Kreis Böblingen>>NS-Zeit>>Ermächtigungsgesetz 1933

Die Aushöhlung der Weimarer Verfassung seit dem Jahr 1933 Gesetzessammlung zum Ermächtigungsgesetz

1. Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat vom 28. Februar 1933

Auf Grund des Artikels 48 Absatz 2 der Reichsverfassung wird zur Abwehr kommunistischer staatsgefährdender Gewaltakte folgendes verordnet:

§ 1 Die Artikel 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153 der Verfassung des Deutschen Reiches werden bis auf weiteres außer Kraft gesetzt. Es sind daher Beschränkungen der persönlichen Freiheit, des Rechtes der freien Meinungsäußerung, einschließlich der Pressefreiheit, des Vereins- und Versammlungsrechtes, Eingriffe in das Brief-, Post-, Telegraphen- und Fernsprechgeheimnis, Anordnungen von Haussuchungen und von Beschlagnahme sowie Beschränkungen des Eigentums auch außerhalb der sonst hierfür bestimmten Grenzen zulässig.

§ 2 Werden in einem Lande die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen nicht getroffen, so kann die Reichsregierung insoweit die Befugnisse der obersten Landesbehörde vorübergehend wahrnehmen.

§ 3 Die Behörden der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) haben den auf Grund des § 2 erlassenen Anordnungen der Reichsregierung im Rahmen ihrer Zuständigkeit Folge zu leisten.

§ 4 und 5 folgen Strafbestimmungen. 2. Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Staat vom 24. März 1933

Artikel 1
Reichsgesetze können außer in dem in der Reichsverfassung vorgesehenen Verfahren auch durch die Reichsregierung beschlossen werden. Dies gilt auch für die in den Artikeln 85, Absatz 2 und 87 der Reichsverfassung bezeichneten Gesetze.

Artikel 2
Die von der Reichsregierung beschlossenen Gesetze können von der Reichsverfassung abweichen, soweit sie nicht die Einrichtung des Reichstags und des Reichsrats als solche zum Gegenstand haben. Die Rechte des Reichspräsidenten bleiben unberührt.

Artikel 3
Die von der Reichsregierung beschlossenen Reichsgesetze werden vom Reichskanzler ausgefertigt und im Reichsgesetzblatt verkündet. Sie treten, soweit sie nicht andere bestimmen, mit dem auf die Verkündung folgenden Tage in Kraft. Die Artikel 68 bis 77 der Reichsverfassung finden auf die von der Reichsregierung beschlossenen Gesetze keine Anwendung.

Artikel 4
Verträge des Reiches mit fremden Staaten, die sich auf Gegenstände der Reichsgesetzgebung beziehen, bedürfen für die Dauer der Geltung dieser Gesetze nicht der Zustimmung der an der Gesetzgebung beteiligten Körperschaften. Die Reichsregierung erläßt die zur Durchführung dieser Verträge erforderlichen Vorschriften.

Artikel 5
Dieses Gesetz tritt mit dem Tage seiner Verkündung in Kraft. Es tritt mit dem 1. April 1937 außer Kraft, es tritt ferner außer Kraft, wenn die gegenwärtige Reichsregierung durch eine andere abgelöst wird. (Das Gesetz wurde am 30.1.1937 um vier Jahre verlängert; weitere Verlängerung durch Reichstagsbeschluß vom 30.1.1939; unbegrenzte Verlängerung durch Führererlaß vom 10.5.1943.) 3. Zweites Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich („Reichsstatthaltergesetz“) vom 7. April 1933

§ 1 In den deutschen Ländern, mit Ausnahme von Preußen, ernennt der Reichspräsident auf Vorschlag des Reichkanzlers Reichsstatthalter. Der Reichsstatthalter hat die Aufgabe, für die Beobachtung der vom Reichskanzler aufgestellten Richtlinien der Politik zu sorgen. Ihm stehen folgende Befugnisse der Landesgewalt zu.

1. Ernennung und Entlassung des Vorsitzenden der Landesregierung und auf dessen Vorschlag der übrigen Mitglieder der Landesregierung;

2. Auflösung des Landtags und Anordnung der Neuwahl.

3. Ausfertigung und Verkündung der Landesgesetze

4. auf Vorschlag der Landesregierung und Ernennung und Entlassung der unmittelbaren Staatsbeamten und Richter, soweit sie bisher durch die oberste Landesbehörde erfolgte;

5. das Begnadigungsrecht. 4. Gesetz gegen die Neubildung von Parteien vom 14. Juli 1933

§ 1 In Deutschland besteht als einzige politische Partei die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter-Partei.

§ 2 Wer es unternimmt, den organisatorischen Zusammenhalt einer anderen politischen Partei aufrechtzuerhalten oder eine neue politische Partei zu bilden, wird, sofern nicht die Tat nach anderen Vorschriften mit einer höheren Strafe bedroht ist, mit Zuchthaus bis zu drei Jahren oder mit Gefängnis von sechs Monaten bis zu drei Jahren bestraft. 5. Gesetz über Volksabstimmung vom 14. Juli 1933

§ 1 Die Reichsregierung kann das Volk befragen, ob es einer von der Reichsregierung beabsichtigten Maßnahme zustimmt oder nicht.

Bei der Maßnahme nach Absatz 1 kann es sich auch um ein Gesetz handeln.

§ 2 Bei der Volksabstimmung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen. Dies gilt auch dann, wenn die Abstimmung ein Gesetz betrifft, das verfassungsändernde Vorschriften enthält.

§ 3 Stimmt das Volk den Maßnahmen zu, so findet Artikel 3 des Gesetzes zur Behebung der Not von Volk und Reich vom 24. März 1933 (RGBl. I. S. 141) entsprechende Anwendung. 6. Gesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat vom 1. Dezember 1933

§ 1 Nach dem Sieg der nationalistischen Revolution ist die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei die Trägerin des deutschen Staatsgedankens und mit dem Staat unlöslich verbunden. Sie ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.

§ 2 Zur Gewährleistung engster Zusammenarbeit der Dienststellen der Partei und der SA mit den öffentlichen Behörden werden der Stellvertreter des Führers und der Chef des Stabes der SA Mitglieder der Reichsregierung.

§ 3 Den Mitgliedern der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei und der SA (einschließlich der ihr unterstellten Gliederungen) als der führenden und bewegenden Kraft des nationalsozialistischen Staates obliegen erhöhte Pflichten gegenüber Führer, Volk und Staat.

Sie unterstehen wegen Verletzung dieser Pflichten einer besonderen Partei- und SA-Gerichtsbarkeit. Der Führer kann diese Bestimmungen auf die Mitglieder anderer Organisationen erstrecken.

§ 4 und 5 Strafbestimmungen.

§ 6 Die öffentlichen Behörden haben im Rahmen ihrer Zuständigkeit den mit der Ausübung der Partei- und SA-Gerichtsbarkeit betrauten Dienststellen der Partei und der SA Amts- und Rechtshilfe zu leisten. 7. Gesetz über den Neubau des Reiches vom 30. Januar 1934

Artikel 1
Die Volksvertretungen der Länder werden aufgehoben.

Artikel 2
Die Hoheitsrechte der Länder gehen auf das Reich über. Die Landesregierungen unterstehen der Reichsregierung.

Artikel 3
Die Reichsstatthalter unterstehen der Dienstaufsicht des Reichsministers des Innern.

Artikel 4
Die Reichsregierung kann neues Verfassungsrecht setzen. 8. Gesetz über die Aufhebung des Reichsrats vom 14. Februar 1934

§ 1 Der Reichsrat wird aufgehoben.

Die Vertretungen der Länder beim Reich fallen fort.

§ 2 Die Mitwirkung des Reichsrats in Rechtsetzung und Verwaltung fällt fort.

Soweit der Reichsrat selbständig tätig wurde, tritt an seine Stelle der zuständige Reichsminister oder die von diesem im Benehmen mit dem Reichsminister des Innern bestimmte Stelle. Die Mitwirkung von Bevollmächtigten zum Reichsrat in Körperschaften, Gerichten und Organen jeder Art fällt fort. 9. Gesetz über das Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches vom 1. August 1934

§ 1 Das Amt des Reichspräsidenten wird mit dem des Reichskanzlers vereinigt. Infolgedessen gehen die bisherigen Befugnisse des Reichspräsidenten auf den Führer und Reichskanzler Adolf Hitler über. Er bestimmt seinen Stellvertreter.

§ 2 Dieses Gesetz tritt mit Wirkung von dem Zeitpunkt des Ablebens des Reichspräsidenten von Hindenburg in Kraft.


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