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Mühlenareal nach 10jähriger Sanierung neu in Wert gesetzt Die Ölmühle Weissach Quelle: Leonberger Kreiszeitung vom 6. Juni 2003Autorin: Silke Rudolph | ||||
Auf den ersten Blick scheint die Zeit stehen geblieben zu sein: Stetig dreht sich im idyllischen Strudelbachtal das Wasserrad der Weissacher Ölmühle wie vor 160 Jahren. Dass dabei kein Öl, sondern Strom gewonnen wird, ist das i-Tüpfelchen einer fast zehnjährigen Restaurierung und Sanierung des Mühlenareals, in dem sich Historie und Moderne zu einem harmonischen Ensemble verbinden.
![]() Bild rechts: Eingebettet in die Landschaft des Strudelbachtals: Ölmühle Weissach nach ihrer Sanierung. (Foto: Büro Hansulrich Benz Weissach) Lichtgeflutet präsentiert sich das Architekturbüro von Hansulrich Benz im zweiten Obergeschoss, im ehemaligen Saatenspeicher des Mitte 19. Jahrhunderts erbauten Mühlengebäudes. Jenseits der Glasfront, die an der Westseite die Sicht durch die Holzkonstruktion des Fachwerks frei gibt, weiden Schafe hangaufwärts. Der Blick aus dem gegenüberliegenden Fenster führt in die Tiefe über den mit viel Grün gesäumten gepflasterten Hof. "Als ich 1994 das Anwesen in fünfter Generation von meiner Großtante übernahm, war dort eine einzige Asphaltwüste", erinnert sich der 40-jährige Hausherr.![]() Bild links: Heruntergewirtschaftet und zur Asphaltwüste versiegelt: die Ölmühle unmittelbar vor der Sanierung. Für eine Gegenüberstellung mit der heutigen Situation klicken Sie bitte hier Damals war das Gelände, seit 20 Jahren als Psycho-Soziales-Heim verpachtet, heruntergewirtschaftet. Heute manifestiert sich, wie im Büro, überall im fast vier Hektar großen Areal das Credo des Architekten, der sich nicht nur für die Gestaltung der Gebäude, sondern auch der Erhaltung und Weiterentwicklung von Kultur- und Landschaftsräumen verbunden fühlt. "Mühlen sind in ihrer topografischen Lage eindeutig definiert. Die Einbettung in der Landschaft wird durch die Wasserführung erlebbar. Es war für mich Teil der architektonischen Gesamtkonzeption, diese eindeutigen Strukturen zu erhalten." Dabei war es ihm wichtig, die historischen Mühlen- und Wohngebäude nicht Tod zu sanieren, sondern durchgängig mit viel Liebe zum Detail deren alte Strukturen fühlbar zu machen. Verlorene Substanz wurde mit handwerklichen Individuallösungen an die heutigen Anforderungen angepasst, wie beispielsweise die feingliedrigen Fenster, die sich widerspruchslos in die Fassade einfügen oder die Balkone und Anbauten, die als Applikationen zum Baukörper deutlich spürbar sind.![]() Bild rechts: Gekonnter Dialog zwischen alt und neu: die moderne Wendeltreppe im ehemaligen Saatenspeicher führt zum Büro des Architen Hansulrich Benz. (Foto: Büro Hansulrich Benz Weissach) "Ich genieße es, hier zu arbeiten. Das Ambiente ermöglicht mir hohe Konzentration und verdoppelt meine Leistungsfähigkeit", fokussiert Hansulrich Benz wie er die Identität seines Arbeits- und Wohnortes zeitgemäß entsprechend seinen Lebensansprüchen gemeistert hat.![]() Bild links: Bildet heute wieder das Herz der Anklage: rekonstruiertes Wasserrad der Ölmühle Weissach. Auch die Landschaft und die Wasserkraftanlage wurden in das Sanierungskonzept mit einbezogen. (Foto: Büro Hansulrich Benz Weissach) Vor zwei Jahren begann er mit der Komplettsanierung der Wasserkraftanlage ohne öffentliche Hilfsmittel: "Meine Motivation war der Respekt vor der schöpferischen Gesamtleistung eines Mühlenareals früherer Generationen." In den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts nutzten die Mühlenbauer die Hangausläufer des Hühnerberges, einen Kanal gegenüber des weit ausholenden Strudelbachlaufes zu ziehen, um ein entsprechend großes Wassergefälle zu bekommen, auf dessen Scheitelpunkt zwei Mühlräder die Ölmühle antrieben. Mehr als sechs Dekaden presste die Familie Benz mit Hilfe der gewonnenen Energie heimische Ölsaaten, wie Mohn, Distel, Sonnenblumenkerne, Raps oder Leinfrüchte zu Öl, mit dem im Stroh- und Heckengäu Häuser beleuchtet oder Kartoffeln gebraten wurden. Mit der Erhöhung des Gefälles im Jahr 1906 war nur noch ein oberschlächtiges Wasserrad notwendig, dass dann 1942 im Zuge der Elektrifizierung überflüssig wurde. Architekt Benz sieht das Wasserrad als das Herz der Wassermühle. Deshalb setzte er mit dessen Restaurierung, nachdem der Mühlgraben, inklusive Fischtreppe, neu gebaut war, den Schlusspunkt der historischen Sanierung. Das 7,80 Meter große Rad mit seinen 72 Schaufeln liefert derzeit für acht Haushalte ökologischen Strom. | ||||
Mit freundlicher Genehmigung der Autorin und der Leonberger Kreiszeitung
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