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Mörike besuchte 1831 den Bruder in Böblingen und seine Base in Dagersheim Unerwarteter Besuch in Dagersheim Quelle: Kreiszeitung/Böblinger Bote vom 17. Februar 2004Autor: Erich Kläger | ||||
Bild: Eduard Mörike (1804 – 1875), der schwäbische Romantiker, war in Böblingen – und in Dagersheim. Sein Bruder lernte hier Schreiner, seine Base war Pfarrersfrau in Dagersheim. (Bild: Kreiszeitung/Böblinger Bote) Manche versuchen krampfhaft, einen Bezug zum literarischen Jubilar des Jahres 2004 herzustellen. Doch in Böblingen hat man solches nicht nötig, wie der folgende Text über den Besuch Eduard Mörikes zeigt. Er stammt aus Erich Klägers Buch „Geschichte in Gestalten", das im Jahr 2003 erschienen ist.Während der Zeit seines Verlöbnisses mit Luise Rau, war es eine Frage der Schicklichkeit, dass Mörike diese Braut einmal seiner Base Klara Neuffer vorstellte, die mittlerweile als die Frau des Pfarrers Schmid in Dagersheim lebte. Der Besuch war etwas heikel, denn man wusste von einer frühen Neigung Mörikes zu seiner Base, was deren Mutter aber zielstrebig hintertrieb. Dass sich Klärchen bald darauf verlobte, empfand er als eine schwere Täuschung, die lange anhielt. Klaras Verlobung war 1823 und zwar mit Christian August Schmid. Wo immer Mörike später auf diesen Vikar Schmid traf, reagierte er auf eine verräterische Weise wie im folgenden Brief, aus dem ein schmerzlicher Sarkasmus spricht; er schildert darin das Unbehagen, in das er dadurch geraten ist, dass er 1827 im Pfarrhaus von Köngen gerade diesem Schmid unmittelbar als Verweser nachfolgen musste: „Mein Vorfahr ist Herr Chr. Schmid, den Klärchen Neuffer glücklich macht: ich schreibe auf seinem Tisch, mit seiner Tinte, alle seine Effekten liegen noch um mich herum (weder ist er noch ich mit Sack und Pack auf- und abgezogen)- und ich soll kein Herzweh dabei bekommen, schwere Träume in seinem Bett und dergleichen? Ein wenig, aber gar nicht viel, kann ich dich versichern. Er ist nun angestellt und lässt mich in seine alten Fußstapfen treten, so wie ich ihn einmal in die meinigen, das ist doch billig von ihm, gelt? Ein Dienst ist des andern wert". Bild: Im alten Pfarrhaus (längst abgerissen) besuchte Mörike seine Base Klara. (Foto: Privat) Mit Verlaub, aber dieses „ein wenig, aber gar nicht viel" nehmen wir ihm nicht ab. Aus dieser Wunde tropfte auch noch nach Jahren ganz frisches Blut, wie diese Briefstelle zeigt: (Klara Neuffer verh. Schmid war kränklich; sie starb bereits 1837 an Lungenschwindsucht): „ ... schon mehrmal habe ich bemerkt, dass das gute und einst verblendete Klärchen eine Reue in dieser Sache vor sich selber verbirgt." Bei Abschied am Krankenbett „zog sie ihre Hand, die sie mir selbst hingereicht hatte und die ich einige Sekunden in der meinigen behielt, sonderbar zurück. Ich hatte sie in diesem Augenblick unbeschreiblich lieb und wandte mich, eh mir der Mut verloren gehen wollte, hinweg . . . Genug! ach schon zuviel. Du könntest glauben, die Sache wäre mir allzu wichtig!"Zum Beweis der Lauterkeit seines Brautstandes mit Luise Rau war es nach allem offensichtlich notwendig, dass er sein Verhältnis zu „Bernhausen", der Familie seines Onkels, des Pfarrers Neuffer und zu Klärchen allen in der wünschenswertesten Entspannung und Herzlichkeit vorführte. Dem diente wohl ein Besuch mit Luise in Dagersheim im Sommer des Jahres 1831, zu dem er sich durchringen musste. Klärchens Vater, schrieb er darüber: „Verehrter Herr Onkel! Ich habe das Vergnügen, Ihnen die beste Nachricht von dem Wohlsein Ihrer Lieben in D.(agersheim) geben zu können und dann zu sagen, wie lieb und vergnügt unser Aufenthalt daselbst gewesen. Nachdem wir in Böblingen ein wenig Halt gemacht und den Adolph überrascht hatten (der Bruder Mörikes war hier in einer Schreinerlehre. Der Verf.), zog man die freundliche Straße, die ich seit Jahren wohl öfters in Gedanken und Wünschen gemessen hatte(!). Der stille Geist von Einsamkeit, welcher die Gegend bezeichnet, verdient das Beiwort „öde" wahrlich nicht und hat im Gegenteil mich sogleich herzlich eingenommen; gewiß, dieses Plätzchen ist wert, daß so liebe und gastfreundliche Leute es bewohnen, dergleichen wir im Pfarrhaus fanden." Als er anderthalb Jahre später das Angebot der Pfarrstelle in Döffingen ausschlug, für die Braut eine ganz unverständliche Ablehnung, hatte dies gewiss andere als klimatische Gründe, die er sonst ins Feld führte, wenn er eine angebotene Stelle verwarf. Hätte die Braut Luise schon eine Landkarte zur Hand gehabt und nachschlagen können, wäre ihr wohl ein Licht aufgegangen: Dies Döffingen, im lieblichen Tal der Schwippe, liegt nur ein rechter Steinwurf entfernt hinter- Dagersheim.
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Zu Eduard Mörike finden Sie in zeitreise-bb noch den Artikel „In angenehmen Verhältnissen - Mörike in Eltingen“ Mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Kreiszeitung/Böblinger Bote Diese Seite drucken |
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