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Malmsheimer Neubürger

Quelle: Die Vertriebenen im Kreis Böblingen. Hrsg.: Bund der Vertriebenen (BdV) – Vereinigte Landsmannschaften und Landesverbände – Kreisverband Böblingen, Redaktion: Dr. Benno Kubin, Röhm Verlag, Sindelfingen 1992, S. 72-73.

Bereits Ende Januar 1946 traf ein erster kleiner Transport mit Vertriebenen aus Bulgarien und Rumänien im Malmsheimer Auffanglager ein. Über die Ankunft und Aufnahme dieses Transportes berichtet Emanuel Litz:

„In dem großen Umsiedlerstrom gleich nach Kriegsende wussten die meisten Familien, die Haus und Hof verlassen hatten, noch nicht, wann und wo sie eine neue Heimat finden werden. So fanden auch wir zunächst nur vorübergehend Aufnahme auf einem landwirtschaftlichen Gut in Bayern. Mit einer weiteren Gruppe volksdeutscher Umsiedler aus Rumänien und Bulgarien halfen wir dort im Sommer '45 die Ernte einzubringen. Dann war es aber an der Zeit, sich nach einer dauerhaften Bleibe umzusehen.

Glücklicherweise ergab sich Ende Januar '46 die Möglichkeit, mehrere Viehwaggons der Reichsbahn anzumieten. So konnten wir bequem unser ganzes Gepäck und sogar noch ein Pferde- wie auch ein Eselsgespann mitnehmen. Unser Ziel war, in Württemberg eine neue Heimat zu finden. In Stuttgart wies man uns nach einer kurzen Unterredung im Innenministerium in das Lager Malmsheim ein. Dort angekommen, wurden wir von vielen Malmsheimern überaus freundlich begrüßt. Sogar die Malmsheimer Musikkapelle spielte auf. Diesen herzlichen Empfang hielt wohl niemand von uns für selbstverständlich - umso mehr freuten wir uns allesamt darüber.

Nach der offiziellen Begrüßung kam der Malmsheimer Bürgermeister Grötzinger auf uns zu. Er reichte uns nicht nur den kleinen Finger, sondern gleich die ganze Hand, die wir gerne entgegennahmen. Herr Grötzinger bot uns an, Malmsheimer Bürger zu werden. Überaus froh nahmen wir einstimmig an, ohne diese Entscheidung jemals zu bereuen. Schon am nächsten Tag sorgte Bürgermeister Grötzinger dafür, dass alle Familien entsprechend ihrer Größe Unterkunft bei Malmsheimer Familien fanden.

Auch wenn wir noch die ersten Neubürger in Malmsheim und Umgebung waren, gehörte zu dieser guten Unterbringung sehr viel guter Willen seitens der Einheimischen. Dies hat uns sehr geholfen, uns bald in Malmsheim zurechtzufinden. Nach sechs bis sieben Jahren fleißiger Arbeit konnten die ersten von uns schon mit dem Bau von Eigenheimen beginnen.

Die beiden Straßenzüge, die wir besiedelten, hießen noch lange Zeit im Volksmund „Die Bulgarensiedlung".

Heute gibt es für uns keine Alt- und Neubürger mehr, sondern nur noch Bürger von Malmsheim. Damit ist ein Teil der Nachkommen von denen, die 1740 bis 1780 Württemberg verlassen haben, wieder in die alte Heimat eingegliedert."

Emanuel Litz, Malmsheim

Mit freundlicher Genehmigung des BdV-Kreisverbandes Böblingen.


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