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Ehningen und seine Schlösser


Quelle: Häuser und Inschriften in Ehningen - Zeugen der Ortsgeschichte (Ehningen - Beiträge zur Ortsgeschichte), hrsg. von der Gemeinde Ehningen in Zusammenarbeit mit dem Heimatgeschichtsverein Ehningen e.V., Geiger-Verlag, Horb a. N., 1991, S. 112-121

Autorin: Ulrike Weiß

Bild: Ehningen und seine beiden Schlösser im Jahre 1681 auf der Kieserīschen Forstkarte. (Abbildung mit freundlicher Genehmigung des Landesmedienzentrums BW/Stuttgart) - klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern

Seit dem Mittelalter gab es in Ehningen zwei Schlösschen, ein drittes erhob sich wenige Kilometer entfernt in Mauren. Alle drei finden im Lauf des 14. Jahrhunderts erste urkundliche Erwähnung, bestanden aber sicher schon länger. Die beiden Ehninger Burgen lagen südlich der Würm, während sich das Dorf nördlich der Würm ausbreitete.

Die Untere Burg
Die Untere Burg ... fiel mit den Besitztümern der Kartause Güterstein nach der Reformation an das Haus Württemberg. ... 1627/28 ließ Herzog Johann Friedrich das Gebäude abreißen und von Heinrich Schickardt ein neues komfortableres Schlösschen errichten, das seine Schwester, Prinzessin Anna, bewohnte. 1652 wurde das Schlösschen verkauft und wechselte mehrfach den Besitzer. ... Das Schloss war fortan nur noch zeitweise bewohnt und geriet in Verfall. Im März 1768 wurde es an sechs Ehninger Bürger verkauft, die die Gebäude bald abbrachen. ... Nicht an den Gebäuden der Burg waren die Käufer interessiert, sondern an den "hiernach Zugehörden, Recht und Gerechtigkeiten", nämlich mehrerer steuer- und abgabefreier Wiesen, drei Fischwassern, verschiedenen Wegerechten sowie den "Gerechtigkeiten" des Schlossherren gegenüber dem "Flecken Ehningen", d.h. einem Anspruch auf die zweifache Menge an Brennholz und allen Einkünften der "Allmende" (dem vom Dorf gemeinsam bewirtschafteten Feld-, Wald- und Wiesenbesitz) und auf eine doppelte Stimme bei der Wahl des Schultheißen.1* Von der Unteren Burg zeugen heute nur noch Bezeichnungen wie "Burgwiese" oder "Burgstraße". ...

Bild: Breitschwertsches Schloss bei Ehningen "nach dem Böblinger Vorst Lager- und Steinbuch 1681 nachgezeichnet, 8. März 1857", Aquarell, 15x15 cm. (Abbildung mit freundlicher Genehmigung des Landesmedienzentrums BW/Stuttgart) - klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern

Die Obere Burg
Im frühen 14. Jahrhundert gehörte die Burg den Herren von Ehningen. Sie hatte die zeittypische Form: ein gut mannstiefer, breiter Wassergraben umgab die Ringmauer, die ein Areal von 37 x 33 Metern einfasste, und, bei einer Stärke von 1,50 Metern, 7 Meter hoch war. In einer Ecke befand sich der Bergfried, ein Wohnturm von 15 x 8 Meter Grundfläche, der die Ringmauer nach außen nicht überragte. Unterhalb der Mauerkrone lief auf der Innenseite ein Wehrgang um die gesamte Anlage.

Die Burg wechselte mehrfach den Besitzer. 1515 erwarb sie Martin Klemm von Ringelstein, Forstmeister in Nagold, der das Anwesen um- und ausbauen ließ. ... Ein Bild davon wie das Schloss ausgesehen hat, vermittelt das Böblinger Forstbuch des Andreas Kieser von 1681, in dem die beiden Ehninger und das Maurener Schloss abgebildet sind. Demnach trug die Ringmauer im Norden und Westen verputzte bzw. gemauerte Aufbauten; auf den Bergfried in der Nordostecke war nachträglich ein dreistöckiger Fachwerkbau aufgesetzt worden. An der Gestalt des Schlosses änderte sich bis zum Jahr 1754 offenbar wenig; die Besitzer wechselten allerdings zunächst noch einige Male. Seit 1564 gehört das Schloss Franz Kurz, Geheimer Kammersekretär Herzog Christophs von Württemberg ... . Er legte 1573 eine Beschreibung des Schlosses und vor allem des zugehörigen Besitzes und aller "Gerechtigkeiten" an, die im Schlossarchiv erhalten ist. Zu den Rechten und Pflichten des Schlossherrn gehörte ein Anspruch auf den vierfachen Anteil des Ertrags (an Holz, Heu, Obst etc.) der Allmende, wie er einem Ehninger Bürger zustand. Auch hatte die Gemeinde Bauholz zu liefern, falls der Schlossherr Umbauten vornahm. ...

1580 verkaufte seine Witwe den gesamten Besitz an Herzog Ludwig von Württemberg, der ihn seinem Kanzler Dr. Johannes Brastberger zu Lehen gab. Seitdem ist das Schloss stets in derselben Familie weitervererbt worden.

Bild: Ostflügel des Ehninger Schlosses im Jahre 2003 - klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern

Das Obere Schloss in Besitz der Familie Breitschwert
1639(?) wurde das Schloss von einem Urenkel des Kanzlers Brastberger, Felix Wilhelm Breitschwert, übernommen. Sein Sohn erwarb 1681 auch das Untere Schloss in Ehningen, wo die Familie offenbar wohnte, bis sie das Anwesen 1714 wieder verkaufte.

Im 18. Jahrhundert scheint sich die Familie finanziell verschlechtert zu haben. Schon Ende der zwanziger Jahre befahl der Herzog von Württemberg die Renovierung des baufällig gewordenen Schlosses. (Der Herzog war der Besitzer, die Breitschwerts hatten als Lehensnehmer das erbliche Nutzungsrecht, aber damit auch Pflichten). ... Doch erst 1754 konnte der damalige Besitzer, Eberhard Felix Wilhelm Breitschwert, dem herzoglichen Befehl nachkommen. ... Da er "an eigenen Mitteln solches zu thun unvermögend ware" beteiligte sich seine Frau mit mehr als 3000 Gulden baren Geldes aus ihrem Vermögen. ... Der nächste Schlossherr, Karl Heinrich Felix Breitschwert, verwaltete den Besitz so schlecht, dass er schließlich sogar unter Vormundschaft gestellt wurde. Nach dessen Tod im Jahr 1796 übernahm sein jüngerer Bruder Johann Ludwig Christian (1758-1841) das Erbe ... und entschloss sich offenbar zu einer umfassenden Sanierung. Er renovierte das Wohnhaus, erneuerte Stall und Scheuern, legte mehrere Wiesen trocken und ließ den Wassergraben um das Schloss zuschütten.

Die nächste grundlegende Instandsetzung war erst Anfang dieses Jahrhunderts nötig. Siegfried von La Chevallerie, der 1913 die Erbschaft angetreten hatte, ließ vor seinem Einzug 1919 die Gebäude renovieren. ... 1927 brannten die Wirtschaftsgebäude, d.h. der Südost- und Südflügel des Schlosses ab. Stall und Scheuer wurden in Fachwerktechnik wieder errichtet; außerdem erweiterte man den Ostflügel nach Süden. Die Scheuer, die ehemals die Südwestecke einnahm, errichtete man aus Sicherheitsgründen nicht mehr. ...

Die ehemals von einem Wassergraben umgebene mittelalterliche Ringmauer ist, wenn auch vielfach ausgebessert, bis heute erhalten. ... Seit je her Schau- und Eingangsseite ist die dem Dorf zugewandte Nordfront des Schlosses. Früher lief die Straße direkt auf den Schlosseingang zu und endete dort. ... Die Mitte nimmt, heute wie vor 500 Jahren, das Eingangstor ein, früher durch eine Zugbrücke über den Wassergraben zu erreichen. ... In der Nordostecke der Ringmauer erhebt sich das Hauptwohngebäude auf den Grundmauern des Bergfrieds aus dem 14. Jahrhundert. Schon nach 1515 wurde dort ein dreistöckiger Wohnbau aufgesetzt, und an derselben Stelle wurde 1755 das neue Wohngebäude errichtet. Sein Mansardwalmdach2*, eine typische Bauform der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, prägt bis heute die Gesamterscheinung des Schlosses. ...

Ortsadel in Ehningen
War auch die finanzielle Situation des Ortsadeligen, ..., nicht immer glänzend, seine soziale Stellung im Dorf war immer etwas besonderes. Als einziger Bürger wohnte er nur zeitweise in Ehningen, stand als Offizier in auswärtigen Diensten oder hatte als Jurist Hofämter in Stuttgart inne. Selbst wenn er hauptberuflich seine Landwirtschaft umtrieb, wird er doch kaum selbst Hand angelegt haben. Für's "Grobe" hatte er einen Verwalter, meist vermutlich einen gebürtigen Ehninger. ... Häufig sind der Burgherr und seine Frau als Paten der Dorfkinder im Kirchbuch verzeichnet, und auf dem Friedhof erhielten sie aufwendige Grabsteine mit langen Inschriften. ...

1

Das Original des Kaufvertrags befindet sich heute noch in Besitz der Nachkommen eines der Käufer.

2

Als Walmdach bezeichnet man eine Dachform, bei der die Giebel des Satteldachs durch schräge Dachflächen ersetzt werden. Beim Mansarddach (nach dem franz. Baumeister F. Mansart) ist der untere Teil des Daches steiler abgenickt als der obere. Dadurch lässt sich der untere Teil leichter als Wohnraum nutzen. Das Mansardwalmdach kombiniert beide Formen.

Der Text wurde gekürzt

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Gemeinde Ehningen und des Heimatgeschichtsverein Ehningen

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