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Die Merklinger Kirchenburg


Quelle: Merklingen – ein Gang durch seine Geschichte in Text und Bildern, herausgegeben von der Stadt Weil der Stadt, 1988

Autor: Dr. Siegfried Schütz
Ölgemälde des Merklinger Malers Gottlob Rothacker von 1941

Bild: Ölgemälde des Merklinger Malers Gottlob Rothacker von 1941. (Wir danken dem Heimatkreis Merklingen e.V. für das Veröffentlichungsrecht aus dem Buch „Merklingen – Bilder aus vergangenen Tagen“) – Bitte klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern

Seit dem Jahre 1296 war Merklingen der Mittelpunkt eines Klosteramts der Zisterzienser-Abtei Herrenalb. Mit einiger Wahrscheinlichkeit hatte die frühere Merklinger Burg die Form eines jener üblichen ortsadeligen Wohntürme mit einem erhöht liegenden Haupteingang und spätromanischen Rundbogenfenstern, den dann das Kloster für seinen landwirtschaftlichen Gebrauch in eine Fruchtscheune mit 5 Schüttböden umgestaltete.

Wie man jetzt weiß, wurde [dieses] Steinhaus am Anfang des 15. Jahrhunderts gebaut, nachdem der erste, wahrscheinlich schon steinerne Wohnturm vermutlich beim Dorfbrand zerstört wurde. Dieser große Dorfbrand vom Jahre 1417 zerstörte die Ortschaft weitgehend. Beim Wiederaufbau dürfte man sich wieder an die alten baulichen Strukturen gehalten haben.

Steinhaus

Bild: Das Merklinger Steinhaus

Nach den Untersuchungen von Felix Hammer1* besitzt das Merklinger Steinhaus dieselben Steinmetzzeichen, wie sie auch an der Weiler Stadtmauer in der Spitalvorstadt, am oberen Teil des Weiler Stadtkirchenturms und auch in den Langhauswänden der Tiefenbronner Kirche gefunden wurden. Sie verweisen alle auf dieselben Maulbronner Steinmetze, welche gegen 1420 auch die dortige Klosterkirche und die Klosterküferei erbauten. Auch das Heimsheimer Steinhaus, eine der größten und besterhaltenen Turmburgen, ist, wie dendrochronologische Untersuchungen ergaben, etwa um die gleiche Zeit wie das von Merklingen um 1415 erbaut worden. (...)

Schon gegen Ende des 14. Jh. legten die klösterlichen Grundherrschaften Wehrkirchhöfe an. Es war die Zeit des um sich greifenden Raubritterwesens, wo sich bei uns u. a. auch die Auseinandersetzungen des württembergischen Grafen Eberhards des Greiners mit den Schleglern in Heimsheim abspielten. Die Bevölkerung war ohne Schutz, und viele dieser meist privaten Fehden zwischen den reich gewordenen Adelssippen konnten nur erfolgreich betrieben werden, wenn die Untertanen des jeweiligen Rivalen so empfindlich geschädigt wurden, daß diese ihren Herren keine materiellen Leistungen mehr entrichten konnten. Vom Jahre 1403 stammen die ersten urkundlichen Berichte über die Wehrkirchhöfe von Öschelbronn, Ötisheim und Wimsheim. Erst im Jahre 1414 genehmigte dann der Kaiser Sigismund allgemein ihren Bau. Wenn der Historiker Rebstock in seiner "Beschreibung von Württemberg" berichtet, daß „in diesen gantzen Kirch-Höf die wehrhaft waren, in die 20 Haushaltungen gleichsam als ein Städtlein mit Mauer und Thoren geschlossen" gewesen seinen, so denkt man unwillkürlich an die [in Merklingen] übliche Bezeichnung „Stadt", welche sich ja auf das Kirchenburggebiet bezieht.

Rekonstruktionszeichnung der Kirchenburg

Bild: Rekonstruktionszeichnung der Kirchenburg nach dem Dorfbrand von 1417 mit späterem Rathaus von 1601 (Zeichnung: Ernst Laich; wir danken der Familie Laich für das Veröffentlichungsrecht) – Bitte klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern

Der spätgotische [Kirchenbau], „ein Stückwerk aus verschiedenen Bauepochen", wurde 1425 begonnen und wahrscheinlich 1476 abgeschlossen. Der wuchtige, weitgehend erhaltene Turm erhielt beim Bau der Kirchenburg wohl seine Schießscharten. Um Kirche und Steinhaus herum [entstand] ein dreifacher Schutzring mit einem östlich und zwei nördlich gelegenen Rondellen, einem südlich gelegenen halbrunden Turm und dem Abtshaus im Westen, unmittelbar am Steinhaus angebaut für den Abt als Unterkunft bei seinen hiesigen Aufenthalten. All dies lag im mittleren Ring.

Die mit Schießscharten bestückte, überdachte innere Schutzmauer mochte damals für jeden Angreifer, selbst wenn er den Graben zwischen der äußeren und der mittleren Mauer überwunden hätte, kaum zu nehmen gewesen sein.

Im inneren nördlichen Kirchhofbereich lagen, gut geschützt, drei Hofstätten (Gaden) zur Unterbringung wichtiger Lebensmittel für die schutzsuchende Bevölkerung. Im sogenannten Zwinger zwischen innerer Schutzmauer und mittlerem Ring hatte man den Merklinger Friedhof untergebracht. Wie tief der äußere Wassergraben war, der zeitweilig mit Karpfen besetzt wurde, ist nicht bekannt.

Kirchenburg heute

Bild: Die Merklinger Kirchenburg im Jahre 2006. (Foto: Klaus Philippscheck)

[Um 1852] bestanden von der alten Kirchenbefestigung noch drei Türme und die Sockelmauern mit den Bastionen zum ehemaligen Kirchgraben. Die Zugbrücke zum Torturm hatte man inzwischen durch eine Steinbrücke ersetzt, das baufällige Abtsgemach schon 1838/39 zusammen mit dem Schneller2* abgebrochen. (...)

1

Felix Hammer, „Baumeister, Steinmetze und Maurer in Weil der Stadt und seinen Stadtteilen bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts“, Berichte und Mitteilungen des Heimatvereins, Weil der Stadt, Nr.1/1986.

2

kleinerer, gegen SW gelegener Steg

Der Text wurde gekürzt.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Literaturhinweis:
Siehe zum Thema auch den Artikel „Kirchenburg und Amtshof in Merklingen“ von Helmut Keck; erschienen in den „Berichten und Mitteilungen des Heimatvereins Weil der Stadt“, Nr. 1/1984. Das Heft kann im Stadtarchiv Weil der Stadt erstanden werden.

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