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Münklingen>>Landgraben

„Der altwürttembergische Landgraben“

Quelle: Anhang der OA-Beschreibung Leonberg, 1930

Autor: Peter Goessler (ab 1920 Leiter des Landeskonservatoriums Stuttgart)
Landgraben

Bild: Der noch gut sichtbare, aber weitgehend zugewachsene Landgraben bei Münklingen (Zustand August 2006, Foto: Klaus Philippscheck)

Vorbemerkung: Ein größeres Teilstück der altwürttembergischen Landgräben (siehe Karte) für die Landesverteidigung lief durch den ehemaligen Kreis Leonberg; auf dieses Stück bezieht sich der folgende Text. Nach der Auflösung des Kreises Leonberg durch die Kreisreform vom 1.1. 1973 verblieb ein Teil des erwähnten Landgrabenstücks im Kreis Böblingen, der andere im damals neu geschaffenen Enzkreis. Der Graben ist zum Teil heute noch gut zu erkennen. (Red.)

Meist unter dem Namen „Landgraben“ zieht sich eine durch Wall und Graben bezeichnete Linie durchs ganze Oberamt in seinem westlichen Teil. Sie läuft über die Markungen Münklingen, Hausen1* und Heimsheim, bis dahin identisch mit der im Anfang des 17. Jahrhunderts festgelegten württembergisch-badischen Landesgrenze, daher auch mit der Oberamts– und Markungsgrenze (...). Die allgemeine Richtung ist SSW-NNO. Wo die Linie gut erhalten ist, besteht sie aus einem Wall, der aus dem Aushub des mit spitzer Sohle angelegten Grabens aufgeschüttet ist, und einem nach W vorgelegten Graben. Durchschnittsmaße an den best erhaltenen Stellen: Gesamtbreite von Wall und Graben 6 - 7, von Wall 3, von Graben 3 - 4 m, Wallhöhe bis zu 2 m über und Grabentiefe bis zu 2 m unter dem Wallfuß. Wo die Linie Landesgrenze ist, läuft sie stets innerhalb des württembergischen Gebiets. Da und dort ist der Wall stark verflacht oder auch ganz verschwunden und der Graben eingeebnet, aber beide sind noch als Feldweg oder sonst irgendwie am Bodenniveau zu erkennen (...).

Grenzstein

Bild links: Markstein oberhalb Münklingens; die sog. „Weisung“ auf der Oberseite zeigt, dass an diesem Punkt (auch heute noch!) drei Grenzgebiete zusammenstießen: die württembergischen Oberämter Calw und Leonberg, sowie das badische Territorium um Neuhausen, das sogenannte „Biet“.

[Der Graben] wendet sich an der Stelle, wo Landesgrenze (Württemberg—Baden), Oberamtsgrenze (Calw - Leonberg) und Markungsgrenze (Möttlingen - Münklingen) sich decken bzw. zusammenstoßen, also da, wo er das Oberamt Leonberg und die Markung Münklingen betritt, in stumpfem Winkel gegen NO um, eine Richtung, die er nunmehr mit einer kurzen Ausnahme bis zur Würm beibehält (...):[Er] senkt sich hinab auf die Straße Münklingen - Neuhausen, wird dann deutlich erkennbar als Damm hoch über dem Fußweg, der nördlich der Kuppelzen zum Jakobsbrunnen herüberführt.

Wegweiser

Bild rechts: Der „Zwiesel“, Wegweiser des Schwarzwaldvereins Weil der Stadt – mit Hinweis auf den Landgraben. (Foto: Klaus Philippscheck)

Bald auf Markung Hausen übertretend, ist er als Damm mit breitem Graben auf eine weite Strecke ausgezeichnet erhalten und läuft in leicht schwingender Bewegung nach NO am Steilhang des ihn westwärts überragenden Büchelbergs hin. Hier vor allem wird klar, daß die Linie von Haus aus nicht anders denn als Landesgrenze erklärt werden kann. Der Wall ist mit Schlehen und Wachholder, zum Teil mit richtigem Wald bestanden (...).

Wo er aus dem steil geneigten Muschelkalk in den sanft abfallenden oberen Buntsandstein übertritt, hört er im Feld auf und ist nur noch in einem leichten Graben erhalten. Wo das Gelände wieder anfängt, sich stärker gegen N zu senken, wird er zum immer tieferen Graben, von den Leuten Schanzgraben genannt; bald von dichtem Buschwerk, dann von Wald bedeckt, zieht er sich über eine steile Querterrasse bis zur Würm hinab. Der weitere Verlauf ist nicht zu sehen. Alle Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß wie heute, so auch früher die Würm die Grenze gebildet, also den Landgraben ersetzt hat und zwar etwa bis zu der Stelle, wo die Würm östlich der Frohnmühle aus der NS-Richtung in die OW-Richtung umbiegt. Der Landgraben erscheint wieder als breiter und flacher Graben und als Damm, bis dann der Graben zum Weg wird, von dem der Wall südlich als hoher Damm läuft. (Nach) etwa 330 m biegt er gegenüber einem verlassenen Steinbruch nach N um. Wall und Graben trennt eine allmählich stärker werdende Terrasse. Dort sind auf Markung Heimsheim, die er nunmehr betreten hat, in Flur „Maus“ alte Grenzsteine „M(ühlhausen) – H(eimsheim)“(...).

So, wie die Anlage heute noch erhalten...ist, ist sie nicht einfach zu deuten und in ihrer ursprünglichen und späteren Zweckbestimmung und Veränderung zu erklären. Aber gewiß ist vor allem, daß ihr erster Bau viel älter ist als die Zeit des Deutschen Reichskriegs gegen Frankreich 1689 – 1697. Sicherlich ist sie in die große Landesdefensionslinie einbezogen bzw. an die sog. Eppinger Linien angeschlossen und dann wohl neu armiert worden (...). Aber von Haus aus ist der Landgraben eine viel ältere Anlage und keine militärische Linie gewesen, sondern jedenfalls in seinem größeren Teil eine Landesgrenze. Er hat (allerdings) im 30jährigen Krieg bereits ... als Befestigung gedient, was wohl in Zusammenhang steht mit den kriegerischen Ereignissen des Jahres 16222*, als Württemberg Kriegsschauplatz wurde und der Markgraf von Baden und sein Verbündeter, der württembergische Herzog Johann Friedrich, unglücklich gegen Tilly kämpften. Er mag dann auch in den weiteren Wirren des 30jährigen Krieges gelegentlich ausgebaut worden sein (...).

1

heute Stadtteile von Weil der Stadt

2

1622 verlor Markgraf Georg Friedrich von Baden-Durlach eine bedeutsame Schlacht gegen General Tilly bei Wimpfen

3

Eroberungskriege Ludwigs XIV. (z.B. Pfälzischer Erbfolgekrieg 1688 – 1697) mit enormen Verwüstungen in SW-Deutschland

Der Text wurde gekürzt. Die Originalfassung aus der Oberamtsbeschreibung Leonberg von 1930 ist im Stadtarchiv Leonberg einzusehen.

Nachbemerkung der Redaktion:
Die Forschung geht heute davon aus, dass in einer ersten Phase mehrere württembergische Landgrabenlinien in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts nach Beispiel der reichsstädtischen Landhegen gebaut wurden. In einer 2. Phase durch eine erhebliche Landeserweiterung im Norden durch den Landshuter Erbfolgekrieg und einer 3. Phase nach Tillys Sieg 1622 bei Wimpfen bewilligte der Landtag Gelder zur „Reparierung“ des Landgrabens. Schließlich gewannen die nördlichen Linien wieder große Aufmerksamkeit in den sogenannten Reunionskriegen3* mit seinen Franzoseneinfällen Ende des 17. Jahrhunderts.

Ergänzende Hinweise und Weblinks:
Der Schwarzwaldverein Weil der Stadt hat 2006 den Wanderführer „Kreuz und quer durchs Heckengäu“ herausgegeben. Dabei folgt die „Rundwanderung 15“ ein längeres Stück dem oben beschriebenen Landgraben.

Der nördliche Landgraben zwischen Heuchelberg und Beilstein ist zu einem großen Teil wieder begehbar gemacht und durch einen durchgehenden Wanderweg erschlossen, der auch zwei „Landtürme“ berührt. Eine Broschüre mit Kartenblatt ist beim Schwäbischen Albverein erhältlich.

Die Beschreibung einer Wanderung von Merklingen zum Büchelberg und rund um Münklingen, die auch den Landgraben streift, findet sich auf den Seiten des Schwardwaldvereins Calw. Hier soll auch ein Hinweis gegeben werden zu der sehr bekannt gewordenen „Eppinger Linie“, der Verteidigungslinie, die durch den „Türkenlouis“ ( = Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden) 1695 errichtet wurde.

Internetadresse mit Wanderweg


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