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Sagen aus Rutesheim

‘S Mauchen Bom

 

Autor: Harald Schaber, Arbeitskreis GESCHICHTE VOR ORT
Sagen eröffnen uns den Zugang zu einer Welt der Legenden und Traditionen, die im Laufe der Jahrhunderte gewachsen ist und deren geheimnisvolle Ausstrahlung uns nach wie vor umgibt. Die Sage vom „'s Mauchen Bom“ wird auch in Gebersheim erzählt.

Bild: Illustration der Sage vom „s' Mauchen Bom“ von Max Raichle, Rutesheim. (Aus: Heimatbuch Rutesheim, Rutesheim 1970, S. 393)

An der linken Straßenseite von Rutesheim nach Leonberg stand bis vor etwa 150 Jahren ein mächtiger Birnbaum. Hier machte das fahrende Volk – Zigeuner, Kesselflicker, Landstreicher – gerne Rast. In der Nähe deckte man im Jahre 1882 auch ein römisches Grab auf.

Rechts der Straße ist der Lohlenbach, südlich davon der Pfaffengrund. Die Gegend war wegen einer schlimmen Sage lange Zeit verrufen.

Einige Wiesen im Lohlenbach und Äcker im Pfaffengrund gehörtem einem Edelfräulein in Böblingen. Einmal besichtigte dieses mit ihrem Geliebten, „Deisele“ genannt, ihre Güter. Als sie die üppigen Wiesen mit dem Bächlein und die wogenden Saaten gesehen hatte, rief sie begeistert aus: „Hier möchte ich wohnen!“

Deisele erwiderte ihr: „Dein Wunsch soll erfüllt werden!“ Er befahl den Bauern und Handwerkern der Umgebung, im Frondienst ein Haus, eine Scheune und einen Stall zu bauen. Danach kam der Befehl, auch noch einen Fischweiher anzulegen und ein Stauwehr zu errichten. Der Lehm zu diesem Bau musste zum Teil von weit her mit Fuhrwerken geholt werden. Deisele zwang die Gebersheimer, ihm die angrenzenden dortigen Güter der Heiligenpflege abzutreten. Der Heiligenpfleger Mauch aus Gebersheim war ihm dabei sehr behilflich. Als Lohn bekam er von Deisele den Acker mit dem Birnbaum. Ab da wurde dieser Platz „bei ‘s Mauchen Bom“ genannt.

Schließlich wohnte das Edelfräulein mit Deisele hier. Oft fischte sie im See, der den Namen Ditzensai erhielt. Sobald es im Sommer dunkel wurde, fingen die Frösche im Weiher an zu quaken und störten so die Nachtruhe der beiden. Deisele befahl den Bauern, nachts mit Stangen ins Wasser zu schlagen, um so die Frösche am Quaken zu hindern.

Wenn Deisele auf seinem Schimmel durch die Felder ritt, schikanierte und plagte er die Bauern sehr. Sie mussten ihm schließlich auch noch einen Getreideschuppen bauen, den er mit Garben füllen ließ. In einer Herbstnacht brannte dieser ab. Deisele, der gerade darin war, wurde später verkohlt unter den Trümmern aufgefunden. Er durfte aber nicht auf dem Friedhof in geweihter Erde begraben werden, sondern wurde in der Nähe in einem Acker verscharrt. Seither heißt dieser Ort „Beinstall“, kurz „Bennstell“ genannt.

Dem Edelfräulein wurde der Besitz nun unheimlich. Es vermachte alle Güter, auch die Gebersheimer Äcker, dem Rutesheimer Heiligen und zog weg. Die Gebäude verfielen nach und nach.

Von Deisele wurde noch lange mit Grauen geredet. Kinder erschreckte man mit den Worten: “Der Deisele kommt!“

Der Sage nach reitet er in mondhellen Nächten als Gespenst auf seinem Schimmel mit dem Kopf unter dem Arm über die Güter.

Auch das Edelfräulein kam als weiße Gestalt an den früheren See. 1913 erschien sie einem Bauer, der an einem Samstagabend spät in der Nähe ackerte. Das Wasser des Fischweihers wurde später abgelassen und der Birnbaum 1860 umgehauen.

Veröffentlicht wurde die Sage auch im Heimatbuch Rutesheim, Rutesheim 1979, S. 393.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors und des Arbeitskreises GESCHICHTE VOR ORT

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