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Von der Stammburg zum Schlosshotel

Das Höfinger Schloss

Quelle: zeitreise bb

Autorin: Susanne Schmidt

Bild: Steil über dem Glemstal liegt Schloss Höfingen. Die umliegenden Apartmentblocks stammen aus den 1970er-Jahren - für eine alte Ansicht klicken Sie bitte hier

Weithin sichtbar erhebt sich am Ortsrand von Höfingen die markante Silhouette des Höfinger Schlosses. Hoch über dem Glemstal gelegen, erinnert das trutzige Gemäuer an längst vergangene feudale Zeiten, als von hier aus der Ortsadel über 700 Jahre lang die Geschicke des Dorfes bestimmte. Heute ist an dem Anwesen höchstens noch das Essen „feudal“. Seit nunmehr drei Jahrzehnten beherbergt die einstige Stammburg der „Truchsessen von Höfingen“1* ein Hotelrestaurant.

Wann die seit etwa 1100 nachweisbaren „Herren von Höfingen“, die sich seit Ende des 13. Jahrhunderts mit dem Titel eines „Truchsessen“ schmücken durften, ihre Stammburg erbaut haben, ist nicht genau bekannt. Auch über das Aussehen der mittelalterlichen Anlage kann man nur Vermutung anstellen. Im süddeutschen Raum waren im 12. Jahrhundert speziell beim niederen Adel rechteckige Wohntürme in Mode gekommen. Auch für die Höfinger Burg hat sich die Bezeichnung „der Turm“ überliefert.

Genauer Bescheid wissen wir über Anlass und Zeitpunkt ihrer Zerstörung. Ende des 14. Jahrhunderts war Hans Truchseß von Höfingen maßgeblich am sog. „Schlegleraufstand“ beteiligt. Die Rittervereinigung der „Schlegler“, so benannt nach ihrem gemeinsamen Abzeichen – einer Keule (Schlegel), hatte versucht, sich gegen die immer weiter zunehmende Macht der württembergischen Landesherren aufzulehnen. Nachdem Graf Eberhard III. („der Milde“), die Schlegler im Jahre 1395 bei Heimsheim besiegt hatte, ließ er die Burgen seiner unbotmäßigen Vasallen schleifen. Auch die Höfinger Burg wurde damals zerstört.

Es heißt, der Bruder des ins Ausland geflohenen Truchsessen habe nachweisen können, dass er nicht am Aufstand beteiligt war. Daraufhin zahlte ihm Graf Eberhard eine Entschädigung. Diese, so steht zu vermuten, wird in den bald darauf erfolgten Wiederaufbau der Burg geflossen sein.

Bild: An der Nordseite des Höfinger Schlosses kann man im unteren Bereich Reste der mittelalterlichen Bausubstanz erkennen. Die Fachwerkgeschosse wurden Ende des 16. Jahrhunderts errichtet - klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern

Im eigentlichen Sinne „mittelalterlich“ sind an dem heutigen Gebäude nur noch Bereiche des aus Stein ausgeführten Unterbaus. Spuren ehemaliger Umbauaktionen, lassen sich vor allem an der Nord- und Ostseite gut erkennen. Die darüberliegenden Fachwerkschosse stammen aus dem 16. Jahrhundert. Vermutlich ließ Hans von Höfingen, als Obervogt in Tübingen in landesherrlichen Diensten stehend, die spätmittelalterliche Burg um 1582 zu einem neuzeitlichen Wohnsitz ausbauen. Damals wurde auch der alte Burggraben zugeschüttet. Am Turm kann man heute noch das Wappen seiner Frau, Barbara von Neuneck, erkennen.

Als das Geschlecht der Truchsessen von Höfingen im Jahre 1711 ausstarb, fielen das Schloss und seine Güter zurück an die Landesherren. Diese belehnten damit 1720 die aus Niedersachsen stammende Familie von Mützeschefahl. Nachdem auch diese Familie 1761 ausgestorben war, pachtete erstmals ein Bürgerlicher, „Cundrad Grötzinger, Bürger und Beck“, das Anwesen. Schließlich wurde das Schlossgut Anfang des 19. Jahrhunderts verkauft. Als es 1826 erneut zum Verkauf stand, griffen die in Hemmingen residierenden Freiherren von Varnbüler zu. Im Zuge eines adeligen Tauschgeschäfts ging es dann 1936 an Hubertus Graf Leutrum zu Ertingen über. Die Familie wohnte auf der Nippenburg bei Schwieberdingen. Auf Schloss Höfingen wurden später Verwandte und Bekannte untergebracht, die nach dem verlorenen Krieg aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten geflohen waren.

Bild: Blick in den Schlosshof mit den alten Wirtschaftsgebäuden um 1930. (Foto: Höfinger Heimatbuch, Höfingen 1986, S. 125) - klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern

Im Zuge der Bodenreform von 1947 musste der Graf Leutrum ein Drittel seines Höfinger Grundbesitzes abgeben. Auf diesen Ländereien entstanden Siedlungen für Flüchtlinge und Heimatvertriebene. Im Jahre 1970 erwarb die Gemeinde schließlich die restlichen Güter und das Schlossgebäude, das man an einen Privatmann weiterverkaufte, der es in ein Hotelrestaurant verwandelte. Die aus dem Verkauf erzielten Gelder steckte die Gemeinde 1972 in den Bau ihres neuen Rathauses.

Auf dem rund um das Schloss liegenden Gelände entstand 1975 die sog. Schlossbergbebauung. Die ehemaligen Wirtschaftsgebäude, die zusammen mit dem Schloss jahrhundertlang ein romantisches Gebäudeensemble gebildet hatten, mussten nun der Neubebauung weichen. Über die ästhetischen Qualitäten der Apartmentblocks im Stil der 70er Jahre mag man geteilter Meinung sein. Doch seit den Zeiten der Herren von Höfingen haben sich die Zeichen der Zeit eben auch im Wohnungsbau geändert.

1

Truchsess (von althochdt. truhtsazo; Vorgesetzter der truht, des Trosses) ist in der mittelalterlichen Hofgesellschaft ursprünglich die Amtsbezeichnung für den Küchenmeister, der die Speisen auftrug. Die Truchsessenwürde war häufig mit dem Besitz von Gütern verbunden.

Sagen um’s Höfinger Schloss
Wie um jede Burg ranken sich um das Höfinger Schloss einige „alte“ Sagen, wie die vom unterirdischen Gang, der einst vom Schloss ins Dorf geführt haben soll. Ein besonders schönes Beispiel für die literarische Mode der Schauerromantik ist auch die Sage von der Truchsessin Adelheid.

Literaturhinweis:
Heinrich C. Birnbaum
Die Truchsessen von Höfingen 969 – 1739
Herausgegeben vom Höfinger Heimatverein e. V., Höfingen 1992

Höfinger Heimatbuch
hrsg. vom Höfinger Heimatverein e. V., Höfingen 1986

Andrea Hähnle
Die Stadt Leonberg und ihre heutigen Teilorte im Mittelalter
In: Leonberg – Eine altwürttembergische Stadt und ihre Gemeinden im Wandel der Geschichte
WEGRAhistorik-Verlag Eberhard Hartenstein und Partner Stuttgart, 1992, S. 33-34 und S. 40-43

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