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Der Ratberg von Magstadt

Naturdenkmal und sagenumwobenes Wahrzeichen

Quelle: Denkmale in der Nachbarschaft - gesehen und besucht im Kreis Böblingen, Röhm Verlag, Sindelfingen 1990

Autor: Helmut Steegmüller

Bild: Wahrzeichen der Gemeinde Magstadt: die kegelförmige Stubensandsteinkuppe des Ratbergs

Mit 1,45 Hektar Fläche ist für die Magstädter der Ratberg so etwas wie ein Hausberg. Der Schutzzweck des Naturdenkmals wird folgendermaßen begründet: Landeskundlich, kulturell, Eigenart, Pflanzen und Tierbiotop und landestypische Kennzeichnung.

Der Heimatdichter Christian Wagner aus Warmbronn hat in seinem Gedicht über den Ratberg Folgendes ausgesagt:

Am Hinterhaupt ein zwergenhaft Gestrüppe
seh; einen runden Hügel auf ich ragen
und Föhren stehen auf dem Grund der Magen,
als ob versammelt hie noch heut die Sippe.

Ein alter Schäfer lehnt an seiner Schippe;
im Dorf gehen umher noch alte Sagen,
als ob die Hundertschaft sie angetragen,
des Frankenmales kühn gewölbte Klippe - .

Daß dann so recht beim hellen Ruf der Tube
die Mannschaft sich im Grund zusammenschare
und teil’ die Feldmark in Gewann und Hube;
daß dann so recht sich sondre Paar um Paare,
daß baue Haus sich, Scheuer, Stall und Stube.
was abgetrennt sich heut von der Huntare. -

Damit hat der Dichter dieser Bergkuppe, die er für ein Frankenmal hält, ein literarisches Denkmal gesetzt. Sicher wurde diese nach allen Seiten sichtbare Bergkuppe zur Übermittlung von Nachrichten mittels Rauchzeichen genutzt.

In den Lagerbüchern des Amts Leonberg aus dem 14. Jahrhundert wird die Flur mit Radeburg oder Radburg bezeichnet und erhielt später den heutigen Namen „Ratberg“.

Ergebnislose Grabung
Der Heimatforscher Eberhard Benz sagt dazu, dass der runde Bergkegel wohl einst eine Burg getragen habe, worüber jedoch keine schriftlichen Überlieferungen vorlagen. Dass der Berg befestigt war und dem Schutz der umliegenden Fernwege im frühen Mittelalter diente, ist wohl eine berechtigte Annahme. Diese Umstände haben 1923 einige Mitglieder des Magstadter Turnvereins ermuntert, eine Grabung durchzuführen, welche jedoch ergebnislos blieb.

Im Dreikaiserjahr 1888 wurden auf dem Ratberg die drei Kaiserlinden gepflanzt. Dabei hat der Magstadter Liederkranz teilgenommen. Diese Nachricht ist in der Vereinschronik vermerkt. Die schon über 100 Jahre alten Linden sind gesund, haben aber auf dem kargen Boden keinen guten Standort und sind entsprechend langsam gewachsen.

Bild: Magstadter Gemeindewappen mit grünem Dreiberg, dem lateinischen Großbuchstaben M und dem Fleckenzeichen in Form eines umgekehrten S.

Im Gemeindewappen hat der Ratberg als sogenannter Dreiberg Eingang gefunden. Kunstmaler Nass aus Magstadt hatte 1929 den Auftrag, das Wappen in Anlehnung an die Ausführung von 1617 neu zu gestalten. Natürlich hat die Bergform des Ratbergs manchen Künstler auch als Motiv angeregt.

Sagenumwobener Ratberg
Eine Sage über den Ratberg wurde im März 1933 in der Zeitung veröffentlicht:

„Vor vierzig und mehr Jahren war der Radberg noch ganz kahl und stand so in seiner Blässe über den Feldern. Da haben sie ihn mit Föhren bebaut, und bald wuchs ein Wald über den ganzen Hügel. Er gedieh gut, und nach wenig Jahren schon konnte man ihn recht schön grün drüben stehen sehen. Zu der Zeit wohnte am Rande Magstadts ein gar närrischer Mann. Der stellte oft und boslich arge Narrenspossen an. Einmal stand er so vor seinem Haus und schaute nach dem Radberg hinüber. Der heiße Mittag aber gloste über den gelben Halmfeldern, und im Flimmern, Kochen und Brodeln der Luft kamen dem Narren die kleinen Bäume drüben wie schwarze Männlein vor, die hüpften, sich behende schwangen und gar zu seltsam durcheinander wimmelten.

Das kam ihm verdächtig vor. Er bekam Angst und sah nicht mehr hinüber. Aber er konnte es doch nicht lassen von dem Tag an und musste oft hinübersehen. Dabei aber, er konnte nichts dafür, wuchs seine Angst vor den Männlein wie seine Neugier, und bald konnte er nicht mehr schlafen in der Nacht, da er meinte, sie kämen einmal im Finstern und wollten ihn umbringen. Er war jedes Mal froh, wenn die Nacht vorbei und es wieder Tag war. Dann sah er gleich hinüber und wurde ruhig, wenn die Männlein noch dort standen. Wie es nun eines Tages war, stand ein lohgelber Wetterhimmel hinterm Radberg, es blitzte daraus und donnerte arg durch das ganze Tal. Der Narr aber stand und meinte, die Männlein seien’s, die so lärmten und tobten, und er sprang nach seiner Axt und schrie: „Sie kommen!“ Und er rannte durch die Felder zu dem Hügel. Dort hat er alle Bäume, die gegen sein Haus her standen, während des Gewitters umgeschlagen ...“

Geologische Besonderheit
Der Ratberg ist auch eine geologische Besonderheit. Dazu schreibt Dr. Kottmann:

„Zunächst hält man die Erhebung für einen bronzezeitlichen Grabhügel. Die nähere Untersuchung zeigt, dass es sich um eine geologische Besonderheit handelt. Im Tertiär, vor 10 bis 20 Millionen Jahren, als die Vulkane der Schwäbischen Alb rauchten und der Oberrheingraben einbrach, war in Süddeutschland die Erdkruste in Bewegung; einzelne Erdschollen brachen und verschoben sich. Eine solche Verwerfung (Bruchlinie) verläuft von Magstadt nach Renningen.

Zur Beruhigung für Ängstliche: Die Gefahr, dass sich der Ratberg nach 20 Millionen Jahren nochmals bewegt und die Leitung Schaden nimmt, ist sehr klein.“

Auch in der geologischen Karte von Baden-Württemberg ist der „Ratberggraben“ verzeichnet. Das Pflanzen- und Tierbiotop darf bei der Betrachtung des Ratbergs nicht zu kurz kommen. Der Trockenrasen auf der Südseite ermöglicht vielen bereits seltenen Tieren und Pflanzen eine Heimat.

Es ist nur schade, dass lange Zeit durch die fehlende Nutzung als Schafweide der Baumbestand sich stark ausgedehnt hat. Weiterhin sollte auf angrenzenden Privatgrundstücken der Baumwuchs zurückgehalten werden, damit von allen Seiten der Ratberg in seiner typischen Form sichtbar bleibt.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Sindelfinger Zeitung/ Böblinger Zeitung

Gemeinde Magstadt

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