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Das Porsche-Entwicklungszentrum Weissach


Quelle: zeitreise bb

Autor: Dr. Michael Geyer

Bild: Luftbild des Porsche-Entwicklungszentrums in Weissach. (Foto: Luftbild Brugger, Stuttgart. Freigegeben durch Reg.-Präs. Stuttgart Nr. 2/39993. Abbildung mit freundlicher Genehmigung des Landesmedienzentrums BW/Stuttgart) - klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern

Auf der Suche nach einem Standort zur Anlegung eines Prüffelds stieß die Firma Porsche im Januar 1960 auf die Gemarkungen Flacht und Weissach. Diesen Tipp verdankte sie ihrem Weissacher Mitarbeiter Herbert Linge. Das nur 25 km vom Stammwerk Zuffenhausen entfernte Gelände erstreckte sich auf die Markungsteile Roter Grund, Schellenberg, Steingrube und Reutäcker. Es gehörte etwa je hälftig den beiden Gemeinden, die andere Hälfte war in Privatbesitz und in vielen Parzellen zersplittert.

Das steinige und mit zahlreichen Hecken bewachsene Gelände war landwirtschaftlich ziemlich wertlos. Viele Grundstücke waren seit Jahren nicht mehr bewirtschaftet worden. Die landschaftlichen Reize dieses Markungsteils riefen aber alsbald die Naturschutzbehörde auf den Plan, die das Vorhaben verhindern wollte. Der Umweltschutzgedanke war damals in der Bevölkerung noch nicht entwickelt, so dass von Seiten der Einwohnerschaft keine Einwände hörbar wurden. Ganz im Gegenteil hoffte man, mit der Ansiedlung der Firma Porsche nicht nur einen potenten Gewerbesteuerzahler, sondern auch Arbeitsplätze für Einheimische zu bekommen. Diese positive Einstellung zur Firma Porsche ist bis heute geblieben.

Anfang Februar 1960 unterbreitete der Bevollmächtigte der Firma Porsche, Ghislaine E. J. Kaes, den beiden Bürgermeistern Pläne für das vorgesehene Prüffeld. Herr Kaes betrieb das Vorhaben mit größtem Nachdruck.

Die Absicht der Firma Porsche stieß bei den Gemeinderäten von Weissach und Flacht auf einhellige Zustimmung, denn alle bisherigen Anstrengungen um Industrieansiedlungen waren ergebnislos verlaufen. Die ursprüngliche Planung für die verschiedenen Anlagen wurde laufend verändert. Am 7. November 1960 errechnete man den Grundstücksbedarf bereits auf 38 Hektar. Dem tatkräftigen Einsatz von Herrn Kaes war es zu verdanken, dass die Einwände der Naturschutzbehörden bald ausgeräumt werden konnten.

Am 18. November 1960 ging die Genehmigung des Regierungspräsidiums bei der Firma Porsche ein. Nun konnte das Vorhaben realisiert und mit den Grundstückskäufen begonnen werden. Bis zum 28. November 1960, also gerade 10 Tage später, hatte Herr Kaes bereits Kaufverträge über mehr als 200 Parzellen abschließen können. Für die gemeindeeigenen Grundstücke wurde 1 DM/qm, für die meisten Privatgrundstücke 1,50 DM/qm und für eine kleine Fläche besserer Bonität 2 DM/qm bezahlt.

Am 16. Oktober 1961 erfolgte der erste Spatenstich. Schon genau ein Jahr später war die Baustufe 1 - Fahrversuchstation mit Skid Pad (Rundstrecke) und verschiedenen Fahrbahnen - fertig gestellt.

Ehe die gesamte Anlage am 30. Mai 1963 voll erschlossen war, mussten zuvor Fragen der Frischwasserversorgung, der Abwasserbeseitigung und der Stromzufuhr geklärt werden.

Am 8. März 1966 teilt die Firma Porsche mit, es sei geplant, die gesamte Entwicklungsabteilung nach Weissach zu verlegen. Das lässt auf hohe Einnahmen an Gewerbesteuer hoffen, die beiden Gemeinden je hälftig zufließen. Weitere Bauvorhaben werden 1968 genehmigt. Auch dem Wunsch der Firma Porsche auf Erwerb zusätzlicher Flächen wird stattgegeben. Schließlich kann am 1. Juli 1971 das Entwicklungszentrum Weissach (EZW) teilweise in Betrieb genommen werden.

Bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand am 30.9.1988 stand das EZW unter der Leitung von Prof. Dr. h. c. Bott. Er hat das Entwicklungszentrum von der Idee bis zu seiner heutigen Größe verwirklicht. Darunter fällt auch die Realisierung des Gesamtbebauungsplanes für das mittlerweile rd. 68 ha umfassende Betriebsgelände. Damit hat er vorausschauend die Weichen für die künftige Weiterentwicklung des EZW gestellt.

Zeittafel
20.9.19741. Bauabschnitt Bürogebäude fertig. Damit Zusammenlegung von Konstruktion, Versuch und Verwaltung, Kosten ca. 60 Mio. DM.
1981Werkhallenerweiterung auf 4.000 qm Nutzfläche
1984Büro- und Studioerweiterung, 1.7.1985, Casino ist fertig
28.5.1986Eröffnung Windkanal
6.-9.1986Bau des Messzentrums für Aerodynamik, Werkhallenerweiterung, Crash-Anlage
1.4.1989Erweiterung des Prüfgeländes für Motoren und Aggregate
1990Containerlösung für ein Bürogebäude, 1991-1992
1991-1992Weitere Bürogebäude werden erstellt
Am 1.1.1996 betrug die Gesamtfläche des EZW 67ha 20a 00qm, der Anlagewert betrug 280 Mio DM.

Der Mitarbeiterstand entwickelte sich wie folgt:
1.12.1971510 Mitarbeiter
1.10.19741.000, davon 650 Ingenieure und Techniker, 350 gewerbliche Mitarbeiter
1.6.19852.000, davon 1179 Ingenieure, 786 Facharbeiter, 35 Designer
1.2.19912.300, davon 1.500 Ingenieure und Techniker, 800 gewerbliche Mitarbeiter
1.2.1996.800 Mitarbeiter
Fast alle führenden Automobilmarken sind Kunden der Weissacher Denkfabrik. Das EZW beschränkt sich aber nicht auf neue Entwicklungen im Fahrzeug- und Motorenbau, sondern bedient weltweit Kunden aus fast allen Technikbereichen.

Einige Daten aus der Geschichte des EZW:
Mai 1972Tag der offenen Tür: Offizielle internationale Pressevorstellung des EZW
1974Festakt 25 Jahre Porsche-Automobile
1975In Stuttgart Gedächtnisausstellung 100 Jahre Prof. Porsche
1977Vorführung des neuen Typs 928
1992Bremsen-Workshop, Vergleichsfahrten verschiedener Fahrzeuge mit 80 Journalisten
1992Umwelttag


Am 29. Juni 1996 feiert das EZW sein 25jähriges Bestehen, zu dem rd. 1.000 Gäste aus aller Welt erwartet werden.

Illustre Besucher des EZW waren: der Kônig Carl Gustav von Schweden, Prinz Albert von Belgien, Bruno Kreisky, Herbert von Karajan, u.a. An prominenten Sportlern waren zu Gast: Rosi Mittermaier, Martina Navratilova, Ivan Lendl, Thomson, Bernhard Langer und die Rennfahrer Gerhard Mitter, Emerson Fittipaldi, John Watson und Niki Lauda.

Die Firma Porsche hat der Gemeinde Weissach nicht nur wichtige Gewerbesteuer-Einnahmen verschafft, sondern Weissach auch weltweit bekannt gemacht. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass im EZW rd. 300 Weissacher einen Arbeitsplatz gefunden haben. Seit 19. Januar 1996 ist unter dem Dach des EZW auch das neu gegründete „Abgaszentrum der Automobilindustrie" kurz „ADA" beheimatet. Unter dieser Firma betreiben die Automobilfirmen BMW, Mercedes-Benz, Porsche, Volkswagen und Audi gemeinsame Grundlagenforschung zur Verminderung der Schadstoffemissionen bei Motoren.
Literatur:
Willi Schray, Ortsgeschichte Flacht, Hrsg. Gemeinde Weissach, Weissach 1980

Weblinks:
Website der Firma Porsche
Wikipedia - Artikel zu Porsche mit weiteren Links
Gemeinde Weissach

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