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Findling und Steinbruch

Quelle: „Schönbuch Museum“, Katalog hrsg. von der Gemeinde Dettenhausen und der Forstdirektion Tübingen, 1992

Autor: Ulrich Hägele
Nachweislich seit 1383 durften die Bewohner der Schönbuchgemeinden lose herumliegende Steine unentgeltlich aus dem Schönbuch abtransportieren, sofern dabei keine größeren Spuren zurück blieben. Die Definition, was ein Findling sei, oblag den Forstämtern. Diese wollten möglichst viel am Steinabbau verdienen und erkannten dementsprechend wenige Steine als Findlinge an. Sogar ein ausgesprochenes Findlingsgebiet wie der Schaichberg von der Hummels- bis zur Mönchsklinge verpachtete die herrschaftliche Verwaltung mindestens 300 Jahre lang wie einen Steinbruch.

Aufgelassener Steinbruch

Bild rechts: Aufgelassener alter Sandsteinbruch am Betzenberg bei Waldenbuch. (Foto: Klaus Philippscheck)

Wesentlich ergiebiger als die Suche nach Findlingen waren die angelegten Steinbrüche, obwohl die Steinbrecher zunächst mit Schwierigkeiten zu rechnen hatten: unbekannt waren die Höhe des zu beseitigenden Abraumes und die Dicke und Qualität des Steinflözes. Die Forstbehörden verpachteten die Steinbrüche flächenweise und befristet an Interessenten; mitunter erhoben sie auch eine Gebühr pro gebrochenem Mühl- oder Baustein.

Historische Aufnahme

Bild links: Historische Aufnahme von Steinhauern im Sandsteinbruch. (Foto von Ulrich Hägele zur Verfügung gestellt) – Klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern

Die Steine wurden mit Keilen, Spaltschrotern und Brechstangen aus dem Fels herausgelöst und mit Menschen- und Pferdekraft abtransportiert. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts erleichterten Sprengmittel die Arbeit - mit Loren fuhren Steinbrecher und Tagelöhner den Abraum über ein weit verzweigtes Schienensystem auf Halde. Erst als die Steinbrüche um 1920 elektrifiziert waren, kamen Preßluftbohrer zum Einsatz. Ein zentral postierter Kran konnte nun die Steine heben. Traditionelle Hilfsmittel wie Trage und Schubkarre blieben jedoch bis zur Gegenwart unentbehrlich.

In den Seitentälern des Schönbuchs (Klingen) fiel der Abbau des Materials am leichtesten, da die Keuperstufe dort abbricht und der Stein offen zutage tritt. Noch an Ort und Stelle hieben Steinhauer die schweren Brocken in Form. „Verschlagene“ Rohlinge blieben liegen und sind heute Zeugen des frühen Mühlsteinhauergewerbes im Schönbuch.

Hoppelesklinge

Bild: Hoppelesklinge am Südrand des Betzenbergs; in diesem ehemaligen Sandsteinbruch sind die liegen gelassenen Mühlsteine noch gut zu erkennen. (Foto: Klaus Philippscheck) – Klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern

Bis zum Endprodukt Mehl sind in der Getreidemühle mehrere Mahlgänge notwendig. Läufer- und Bodensteine aus dem Schönbuch brachen im Gerbgang die Spelzen (Körnerschalen) des Dinkels auf. Gerade die Stubensandsteine mit ihrer groben, höckrig-löchrigen Oberfläche waren hierfür ideal geeignet. Das in ein exakt zentriertes Loch eingefüllte Mahlgut (Getreide) führten glatte Flächen und Rillen während des Mahlvorganges nach außen. Dabei nutzte sich (besonders) der „Dettenhäuser Mühlstein“ wegen seines kieseligen Bindemittels nur langsam ab. Die Vorteile lagen auf der Hand: während Mühlsteine aus anderen Gegenden circa alle acht Tage einen Nachschliff nötig hatten, kam der „Dettenhäuser“ mit wesentlich längeren Nachbehandlungsintervallen aus.

Altes Fuhrwerk

Bild: Altes Fuhrwerk mit Bausteinen. (Foto: Schönbuch Museum Dettenhausen)

Die Mühlsteine aus den Steinbrüchen des Schaichtals waren gefragte Exportartikel. Vor allem Kunden aus der Schweiz orderten regelmäßig neue Steine für ihre Mühlen. Der Naturforscher G. F. Rösler beehrte Dettenhausen im Jahre 1795 gar mit dem Titel »Vaterland der Mühlsteine«. Seinen Nachforschungen zufolge seien „viele tausend Mühlsteine“ von der Schaich bis nach Ulm und von dort über die Donau „ins Bayerische und Österreichische und (der gemeinsamen Sage nach) weiter bis in die Türkey“ exportiert worden.

Textanlage: Stubensandstein

Anmerkung der Redaktion:
Wir veröffentlichen diesen Text, obwohl die Gemeinde Dettenhausen zum Kreis Tübingen gehört, weil sehr viel vom hier Gesagten auch für die Waldenbucher Sandsteinbrüche gilt. Wir danken hiermit der Gemeinde Dettenhausen und dem Autor für das Veröffentlichungsrecht von Text und historischen Fotos.

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