| ||||||
Der Steinenbronner Wettebrunnen Quelle: Steinenbronner Nachrichten vom 31. 03. 1999Autor: Paul. E. Schwarz | ||||||
Bild rechts: Der neu gestaltete Wettebrunnen vor dem Steinenbronner Rathaus. Auch wenn hier niemand mehr seinen Wasserkrug füllt, ist er doch ein beliebter Treffpunkt geblieben - für eine Detailansicht klicken Sie bitte hier Der heute auf dem Dorfplatz vor dem Rathaus stehende 3 m hohe Brunnenstock des alten Wettebrunnens besteht aus einer quadratischen pylonförmigen Sandsteinsäule mit aufgesetzter runder Schale. Die Vorderseite trägt in erhabenen römischen Ziffern die Jahreszahl 1838: MDCCCXXXVIII.Doch wie hat der alte Wettebrunnen ursprünglich ausgesehen und wo hat er genau gestanden? Hierzu muss man sich den Zustand der früheren Ortsmitte mit dem alten Rathaus - alles im Bereich der jetzigen Löwenkreuzung - vorstellen. Bild links: Die ehemalige Ortsmitte von Steinenbronn mit dem alten Rathaus und der Wette, so wie sie von 1838 – 1933 Bestand hatte. Im Vordergrund ist der alte Wettebrunnen mit seinen drei großen Steintrögen zu erkennen. Kolorierter Stich des Zeichners Fr. Rittmann aus dem Jahre 1915. (Gemeindearchiv Steinenbronn) - klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern Die Wette – Viehtränke und LöschteichDer Brunnenstock von 1838 stand an der Tübinger Straße gegenüber der südöstlichen Ecke des alten Rathauses. Zusammen mit den in nordöstlicher Richtung angebauten drei großen Trögen aus Sandstein bildete er den westlichen Abschluss der Wette. ... Unsere schwäbisch-alemannischen Vorfahren haben bei der Ortswahl ihrer Ansiedlungen großen Wert darauf gelegt, dass ein möglichst großer Vorrat an Trinkwasser für Mensch und Vieh vorhanden ist. Später erkannte man, dass eine genügend große Menge an gestautem Oberflächenwasser auch für Feuerlöschzwecke erwünscht war. Wo solche Teiche oder Seen von Natur aus nicht vorhanden waren, staute man ein fließendes Gewässer. In unserem Ort bot sich dafür in der Ortsmitte der Solbach an, der fast genau auf der Trasse der heutigen K 1051 in den Ort herein floss und nach dem Stau in der Wette als Klingenbach - wie jetzt noch - bis zur Mündung in den Sulzbach weiterführte. Der Name „Wette“ kommt von waten, weil diese Weiher früher so angelegt waren, dass Mensch und Vieh durchwaten konnten. Vielfach wurde das Vieh dabei auch getränkt. Die Anlage solcher Feuerlöschteiche wurde schon in der württembergischen Grafenzeit den Gemeinden zur Pflicht gemacht. Unsere Wette ist erstmals in einem Lagerbuch von 1572 erwähnt. Die Quelle am alten Solbach Das von der Senke östlich der Umgehungsstraße, den früheren Solwiesen, herabfließende Oberflächenwasser des Solbachs wurde ursprünglich noch angereichert durch eine stark schüttende Quelle hinter der Seestraße. ... Fest steht, dass der Wettebrunnen von jeher aus dieser Quelle am alten Solbach gespeist wurde. Dass diese Quelle schon sehr früh mit Steinen eingefasst und deshalb als Brunnen bezeichnet wurde, ist durch die alten Lagerbücher mindestens seit 1524 erwiesen.1* ... Die Zuleitung des Wassers zum Brunnen an der Wette erfolgte früher durch hölzerne Teuchel (Teichel), später durch Ton,- Eisen- oder Kupferröhren. ... Ortskernsanierung im 19. Jahrhundert – der neue Wettebrunnen Offenbar waren nach dem Dreißigjährigen Krieg neben der mühevollen Wiederaufbauarbeit an den zerstörten Gebäuden die Arbeiten an den Straßen und anderen öffentlichen Einrichtungen vernachlässigt worden. So wurde z.B. auch der ungeregelte Abfluss des Solbachs von der Wette über die Hauptstraße in die Klinge beklagt. Dies wird auch der Grund dafür gewesen sein, dass der für die öffentlichen Belange der Gemeinde besonders aufgeschlossene Schultheiß Johannes Jakob (1827 - 1851) vor mehr als 150 Jahren schon eine Art moderne Ortskernsanierung durchgeführt hat. Der 1838 gesetzte und heute in seiner ursprünglichen Form auf dem neuen Dorfplatz wieder aufgestellte Brunnenstock bildete mit den gleichzeitig angebauten drei großen Sandsteintrögen den neuen Abschluss der Wette gegen die Ortsstraße. Für den Abfluss des Wassers in die Klinge wurde die Straße unterdolt. ... Der Ausbau des Wettebrunnens bildete für 100 Jahre eine wesentliche Verbesserung der Wasserversorgung für die ganze Bevölkerung. Bild: Im Winter war die zugefrorene Wette ein beliebter Tummelplatz für die Jugend. Schleifen, Schlittschuhlaufen und Eisschollenfahren waren die schönsten Spiele. Das Foto stammt aus dem Winter 1927/28 (Aus: Steinenbronn - Neues von Gestern und Vorgestern, Horb am Neckar, S. 77) Tummelplatz der DorfjugendDie drei großen Tröge wurden von den Bauern als Viehtränke, besonders in trockenen Jahreszeiten, sehr geschätzt. Ältere Einwohner erinnern sich noch gut daran, dass besonders in der Erntezeit, die Bauern mit ihren Fuhrwerken direkt an die Tröge fuhren und das Vieh, ohne es ausspannen zu müssen, trinken ließen. Währenddessen füllten die Bäuerinnen am Brunnen ihre Behältnisse mit Trinkwasser und wickelten die irdenen Mostkrüge (Sutterkrüge) mit dem Getränk für die Erntehelfer in Tücher, die sie vorher in das kalte Brunnenwasser getaucht hatten. Auch von der Dorfjugend wurde die Wette mit dem Brunnen - im Sommer und im Winter - gerne für ihre Spiele benutzt. Schon im Jahr 1868 hatte sich der Kirchenkonvent (kirchliches Sittengericht) mit einem für die puritanische Gemeinde geradezu skandalösen Verhalten der Jugendlichen zu befassen. Das Protokoll beschreibt es so:
"Neuerdings griff die höchst sittenlose Manier von Schulknaben und ledigen Burschen Platz, dass sie mitten im Ort sich entkleiden und in der Wette baden unter großem Zudrang von alt und Jung beiderlei Geschlechts."
Der Anschluss an die Wasserleitung und das Ende der alten Wette
| ||||||
Der Text wurde gekürzt. Mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Gemeinde Steinenbronn. Diese Seite drucken |
||||||