer im Stäuchle in Holzgerlingen. (Foto: Heimatmuseum Holzgerlingen)

Hafnersippe Kipfer
Die Sippe Kipfer war in fünf Generationen als Hafner in Holzgerlingen tätig, vom ersten Hafner, der 1672 geboren wurde, bis zum Jahre 1880. Dann folgte noch ein Schwiegersohn, Bernhard Schweizer, genannt Kypferhard, der als Ziegler arbeitete.

Jerg Kipfer Hafner 1672 - 1754
Johann Philipp Lukas Kypfer, Hafner 1717 - 1773
Georg Jakob Kypfer, Hafner 1747 - 1810
Johann Konrad Kypfer, Hafner 1778 -1865
Georg Gebhard Kypfer, Hafner 1813 - 1880
Johann Konrad Kypfer, Hafner geb, 1804
Anna Maria Kypfer, verheiratet mit Bernhard Schweizer, genannt Kypferhand, Ziegler 1855-1932

Von Johann Conrad Kypfer finden sich vier signierte (Wände); von einem Leonhard Küpfer, der nicht in den Kirchenbüchern zu finden war, eine Wand von 1793. Zwischen 1793 und 1819 ist eine Reihe von Entstehungsjahren angegeben. Fünfzehn Wände waren bis zum zweiten Weltkrieg noch erhalten geblieben. Ihre Plättchen erinnern stark an die der Schmids, von denen sie sicher beeinflusst sind: Äussere Aufmachung und Farben sind dieselben. Sie unterscheiden sich jedoch durch Verschiedenes: Das Format ist kleiner, 19 x 19 cm. Die Malerei ist sehr genau, mit grosser Liebe, bis ins Einzelne ausgeführt, manchmal fast ein wenig pedantisch. Besonders schön sind eine Gruppe von drei schwäbischen Handwerksburschen aus Jerusalem, vier Platten mit Darstellung der Jahreszeiten, ferner Hirsche, Wildschweine, Reichsadler, Reiter und Josua und Kaleb. Die Wärme der Farben und der Darstellung sind eindrucksvolle Zeugnisse des schwäbischen Volksgemüts. Ihr Einfluss auf die Seele der dörflichen Bevölkerung kann, wie der von Schmid, Vater und Sohn, nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Mit freundlicher Genehmigung der Landesstelle für Museumsbetreuung Stuttgart.

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