Kreis Böblingen>>Wirtschaftsgeschichte>>Mühlen>>Technikgeschichte

Die Arbeit des Müllers und die Funktion seiner Mühle

Quelle: „Das Mühltal im Odenwald“ (Internetseite der Gemeinde Mühltal/Odenwald)

Autor: Karl-Heinrich Schanz

Der Müller schüttete das Getreide in einen Holztrichter, den Rumpf, der an Lederriemen pendelnd über dem Mahlgang aufgehängt war und von dem drehenden Mahlstein über Nocken in rüttelnde Bewegung versetzt wurde.

Hierdurch rieselt das Getreide stetig in die zentrale Bohrung des Läufersteines nach. War der Trichter leer, wurde durch eine Fallklappe ein Klopfer in Bewegung gesetzt und der Müller durch das Geräusch zur Nachfüllung aufgefordert.

Der Mahlgang bestand aus zwei flachen, kreisrunden Sand- oder Lavasteinen. Einer davon, der Bodenstein, lag fest verankert auf dem Boden der Mahlstube. In seiner zentralen Bohrung war eine runde Eisenachse senkrecht und drehbar gelagert, das Mühleisen. Es wurde vom Getriebe im darunterliegenden Stockwerk in Drehung versetzt. Auf seinem oberen Ende saß ein rechteckiges Eisenstück quer, die Haue. Sie griff als Mitnehmer in den oberen Mühlstein, den Läufer, ein und versetzte ihn in Drehbewegung.

Der Mühlstein und seine Furchen

Bild: Der Mühlstein und seine Furchen (Bild: Wikipedia)

Mühleisen und Haue sind die einzigen Eisenteile des Mahlgangs und damit für den Müller sehr wertvoll. Sie hielten den Läufer über dem Bodenstein in Schwebe, wodurch sich beide nicht berührten, sondern zwischen ihnen ein Luftspalt, der Mahlspalt, entstand.

Das durch die Mittelbohrung des drehenden Steines einrieselnde Getreide geriet zwischen die Steine, wurde dort zerrieben und gelangte aufgrund der Fliehkraft nach außen zum Rand der Steine. Eine Holzeinfassung, die Zarge, ließ dem Mahlgut nur einen Ausgang offen, durch das Ausfalloch in den Mehlsack.

Nun mußte das Mehl von Hand ausgesiebt werden, eine mühsame Arbeit. Der zurückgebliebene Schrot mußte die Steine noch mehrmals passieren, damit auch die letzte Spur Mehl noch herausgeholt werden konnte.

Das Beutelwerk
Eine Besonderheit der Deutschen Mühle war das seit karolingischer Zeit bekannte „Beuteln" des Mehles. Die schwere Arbeit des Aussiebens veranlaßte die Müller, eine automatische Siebvorrichtung zu bauen. Hierbei rieselt das Mahlgut aus der Zargenöffnung direkt durch einen ofenrohrdicken Leinenschlauch, der diagonal von oben nach unten in einen Kasten eingespannt ist.

Dieser „Schlagbeutel" wird vom Getriebe über Nocken und eine sinnvolle Hebelvorrichtung, die Rüttelgabel, geschüttelt, damit das Mehl in den Kasten fällt. Die Kleie verläßt am anderen Ende des Schlauches den Kasten durch ein Loch in der Wand.

Dieses wird in einigen Mühlen mit einer Fratze versehen, dem sogenannten Kleiekotzer, einem Sinnbild des Mühlengeistes, der den Mahlgang vor bösen Einflüssen schützen soll. Nicht nur das Aufschütten des Getreides und das Aussieben des Mehles beschäftigte den Müller. Viel Arbeit machte ihm auch die Instandhaltung seines „Mahlwerkes". Der Mühlgraben mußte gereinigt und das Wehr instand gehalten werden. Bei Niedrigwasser mußte gestaut, bei Hochwasser die Flut abgewendet werden. Im Winter mußte das Wasserrad eisfrei gehalten werden, sonst kam die Mühle zum Stillstand und das Eis zerstörte das Rad.

Bild: Je nach Beschaffenheit der Mühlsteine und nach Intensität der Nutzung nutzen sie sich ab, so dass sie nachzuarbeiten, also die Furchen neu zu behauen sind. (Bild: Gemeinde Mühltal/Odenwald)

Die Mühle war stets sauber zu halten, und der Mahlgang selbst verlangte viel Pflege. Die ursprüngliche Verwendung von Sandstein für die Mahlsteine erforderte eine ständige Nachschärfung der Mahlflächen, da sie sich schnell abschliffen.

Oft brachen auch Zähne der Holzzahnräder, Kämme genannt, die aus Eschenholz nachgeschnitzt und eingesetzt werden mußten. Wollte der Müller etwas verdienen, so konnte er sich nicht viel Ruhe gönnen. Die Arbeit des Müllers besingt auch das alte Volkslied:
    Es klappert die Mühle am rauschenden Bach, klipp klapp,
    bei Tag und bei Nacht ist der Müller stets wach, klipp-klapp . . .
Das Klappern der Mühle wurde durch die Nocken des Beutelwerkes und des Aufgabetrichters erzeugt. Daß der Müller bei Tag und bei Nacht stets „wach" blieb, dafür sorgte der Klopfer am leergelaufenen Trichter und die störanfällige Mechanik seines Mahlwerkes. Um ein gutes Einkommen zu haben, mußte die Mühle Tag und Nacht „im Dienst“ sein.

Bei gutem Wasser konnten pro Mahlgang fünf bis sechs Malter Korn, d.h. fast 500 kg bei 24-stündigem Betrieb gemahlen werden. Der Malter Korn kostete 9 - 16 Schillinge, je nach Güte. Der „Molter", der Mahllohn des Müllers, betrug damals den 16. Teil des Getreides. Er konnte also einen Schilling pro Malter verdienen, d.h. fünf bis sechs Schillinge in 24 Stunden.

Dafür konnte er z.B. 4 ½ Mahlzeiten oder 3 ½ Pfund Butter oder zwei Gänse oder ein Paar Schuhe kaufen. Für die Unterhaltung seiner Mühle mußte er aber auch etwas zurücklegen. Für den Zimmermann, der ihm schwierige Reparaturen ausführte, benötigte er 3 ½ Schillinge pro Tag, zusätzlich die Kost. Der Mühlknecht bekam 1 1/3 Schillinge als Tageslohn, zusätzlich Kost. Dazu kamen die jährlichen Abgaben an den Pachtherren.

Es war ein karger Lohn, den er für seine schwere Arbeit bekam. Kein Wunder, daß er versuchte, möglichst viel aus seinem Geschäft zu schlagen. Zahlreich waren die Klagen über Betrügereien in den Mühlen. In Zunftartikeln und Verordnungen versuchten die hessischen Landgrafen unter Androhungen von Strafen dem zu begegnen. Es dauerte noch lange Zeit, bis man von den Müllern als „Bachprinzen" sprechen konnte

Mit freundlicher Genehmigung des Verkehrsvereins Traisa (Gemeinde Mühltal/Odenwald), Herrn Volker Deutschländer und Herrn Karl-Heinrich Schanz vom Hessischen Landesverein zur Erhaltung und Nutzung von Mühlen.

Diese Seite drucken
Fenster schließen