zeitreise bb
Darmsheim>>Oberamtsbeschreibung
„... ihre Vermögensumstände sind im Allgemeinen befriedigend“

Darmsheim in der Beschreibung des Böblinger Oberamts von 1850

Quelle: Beschreibung des Oberamts Böblingen. Herausgegeben von dem königlichen topographischen Bureau. Stuttgart und Tübingen 1850

Bild: Darmsheim vor dem großen Brand von 1907. Blick in die Widdumstraße; im Hintergrund das 1843 erbaute „ansehnlich, sehr freundliche“ Rathaus. (Bild: StadtA Sindelfingen) - klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern

Darmsheim,
Pfarrdorf mit 968 evangelischen und 4 nach Dätzingen eingepfarrten katholischen Einwohnern.

Etwa 1¼ Stunde westlich von Böblingen liegt in dem engen, aber nicht sehr tief eingefurchten Schwippe-Thal, der ziemlich regelmäßig gebaute, mit reinlichen Straßen versehene Ort, durch dessen Mitte die Landstraße von Böblingen nach Calw führt. Der größere Theil des Dorfs hat auf der linken Seite der Schwippe eine gegen Norden sanft geneigte Lage und nur eine Häuserreihe jenseits des Flüßchens liegt eben. Am südöstlichen Ende des Dorfes steht die geräumige helle Pfarrkirche, die nach einer, an der Westseite angebrachten Inschrift im Jahr 1600 erweitert und verbessert wurde; eine weitere bedeutende Veränderung erhielt sie 1804 und ist nunmehr in gutem baulichen Zustande. Durch diese Veränderungen wurde die ehemalige Bauweise beinahe ganz verdrängt, so daß das Gebäude, dem sogar der Chor fehlt, alles architektonischen Schmucks entbehrt. Innen hat die Kirche, außer einem Oelgemälde, Luther in Lebensgröße vorstellend, und einem ziemlich gut geschnitzten Bild des Gekreuzigten, nichts Erwähnenswerthes. An der westlichen Giebelseite steht der viereckige Thurm, ein aus drei steinernen Stockwerken bestehendes monströses Bauwesen, auf dem ein einfaches Zeltdach sitzt. ...

Etwa 100 Schritte nordöstlich von der Kirche liegt in der Hauptstraße das 1703 neu erbaute und 1836 namhaft verbesserte Pfarrhaus, welches gemeinschaftliches Eigenthum des Staats und der Universität Tübingen ist. Das in der Nähe der Kirche gelegene Schulhaus mit Lehrerwohnung, ... ,wurde 1839 bedeutend erweitert und verbessert. An der Schule unterrichten 1 Lehrer und 1 Lehrgehilfe. Eine Industrieschule, die aber nur den Winter über besucht wird, ist vorhanden. Das ansehnliche, sehr freundliche Rathaus mit Thürmchen und Balkon, an der Hauptstraße, gegenüber dem Pfarrhaus auf einem freien Platz gelegen, wurde 1843 neu erbaut. Ein Gemeindebackhaus besteht schon seit langer Zeit.

Gesundes Trinkwasser, das in ganz trockenen Sommern und in kalten Wintern etwas spärlich fließt, ist vorhanden. Die Luft ist rein und trocken, aber etwas scharf; ... Die Einwohner sind gesunde, kräftige Leute, höflich, fleißig, ordnungsliebend, haben viel häuslichen Sinn und Religiosität, ihre Vermögensumstände sind im Allgemeinen befriedigend, ihre Hauptnahrungsquellen bestehen in Feldbau und Viehzucht. ... Die Gewerbe dienen, mit Ausnahme einer am östlichen Ende des Dorfs gelegenen Mühle mit 2 Mahlgängen und 1 Gerbgang, nur dem örtlichen Bedürfnis. Es bestehen 3 Schildwirthschaften1* und 1 Bierbrauerei. ... Ganz in der Nähe des Orts befinden sich an dem rechten, kahlen Thalabhange zwei Muschelkalksteinbrüche, aus denen Kalk zum Brennen und vortreffliches Straßenmaterial gewonnen wird. ...

Die Zinsen einer Stiftung von 898 fl. 30 kr.2* werden jährlich unter die Ortsarme vertheilt. Die Zinsen einer Schulstiftung von 60 fl. fließen in die Schulkasse. Für Schulbücher werden 3 - 6 fl. verwendet und überdieß ganz armen Kindern das Schulgeld aus der Gemeinschaftskasse bezahlt. ...

Der Name des Orts erscheint als Darmishan in der Sindelfinger Chronik zu den Jahren 1282, 1291. In Beziehung auf die Herren, unter denen es stund, hatte Darmsheim ganz denselben Wechsel wie Dagersheim, und ist namentlich auch im Jahr 1357, beziehungsweise schon 1344 württembergisch geworden. ... Von hiesigem Ortsadel kommt vor: Diemo de Darmsheim, welcher um 1140 das Kloster Hirschau mit Liegenschaften bei Döffingen beschenkte (Cod. Hirs. 68): ... Genanntes Kloster war schon um 1130 hier begütert (ib. 65), das Stift Sindelfingen seit 1260. ...

1

Schildwirtschaften waren, im Gegensatz zu Straußenwirtschaften, berechtigt, Gäste zu beherbergen und zu bewirten. Straußenwirtschaften waren nur zu gelegentlichem Ausschank, meist im Herbst, berechtigt.

2

1 Gulden (fl) = 60 Kreuzer (kr). Nach der Währungsumstellung entsprach 1 Gulden ca. 1,71 Mark. Legt man für eine grobe Währungsumrechnung bestimmte aktuelle Lebensmittelpreise zugrunde, dürfte ein Kreuzer etwa den Gegenwert von 0,80 € gehabt haben. Die Guldenwährung im süddeutschen Raum bestand von ca. 1550 – 1875.

Der Text wurde gekürzt.

Eine ungekürzte Version der Beschreibung von Darmsheim finden sie auf dem Internet-Portal Wikisource.

Mit freundlicher Genehmigung des Bissinger-Verlags Magstadt

Die Württembergischen Oberamtsbeschreibungen
Im Jahre 1820 wurde auf Dekret König Wilhelms I das “königliche statistisch-topographische Bureau“ in Stuttgart gegründet. Zwischen 1824 und 1886 entstanden dort Beschreibungen aller 64 württembergischen Verwaltungsbezirke und ihrer Gemeinden. Als 26. Band erschien 1850 die Beschreibung des Oberamts Böblingen. Auf dem Internet-Portal Wikisource kann diese bereits vollständig abgerufen werden.

Diese Seite drucken
Zum Seitenanfang

www.zeitreise-bb.de