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Der Müllerstein bei Dagersheim

Wo bei Dagersheim das Rheinsträßle den Ochsenweg kreuzt, da stand vor zwei Menschenaltern am Weg ein großer Stein, der glich einem Fruchtsack mit dem Butzen oben.

Es ist da vor hundert und etlichen Jahren ein Müllerknecht von der Altdorfer Mühle die Straße gen Ihingen und Heimsheim gefahren. Sein Wagen war mit Mehlsäcken voll geladen, und er hatte zwei feurige Rappen vorgespannt. Als er nahe der Böblinger Hulb fuhr, etliche hundert Schritte nach dem St.-Annen-Bild, da erhob sich in der Stille des hohen Mittags ein Wirbelwind aus dem Ried; es scheuten die Rosse, sie bäumten sich wiehernd auf und rissen den Wagen seitab in den moorigen Grund. Der Riedgeist, der Unhold, er hatte die Pferde erschreckt; er hielt aber den obersten Sack im Wirbelwind zurück und stürzte ihn an den trockenen Wegesrand; alsdann tat er den Spruch, der zu Stein erstarren lässt, und sogleich stand das steinerne Mal für alle Zeiten gebannt.

Man hat nachher bei den Leuten gesagt, der Fuhrknecht sei eingeschlafen, und so seien die Gäule führerlos geworden und vom rechten Weg abgekommen; aber die so reden, die kennen eben die Geister nicht, die in der Niederung wohnen. Wohl diesen Leuten, denen die Welt so frei von bösen Geistern erscheint! Wir aber ahnen das Geheimnis und schweigen darüber, damit wir nicht zur Säule werden, wie es Lots Weib geschehen ist.

aus: Der Häseltrog - Sagen und Geschichten aus Schönbuch und Gäu. Bearbeitet von Eberhard Benz, Böblingen 1950, (Veröffentlichungen des Heimatgeschichtsvereins für Schönbuch und Gäu e.V. - Bd. 1)

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