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Quelle: Stuttgarter Nachrichten, Mittwoch 15. November 1989, S.2 | ||||
Bild: Zeitungsausgabe des Textes aus den Stuttgarter Nachrichten vom Mittwoch, 15. November 1989. Klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern BERLIN (AP) – Das Rote Kreuz der DDR richtet sich auf bis zu 10.000 Menschen ein, die ihre Übersiedlung in die Bundesrepublik wieder rückgängig machen und in die DDR zurückkehren wollen.Auch das bundesdeutsche Rote Kreuz schätzt die Zahl der Rückkehrer auf mehrere tausend. Das Präsidium des Roten Kreuzes der DDR teilte im SED-Blatt „Neues Deutschland“ am Dienstag mit, es richtet jetzt Aufnahmelager für ehemalige Bürger ein, die zurückkehren. Es sei daran gedacht, eventuell auch Kasernen der Volksarmee dafür zur Verfügung zu stellen. Die Rückkehrer würden behelfsmäßige Personaldokumente erhalten, hieß es weiter. Sie sollten sich nicht länger als zwei bis drei Tage in den Übergangslagern aufhalten: „In dieser Zeit werden mit den ehemaligen Heimatkreisen der Bürger in der DDR die Fragen der Wohnung und der Arbeitsstelle besprochen.“ Jedem erwachsenen Rückkehrer werden 150 Ost-Mark für erste dringende Ausgaben zur Verfügung gestellt, hieß es. Das Bayerische Rote Kreuz erklärte, dass eine Welle von Heimkehrern angerollt sei, die in den kommenden Tagen „sicher noch zunimmt“. Die Ständige Vertretung der DDR in Bonn hat den Rückkehrern Straffreiheit und unbürokratische Hilfen zur Wiedereingliederung zugesichert. Nach Einschätzung der bayerischen Grenzpolizei kehrt ein Großteil der DDR-Bürger aus persönlichen Gründen der Bundesrepublik wieder den Rücken. Die Hilfsorganisation wies darauf hin, dass die Rückkehrer ihr in der DDR zurückgelassenes Eigentum wieder in Besitz nehmen könnten. Wenn der Haushalt von staatlichen Behörden aufgelöst wurde und der Erlös nicht für Mietschulden verbraucht worden sei, liege der Restbetrag auf einem Sperrkonto und stehe dem Rückkehrer zur Verfügung. Wie ferner verlautete, will die DDR künftig darauf verzichten, das Vermögen ehemaliger Bürger zu beschlagnahmen. Der Präsident der Bundesärztekammer, Karsten Vilmar, appellierte an übergesiedelte Mediziner, in die DDR zurückzukehren. Mit Eröffnung von zwei neuen Grenzübergängen am Dienstag gibt es in Berlin jetzt 22 Passierstellen. Seit Öffnung der innerdeutschen Grenzen wurden damit innerhalb von fünf Tagen in Berlin zehn zusätzliche Passierstellen eingerichtet. Der Reiseverkehr aus der DDR lief am Dienstag problemlos. Seit Montag kamen nach Bonner Angaben (ohne Berlin) 175.007 DDR-Besucher ins Bundesgebiet. Im vergleichbaren Zeitraum des Vortages waren es 412 493. Die Zahl der Übersiedler ist erneut zurückgegangen: 2.180 (3.356) DDR-Bürger wollen in der Bundesrepublik bleiben. Einer Mitteilung des Bundesostministeriums zufolge übernehmen ab sofort die bundesdeutschen Postämter die Auszahlung des Begrüßungsgelds. Die Mittel für diese Zahlungen wurden von Bonn um 479 auf 779 Millionen Mark aufgestockt. Außerdem sollten den Banken, die seit der Öffnung der DDR-Grenzen die Auszahlung der jeweils 100 Mark übernommen haben, die Zinsverluste erstattet werden. Auch die CSSR-Regierung gewährt Reisefreiheit PRAG (AP) – Der tschechoslowakische Ministerpräsident Ladislav Adamec hat am Dienstag Reisefreiheit auch für Bürger seines Landes angekündigt. Adamec sagte am Dienstag auf einer Sitzung beider Kammern des Parlaments in Prag, dass künftig keine Ausreisegenehmigungen für Reisen ins westliche Ausland und nach Jugoslawien mehr erforderlich sein würden. Die Reisefreiheit gilt ab 1. Januar 1990. Bisher müssen die CSSR-Bürger beim Innenministerium ein Visum beantragen. Rudolf Bahro will in die DDR zurückkehren BADEN-BADEN (AP) – Rudolf Bahro will in die DDR zurückkehren. Im Fernsehmagazin „Report“ vom Südwestfunk erklärte der aus der DDR ausgebürgerte Sozialwissenschaftler, er wolle in die DDR zurückkehren. Der 1977 aus der SED ausgeschlossene Bahro lebt seit 1979 in der Bundesrepublik Deutschland. Nach Erscheinen seines Buches „Die Alternative“ war Bahro in der DDR zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden. Sein Buch gilt als ein erster Entwurf für Glasnost und Perestroika. | ||||
Mit freundlicher Genehmigung der Stuttgarter Nachrichten
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