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Die Dagersheimer Schulmeisterfamilie Kolb

Ihre Herkunft und die Verbindung zu General de Gaulle

Quelle: Heimat Schönbuch und Gäu. Ausgewählte Beiträge zur Geschichte einer Landschaft und ihrer Menschen. Festgabe für Landrat i. R. Karl Hess zu seinem 75. Geburtstag am 10. August 1986, S. 136-142. (Veröffentlichung des Heimatgeschichtsvereins für Schönbuch und Gäu e.V., Bd. 17)

Autor: Karl Hess

Bild: Der französische Staatspräsident Charles de Gaulle. (Bild aus Karl Hess: Heimat Schönbuch und Gäu, Böblingen 1986)

Im Gedenkjahr an den Dagersheimer Schulmeister und Pietisten Immanuel Gottlieb Kolb (1784-1859) mit dem 200. Geburtstag und 125. Todestag wird gewöhnlich erwähnt, dass schon sein Urgroßvater Schulmeister in Dagersheim war. Aber darüber hinaus sind noch fünf weitere Generationen Kolb bekannt, wovon drei auch schon Schulmeister am Schönbuch und im Gäu waren. Anlass zur weiteren Nachforschung nach der Herkunft dieses Stammes Kolb waren aber nicht die Dagersheimer Schulmeister, sondern der französische Staatspräsident General Charles de Gaulle, der bei seinem Staatsbesuch in der Bundesrepublik im September 1962 bei einer Pressekonferenz den staunenden Zeitungsleuten erzählte, er sei deshalb so gern nach Baden-Württemberg gekommen, weil der Großvater seiner mütterlichen Großmutter, also sein Ururgroßvater Louis-Philippe Kolb aus Durlach stamme.

Dieser war, wie bei den einsetzenden Nachforschungen festgestellt wurde, am 19. August 1761 im benachbarten Grötzingen geboren; nach dem frühen Tod des Vaters kam die Familie durch eine 2. Heirat der Mutter nach Durlach. Eine eingehende Darstellung der Abstammung hat der als gründlicher Familienforscher bekannte Ernst-Otto Braasch1*, erarbeitet („Die baden-württembergischen Vorfahren von General Charles de Gaulle" im Archiv für Sippenforschung 1965/66 S. 289 und 415).

Der Stammvater Andreas Kolbe (auch Colbius, lat. Pyphäus) kam aus Heyda bei Bamberg und wurde 1539 an der Universität Marburg immatrikuliert, was damals nicht nur für Studenten, sondern auch für geschäftlich mit der Hochschule verbundene Personen üblich war (als „Universitätsverwandte"). Kolbe war nämlich Buchdrucker und machte sich als solcher 1543 in Marburg selbständig; unter anderem wurde die Hessische Kirchenordnung von 1566 bei ihm gedruckt. Ein Sohn Augustin Kolbe führte die Universitätsdruckerei fort, ist aber schon 1585/86 gestorben. Dessen Sohn Peter Kolb kam auf seiner Wanderschaft nach Tübingen, wo er als Geselle in der Druckerei Georg Gruppenbach arbeitete, wo auch die erste württembergische Bibel und ein Großes und Kleines Kirchengesangbuch für Württemberg gedruckt wurden. Er heiratete 1592 in Tübingen. Nach dem Bankrott der Druckerei finden wir Peter Kolb ca. 1606-10 als Schulmeister in Bondorf wieder (Ortssippenbuch Bondorf 1983 Nr. 1341); nach dem Tod seiner ersten Frau wird er hier mit der Witwe des Jerg Sinner in Tübingen Anna geb. Heß proklamiert, Heirat in Tübingen am 3. Mai 1609. Ihre Eltern sind der Beck Matthes Heß und Elisabeth Hosch, die durch ihren Sohn Christoph auch zu den Vorfahren von Grace Kelly, Fürstin von Monaco, gehören. Später ist er Schulmeister in Entringen, wo er am 30. Juni 1640 begraben wurde. Der Sohn Johannes Walter Kolb ca. 1617-82 wirkte seit 1651 als Schulmeister in Liebenzell, ab 1664 im Heimatort Entringen. Nachfolger ist dann dessen Sohn Johann Konrad Kolb (1653-1690), der bei seinem frühen Tod aus der Ehe mit Anna Dorothea Göbtfried (1656-1733) drei Söhne hinterlässt, mit denen sich die Abstimmungslinien des Generals de Gaulle und der Dagersheimer Schulmeister trennen. Neben dem Schulmeister-Beruf kamen durch die Heirat Göbtfried auch der Beruf des Barbiers und Chirurgen bei den weiteren Nachkommen herein, wie später auch beim mütterlichen Großvater von Immanuel Gottlieb Kolb, Johann Friedrich Metzger in Schönaich, diese beiden Berufe vereinigt sind.

Bild: Gemeinsame Stammlinie Kolb - De Gaulle - Für eine Gesamtansicht klicken Sie bitte hier

Ludwig Philipp Kolb, der Vorfahr de Gaulles, kam in jungen Jahren ins Schweizer Regiment des Fürstbischofs von Basel und damit ins Innere Frankreichs. Als schweizerische Truppen in der Revolution den französischen König bis zum letzten Blutstropfen verteidigten, wurden die Schweizer Regimenter im September 1792 aufgelöst, weil sich der ganze Hass der französischen Revolutionäre gegen sie richtete. Ludwig Philipp Kolb machte von der Möglichkeit Gebrauch, als französischer Staatsbürger im Lande zu bleiben, und brachte es zu einer bedeutenden Stellung in der französischen Tabakregie und zum Ritter der Ehrenlegion.

In Dagersheim haben Angehörige der Familie Kolb, einschließlich eines Schwiegersohnes Jakob Walter, in vier Generationen die Schule betreut, von 1716 bis 1850; dabei hatte der erste Georg Christoph Kolb, der aus Entringen kam, eine Dienstzeit von 41 Jahren, sein Urenkel, eben der Dagersheimer Ehrenbürger Immanuel Gottlieb Kolb, eine Dienstzeit von 43 Jahren! Sicher hat sich bei diesem letzten Schulmeister der Kolb in Dagersheim nicht nur die besondere Anlage und Hingabe für den Lehrerberuf erneut verstärkt, er ist auch bewusst ledig geblieben und konnte so seine ganze Kraft der Schule und später auch der Hahn'schen Gemeinschaft widmen, in die er rasch hineinwuchs, um nach dem Tod des Gründers Michael Hahn im Jahre 1819 einer der führenden Köpfe und Mitherausgeber von Hahn's Schriften zu werden.

Die Dagersheimer Schulmeister sind in dem nach Aufzeichnungen von Lehrer Friedrich Essig herausgegebenen Heimatbuch (1966) im einzelnen aufgeführt; die Lehrer aus der Linie Kolb ergeben sich auch aus der anschließenden Ahnenliste von I. G. Kolb.

1

früher beim Landeskirchlichen Archiv in Karlsruhe, 1986 in Kassel

Ahnenliste von Immanuel Gottlieb Kolb (1784 – 1859) als pdf-Dokument

Für einen Stammbaum des Dagersheimer Zweigs der Familie Kolb klicken Sie bitte hier.

Mit freundlicher Genehmigung des Familie Hess und des Heimatgeschichtsvereins für Schönbuch und Gäu e.V.

Der Artikel erschien erstmals im Jahre 1984 in der heimatgeschichtlichen Beilage des Böblinger Boten „Aus Schönbuch und Gäu“, S. 27 – 28.

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