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Blitzlichter zur Geschichte Maichingens

Vor 925 Jahren erstmals urkundlich erwähnt

Quelle: Sindelfinger Chronik 1999/2000

Autor: Horst Zecha

Bild links: Die Ortsmitte Maichingens mit der Laurentiuskirche im Jahre 2003


Bild unten: Kirchenvorplatz mit Schule und Laurentiuskirche vor dem 1. Weltkrieg. Auf dem freien Platz stand bis 1917 noch ein kleines Haus (Aus: Maichingen - Bilderreise in die Vergangenheit, Geiger Verlag, Horb am Neckar 1992).

"Pfarrdorf mit 1130 Einwohnern, worunter 1 Katholik. In einer ausgedehnten, fruchtreichen Ebene liegt frei, angenehm und gesund der große, wohlansehnliche mit breiten gekandelten Straßen versehene Ort. ..." In solch lobenden Worten beginnt Eduard Paulus im Jahr 1850 in seiner Beschreibung des Oberamts Böblingen den Bericht über Maichingen. ... Durch die ausführliche Oberamtsbeschreibung und andere schriftliche Unterlagen sind wir über das Maichingen um die Mitte des 19. Jahrhunderts gut informiert. Die schriftlichen Zeugnisse werden umso spärlicher, je weiter wir in der Geschichte zurückgehen, bis wir schließlich am 9. Oktober 1075 auf die erste urkundliche Erwähnung Maichingens - damals unter der Bezeichnung "Mouchingan" stoßen. Es handelt sich dabei um eine Urkunde, in der Kaiser Heinrich IV. den Besitz des Klosters Hirsau festschreibt und dabei Besitzrechte in Maichingen ausdrücklich erwähnt. Ob der in der Urkunde erwähnte Eindruck, dieser Besitz gehe bis ins Jahr 830 zurück, den Tatsachen entspricht, lässt sich nicht zweifelsfrei klären. ...

Frühe Besiedlungsspuren
Eindeutig bleibt jedoch, dass wir für Maichingen im Gegensatz zu vielen anderen Gemeinden ein präzises Datum für die erste urkundliche Erwähnung nennen können ... . Über das tatsächliche Alter können wir jedoch keine verlässlichen Angaben machen. Die frühesten archäologischen Zeugnisse reichen bis in die Jungsteinzeit (ca. 4000-1500 v. Chr.) zurück - die ersten Maichinger könnten also schon 5000 Jahre oder älter sein. Spätestens seit der christlichen Zeitrechnung dürfte die Gemarkung dauerhaft besiedelt gewesen sein. Spuren römischer Gebäude finden sich ebenso wie ein alemannischer Reihengräberfriedhof, der sich in der Umgebung der Laurentiuskirche befunden hat.

Über das mittelalterliche Maichingen wissen wir wenig. Einige Urkunden geben uns lediglich Aufschluss darüber, welche weltlichen und geistlichen Einrichtungen hier Besitzrechte besaßen. Dazu gehörte übrigens bereits seit dem 13. Jahrhundert das Sindelfinger Stift ... . In der zweiten Hälfte des 14,. Jahrhunderts kam der Ort unter württembergische Herrschaft und gehörte von da an zum Oberamt Böblingen. Als ältestes Bauzeugnis verweist die ursprünglich romanische Laurentiuskirche ins Mittelalter zurück. Allerdings ist durch zahlreiche Umbauten nichts mehr von der ursprünglichen Bausubstanz erhalten. In Berührung mit der großen Politik kam Maichingen am Ende des Mittelalters, als sich der Maichinger Mediziner Johannes Widmann als Leibarzt des Markgrafen Christoph von Baden sowie des Herzogs Ulrich von Württemberg einen Namen machte. ...

Bild: Maichingen auf der Kieser'schen Forstkarte von 1681. Auf der bisher ältesten bekannten Ansicht trägt der Ort noch den Namen "Möchingen". (Abbildung mit freundlicher Genehmigung des Landesmedienzentrums BW/Stuttgart) - klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern

Von der Reformation bis ins frühe 20. Jahrhundert
Nach der Einführung der Reformation im Jahre 1535/36 wurde auch Maichingen evangelisch. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wies die Gemeinde ein langsames, aber stetiges Wachstum auf. Unterbrochen wurde diese Aufwärtsentwicklung immer wieder durch Plünderungen und Einquartierungen im Zuge des 30jährigen Krieges, der Franzoseneinfälle des 17. und 18. Jahrhundert und der Kriege im Gefolge der französischen Revolution. Aber auch Seuchen und Missernten sorgten immer wieder für Rückschläge. Dennoch stieg die Einwohnerzahl von 488 im Jahr 1720 auf 1130 im Jahr 1850. Dann führten allerdings die bedrückenden wirtschaftlichen Verhältnisse auch in Maichingen zu zahlreichen Auswanderungen und zu einer gewissen Landflucht, so dass die Bevölkerung um die Wende zum 20. Jahrhundert wieder auf 1000 Personen zurückgegangen war.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts lebten die Maichinger noch ganz überwiegend von der Landwirtschaft und der Weberei. Erst im Ersten Weltkrieg erfolgte entlang der Bahnlinie Böblingen-Renningen der Bahnanschluss Maichingens, der nun auch hier eine Industrieansiedlung möglich machte. Viele nahmen aber seit 1915 auch die Gelegenheit wahr, im benachbarten Sindelfingen im neu errichteten Daimler-Werk ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Drittes Reich und Zusammenschluss mit Sindelfingen
1933 ... gelang auch in Maichingen die nationalsozialistische Machtübernahme reibungslos. Bereits im März 1933 trug der Gemeinderat Reichpräsident Hindenburg, Reichskanzler Hitler, dem deutschnationalen Minister Hugenberg und dem württembergischen Staatspräsidenten Murr die Ehrenbürgerwürde an, wobei nach dem Krieg nur den letzten dreien diese Ehrung wieder aberkannt wurde. Unter dem Zweiten Weltkrieg und seinen Folgen hatte auch Maichingen schwer zu leiden. Zwar blieb der Ort von Luft angriffen verschont, aber 75 Einwohner verloren ihr Leben als Soldaten. Am 21. April 1945 wurde Maichingen von französischen Truppen besetzt, bei der Neuaufteilung der Besatzungszonen im Sommer 1945 gelangte es unter amerikanische Verwaltung. Das größte Problem der unmittelbaren Nachkriegszeit war die Unterbringung der Flüchtlinge... .

Der wirtschaftliche Aufschwung in den 50er Jahren und die Nähe zur Industriestadt Sindelfingen ließen auch die Einwohnerzahl Maichingens rapide ansteigen - von etwa 1700 bei Kriegsende auf etwa 5500 Anfang der 60er Jahre. Mit der engen räumlichen und wirtschaftlichen Verflechtung stellte sich sehr bald die Frage nach einem Zusammenschluss. Nachdem entsprechende Überlegungen in den 50er und Anfang der 60er Jahre im Maichinger Gemeinderat nicht auf Gegenliebe gestoßen waren, konnte man sich Anfang der 70er Jahre auch hier den praktischen Notwendigkeiten nicht mehr entziehen. Am 1. Dezember 1971 wurde der Vertrag über den Zusammenschluss von Maichingen und Sindelfingen unterzeichnet, der nun Sindelfingen die gewünschten Ausdehnungsmöglichkeiten, Maichingen im Gegenzug eine Reihe wichtiger Infrastrukturmaßnahmen - z.B. den Bau des Bürgerhauses brachte.

Mittlerweile sind fast 30 Jahre vergangen, und mit den Baugebieten "Hinterweil" auf Sindelfinger und "Grünäcker" auf Maichinger Seite vollzieht sich auch das räumliche Zusammenwachsen der beiden Nachbarn.

Der Text wurde gekürzt

Mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Stadt Sindelfingen

Literaturhinweise:
Fritz Heimberger
Maichingen. Unsere Heimat im Wandel der Jahrhunderte
Sindelfingen, 1981

Hermann Weisert
Sindelfingen im Wandel der Zeit
Sindelfingen, 1988

Maichingen - Bilderreise in die Vergangenheit
Geiger-Verlag, Horb a. N.,1992

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