Steinenbronn>>Mundart

Ortsbestimmung in der Steinenbronner Mundart „Nuff ond na“

Quelle: Steinenbronner Nachrichten / Beiträge zur Heimatgeschichte, Nr. 9/1994

Autor: Paul E. Schwarz

Eine der für Steinenbronn typischen mundartlichen Eigenarten ist die Ortsbestimmung, d. h. die Richtungs- oder Zielansprache für Flurstücke, Nachbargemeinden und Landschaften. Grammatikalisch handelt es sich dabei in der Hochsprache um die sogenannten Lokaladverbien, evtl. in Verbindung mit der lokalen Präposition.

Die Präposition bei Ortsangaben ohne Artikel lautet: „nach“, bzw. „in“:

als Richtungsangabe = nach Stuttgart,
als Angabe der Lage = in Stuttgart.

Für Steinenbronn gilt: „in“ heißt in allen Fällen der Ortsbezeichnung „z“ (zu):
z. B. „z’Diebeng“ = in Tübingen (z’Ächddêrdeng, z’Bebleng, z’Waldâbuâch)

Dabei kommt es oft zu einer ungewohnten Häufung von Zischlauten, an denen sich hier aber niemand stört, auch wenn es manchmal fast chinesisch klingt, wie bei „z’Schduâgârd“ oder „z’Schdoânâbronn“.

Die Präposition „auf“ als Lagebezeichnung wird, außer anstelle von „nach“ nur bei Flurnamen und Stellenbezeichnungen verwendet:

„uff’ âm Hasâhof“ = auf dem Hasenhof

Eine Ausnahme davon macht die hochdeutsche Bezeichnung für „zu Hause“ und „nach Hause“, die unsere Mundart gar nicht kennt. Dafür wird nur „heim“ („hoâm“) bzw. „daheim“ („dâhoâm“ oder „dâhoâmd“) verwendet. ...

Ohne nähere Angabe sagt man auch „iber Feld“ = über Feld, d. h. auswärts vom Ort, meist in eine Nachbargemeinde, so z. B. „am Sonndech semmêr iber Feld gwea“, wenn man nicht genau sagen wollte, wo man war.

Schwierig wird es, wenn mit der Präposition „nach“ ein Ortsname als Ziel angesprochen wird. In der Hochsprache heißt das in jedem Fall z. B. „ich gehe nach Stuttgart“. Bei uns wird dafür stets „uff“ = auf, verwendet, also „i gang uff Schduêgêrd“.

Damit lässt man es aber hier nicht bewenden, sondern setzt zur genauen Bestimmung des „uff“ noch ein weiteres Wort, grammatikalisch als Lokaladverb bezeichnet, hinzu. Und gerade dieser Zusatz ist für den jungen oder neuen Bürger, mindestens am Anfang, ein „böhmisches Dorf“. Aus unserer altgewohnten Sicht sind diese Bezeichnungen so instruktiv wie die Kompassnadel für die Landkarte.

Auswahl der auch heute noch verwendeten Ausdrücke:
„Uff Schduêgêrd na“ = hinab, weil es im Tal liegt
„uff Bebleng nei“ = hinein
„uff Waldebuach nei“ = hinein, weil sie im Schönbuch drinnen liegen
„uff Schenoach nieber“ (oder nur nieb’) = hinüber, weil es über dem Wald drüben liegt
„uff Ächderdeng naus“ = hinaus, weil es aus dem Schönbuch hinausgeht
„uff Diebeng nuff“ = hinauf, weil Tübingen, im Vergleich zu Stuttgart, hoch liegt, auch in Richtung Oberland (hinauf). Für Tübingen hört man aber vereinzelt auch, vor allem bei der jüngeren Generation „uff Diebeng nei“ = hinein, weil man dabei in den Schönbuch hinein fährt.

Die umgekehrte Richtung wird benannt mit:
„ruff“ = herauf - von Stuttgart
„raus“ = heraus - von Böblingen
„rieber“ = herüber - von Schönaich
„rei“ = herein - von Echterdingen
„ra“ = herab - von Tübingen

Als Lokaladverb bei Landschaften ist üblich:
Schönbuch = „e’n Schebuâch nei“ = hinein
Filder = „uff d’Filder naus“ = hinaus
Alb = „uff d’Alb nuff“ = hinauf
Schwarzwald = „e’n Schwaarzwald nom“ = hinum
Gäu = „e’s Gae nom“ = hinum
für das obere Gäu um Herrenberg = „e’s Gae nuff“ = hinauf
Baden = „e’s Badech nei“ = hinein

Diese Ausdrucksweise hat sich bei den Eingesessenen trotz der kulturellen und technischen Entwicklung unserer Zeit erhalten. Auch mit dem Auto oder dem Omnibus fährt man noch „uff Schduêgêrd na“ und „uff Diebeng nuff“.

Eine Ausnahme von dieser Regel gibt es bei der Richtungsangabe der Stadt ohne Nennung des Namens. Wenn ich an der Omnibushaltestelle einen alten Bekannten treffe, so begrüßt er mich mit „Grüß Gott“ und der Frage, „So, witt au e’d Schdadt nei?“ (Willst Du auch in die Stadt?). Meine Antwort wird dann lauten: „Jô, hâed muâß i’ au âmôl wieder uff Schduêgêrd na!“

Das präpositionale Wort „nach“ verwendet man im übrigen hier nur selten, beispielsweise bei:
nachlaufen = „nôchlaufâ“
nachtragen = „nôchdragâ“
nachgeben = „nôchgea“ - denn das tut der Steinenbronner sowieso nicht gern.

Höchstens gebraucht man das „nach“ noch bei „nachlassen“ = „nôchlau“, aber das tut man hier nie, vor allem nicht beim „schaffâ“.

Wenn Sie diese grammatische Teilübersicht über unsere Mundart verstehen, können Sie bei den Ur-Steinenbronnern restlose Anerkennung finden. Sie werden dann gerne auch weitere interessante Einblicke in das Einmalige und Besondere des Ortsdialekts unserer Gemeinde vermittelt bekommen.

Der Text wurde gekürzt.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors.


Diese Seite drucken
Fenster schließen