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Der Niedergang der Kleinmühlen

Autor: Klaus Philippscheck
Mühlentechnik

Bild rechts: Alte Mühlentechnik in der Leonberger Lahrensmühle. (Foto: Klaus Philippscheck)

In den Kriegs- und ersten Nachkriegsjahren, als die großen Mühlen zerstört waren oder still lagen, war man froh, dass es noch kleine Mühlen gab. Zu dieser Zeit herrschte in diesen kleinen Mühlen Hochbetrieb. Doch dieser Vorteil, den die Kleinmühlen hatten, schmolz mit dem Einsetzen des Wirtschaftswunders schnell weg, und es folgte ein rascher Niedergang. Die Modernisierung der Großmühlen und die dadurch kostengünstigere Vermahlung des Korns machte den Betrieb von Kleinmühlen völlig unrentabel. So waren schon Mitte der 50er Jahre die Großmühlen wieder marktbeherrschend. Die entstandenen Überkapazitäten sollten nun schnell abgebaut werden.

großmühle Sessler

Bild links: Großmühle Sessler am Renninger Rankbach. (Foto: Klaus Philippscheck)

So leiteten die ersten Konkurse und Stillegungen das Sterben der kleineren und mittleren Mühlen ein, das natürlich auch durch den ständigen Rückgang der landwirtschaftlichen Anbaufläche noch gefördert wurde. Als erster staatlicher Schritt wurde 1955 die Neuerrichtung von Mühlen gesetzlich verboten. 1957 wurde dann das Mühlenstilllegungsgesetz verabschiedet. Es bewilligte Müllern und Mühlenbesitzern eine staatliche Prämie unter der Auflage, dreißig Jahre lang die stillgelegte Mühle nicht mehr zu betreiben. Die Entschädigung richtete sich nach der Kapazität, der technischen Einrichtung und ihrer wirtschaftlichen Bedeutung. Für eine Tonne Tagesleistung wurden im Durchschnitt 9000 DM Abfindung gezahlt. Mit dieser Entschädigung sollte die Möglichkeit geschaffen werden, andere Erwerbsmöglichkeiten aufzubauen, wie etwa die Vergrößerung der Landwirtschaft, die Errichtung eines Gaststätten- oder Hotelbetriebs und ähnliches. Bis zum Oktober 1960 mussten sämtliche eingebauten Müllereimaschinen und Vorrichtungen ausgebaut werden, mit „Ausnahme der vorhandenen Turbinen“.

Damit war das letzte Kapitel einer jahrhundertelangen Geschichte der Mühlen eingeläutet. Denn zählte man in Deutschland im Jahr 1875 noch etwa 70 000 Getreidemühlen, gab es 1966 in der Bundesrepublik nur noch etwa 6 400 und im Jahre 2005 noch ganze 500. (In der ehemaligen DDR spielten die historischen Getreidemühlen vor der Wiedervereinigung übrigens noch eine größere Rolle, weil sie mit festgelegten Mahlkontingenten einen Beitrag zur planwirtschaftlichen Ordnung leisten sollten.)

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