Gebersheim>>Albrecht Goes

Morgens Bach - mittags Schubert - abends Brahms

Quelle: Leonberger Kreiszeitung vom 9. Juli 2003

Autor: Rainer Enke

Lebendig berichtete Elisabeth Faber am Donnerstag im Gebersheimer Bauernhausmuseum über ihre Erinnerungen an das Leben im Gebersheimer Pfarrhaus und an Albrecht Goes.

Nach einer Führung von Ursula Daeneke durch das Museum versammelten sich die Eltinger im Vorraum der Scheuer, wo Elisabeth Faber ihre Erinnerungen, Einschätzungen und Anekdoten aus dem Hause Goes lebendig werden ließ. Der Dichter Albrecht Goes war, mit Ausnahme von fünf Jahren im Zweiten Weltkrieg, von 1938 bis 1954 Pfarrer in Gebersheim. Elisabeth Faber ist eng mit seiner Tochter Brigitte befreundet und hatte viel Zeit im Pfarrhaus mit der Familie verbracht.

Elisabeth Faber erinnerte sich an die anspruchsvollen Predigten von Albrecht Goes, die regelmäßig viele Gebersheimer und auch Menschen von außerhalb anzogen. Trotz seines Intellekts sei er gut aufgenommen und als Dichter und Denker akzeptiert worden. „Er war sehr streng im Konfirmandenunterricht, wir mussten vieles auswendig lernen und wurden genauestens abgehört.“ Aber lebendig sei der Unterricht gewesen, denn Goes hatte schauspielerisches Talent und spielte viele Bibelszenen nach. Unvergessen auch die "Christenlehre" sonntags um 13 Uhr. Goes schrieb für die Konfirmanden etliche Evangelienspiele und die fröhliche "Christtagslitanei", mit Proben in der Sakristei „rund um den Kanonenofen“. Unvergessen sind ihr die Kindergeburtstage im Pfarrhaus, zu denen immer der gesamte Mädchenjahrgang eingeladen war. „Dort gab es nie viel Geld, aber es war auch nie ärmlich", blickt Elisabeth Faber zurück.

Besonders erinnert sie sich an Goes' Frau Elisabeth, die während der Nazizeit eine jüdische Familie im Pfarrhaus versteckt hatte. Versorgt wurden die Versteckten von „zuverlässigen" Bauern aus der Umgebung, unter anderem auch von zwei Onkel Elisabeth Fabers. Für Elisabeth Goes wurde in der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem ein Baum für ihre mutige Tat gepflanzt.

Albrecht Goes hatte einen großen Bekannten- und Freundeskreis, dazu gehörten Martin Buber, Thomas Mann, Theodor Heuss, Gustav Heinemann, Bruno Walter oder der Verleger Peter Suhrkamp. „Mit ihnen hatte er einen lebhaften Briefwechsel, mindestens vier bis fünf Briefe schrieb er täglich.“

Albrecht Goes war ein ausgezeichneter Klavierspieler, hörte morgens gerne Bach, mittags Schubert und abends Brahms. Er liebte die niederländischen Maler, vor allem Vermeer. Goes setzte sich mit dem Schriftsteller Reinhold Schneider und Pastor Martin Niemöller gegen die Wiederbewaffnung ein. Sein Credo war, man müsse auch für Gegner argumentieren können, um Freunde zu erkennen. Beendet wurde der Abend mit einem Tondokument. Albrecht Goes las mit kehliger, klarer Altherrenstimme aus seinen Gedichten, darunter das eindringliche „Sieben Leben möchte ich haben“.

Mit freundlicher Genehmigung der Leonberger Kreiszeitung

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