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Die Pfarrei von Steinenbronn und ihre Kirche


Quelle: Die Pfarrei von Steinenbronn und ihre Kirche – Aus Geschichte und Gegenwart. Zusammengestellt und herausgegeben von Helmut Haller, Pfarrer in Steinenbronn, Druckerei Tübinger Chronik (Gesamtherstellung), 1973

Autor: Helmut Haller

Bild: Steinenbronn auf der Kieser’schen Forstkarte von 1686. Der Kirchturm war nach dem 30jährigen Krieg um ein Fachwerkgeschoss mit steilem Satteldach aufgestockt worden. (Bild: Landesmedienzentrum BW/Stuttgart)

Die Anfänge der Steinenbronner Pfarrei
... Die Kirchengeschichte von Steinenbronn führt uns ins Kloster Bebenhausen und nach Weil im Schönbuch. ...

1360 wird Steinenbronn als „Kirchliches Filial“ (Tochtergemeinde) der Pfarrkirche zu „Wyl im Schainbuch“ (Weil im Schönbuch) bezeichnet. Diese wiederum gehörte seit 1320/47 dem Kloster Bebenhausen. Solche Einverleibungen (Inkorporationen) dienten dazu, die Einkünfte der Klöster zu erhöhen. Auch die Besetzung der Pfarrei (Nominationsrecht) geschah durch Bebenhausen. ...

1525 wurde Steinenbronn zu einer eigenständigen Pfarrei erhoben. Noch zu Lebzeiten Martin Luthers (1483-1546) wurde Steinenbronn um 1535 evangelisch. Wir haben es in Steinenbronn also mit einer aus den Anfängen der Reformation stammenden, eigenständigen evangelischen Kirchengemeinde zu tun. ...

Vielleicht wurde einst an der Stelle, wo sich heute die Steinenbronner Kirche befindet, eine Waldkapelle für die im Schönbuch jagenden gräflichen Jagdgesellschaften erbaut. Das müsste um das Jahr 1300 geschehen sein, jedenfalls wird diese Kapelle 1335 erstmals erwähnt. Grundriss und Gestalt dieser ersten Kapelle sind uns unbekannt. Beim Neubau der Kirche im Jahre 1839 fand man am Turm über einer vermauerten gotischen Wandnische die Jahreszahl 1470. Er ist damit der älteste erhaltene Teil der Kirche.

Bild: Die 1839 neuerbaute Steinenbronner Kirche St. Erhard zeigt in ihren sachlichen Formen den Einfluss des Klassizismus. Im alten Ort lag die Kirche so ziemlich „im Dorf“. Heute liegt sie frei an einem schön angelegten Kirchplatz - Detail

„Auf der Kanzel ward’s dem Pfarrer bang“ – Steinenbronn plant einen Kirchenneubau
... Nur zwei Bauwerke überdauerten in Steinenbronn den 30jährigen Krieg (1618-48), der den Ort, bis auf einzelne Bewohner, ganz entvölkerte: der Kirchturm und ein Wohnhaus. ... 1827 äußerte sich Pfarrer Schmidlin in seiner Pfarrbeschreibung über die damalige Kirche:

„Die Kirche ist zwar in gutem Baue erhalten, und zum Predigen gut geeignet, doch für die Gemeinde, welche freylich seit ihrer Erbauung sich sehr vermehrt haben mag, zu .klein, so daß der raum bey festlichen Gelegenheiten die Anwesenden auch bey dem gedrängtesten Zusammenstehen nicht ganz fasst, und die zuletzt Kommenden genöthigt sind, ausserhalb der Thüre zu verweilen.“

Sehr humorvoll beschreibt Pfarrer Roos beim Richtfest am 29. Juni 1839 den Zustand der alten Kirche:

„Das alte war so mürb und eng!
Lehrer und Hörer kam in’s Gedräng.
Es mochte kein goldener Sonnenschein
Zu den kleinen, trüben Fenstern herein.
In den Männerstühlen, da saß man gedrückt,
In denen der Frauen vom Qualm fast erstickt;
Auf der Orgel, da ging’s gar unfroh her;
Das Orgelspiel ward dem Lehrer schwer,
Zur Kinderlehr blieb ein ärmlicher Gang,
Auf der Kanzel ward’s dem Pfarrer bang,
Weil’s nirgends helle, nirgends frei –
Wir hatten ein jämmerlich Gebäu !–“

Kirchbau im Jahre 1839
... 1838 beschloss der Kirchengemeinderat einstimmig den Neubau. Den Bauplan fertigte Kreisbaurat v. Groß aus Stuttgart.
1839 war es soweit: Die Abbrucharbeiten der alten Kirche begannen am 18. Februar und am 18. April 1839, nachmittags um 2 Uhr wurde der Grundstein zum neuen Kirchbau gelegt.

Es war ein festliches Ereignis für den ganzen Ort. Dem Protokoll vom 16. April 1839 entnehmen wir, was in den Grundstein eingemauert werden und wie der Festzug verlaufen sollte. ... Auch die „sinnbildlichen Handlungen“ der Grundsteinlegung wurden genauestens festgelegt. ... Nach der Feier, so sah es das Protokoll vor, „kehrt man von dem Grundstein zum Rathhaus in geordnetem stillen Zug zurück“. Den Handwerkern wurde aus der Stiftungskasse „zur Aufmunterung Wein und Brot verwilligt“. Uns so geschah es.

Das Richtfest fand am 29. Juni 1839 statt und bereits am 3. November 1839, dem Reformationsfest, konnte die neue Kirche eingeweiht werden, deren heutige Gestalt im großen und ganzen noch aus dieser Zeit stammt. ...

Die Kirche war „im Ganzen wohl noch einmal so groß wie die alte“, bemerkt ein Anhang zur Pfarrbeschreibung von 1847. Diese nennt als „ihre Hauptvorzüge: „Einfachheit, Symmetrie und freundliche Helle“. Der spätere Pfarrer Günzler beschreibt die Kirche allerdings so: „Kirche stillos, dürftig ausgestattet. Orgel gut; viele leere Bänke bei Gottesdienst.“ Bereits 1843 hatte Pfarrer Roos geschrieben: „Der Kirchbesuch erhebt sich ... nicht weit über das Mittelmäßige. Gleichwohl gibt es nicht wenige sehr fleißige Kirchgänger beiderlei Geschlechts.“ 130 Jahre danach kann sein Nachfolger nur feststellen, dass die Gemeinde seither um rund das Dreifache gewachsen ist und die Sitzplätze – außer etwa am Heiligen Abend und an den Konfirmationen - immer noch ausreichen. ...

Zerstörung und Wiederaufbau nach dem Kriegsende 1945
... In der Nacht vom 15. auf den 16. März 1944 wurde die Kirche bei einem Fliegerangriff schwer getroffen. Sie brannte total aus, nachdem auf Dach und Turm Phosphorbrandbomben gefallen waren. Nur die starken Mauern samt dem Turm, dieser allerdings ohne Spitze, blieben stehen.

Eine Aufzeichnung von Pfarrer Ernst Hahn schildert diese Ereignisse:

„Etwa um 11.15 nachts erscholl die Sirene und gleichzeitig begann jedoch damit schon ein gewaltiges Donnern der Flugzeuge und der Geschütze. Im Dorf entstanden rasch große Brände. Die Kirche sah man in schauerlich böser Beleuchtung. Zu retten war aus ihr gar nichts mehr.“ ... Außer der Kirche brannten in jener Nacht noch 12 Wohnhäuser und 30 Scheunen ab. Das Kircheninnere war ein einziges Ruinen und Trümmerfeld. Auf dem glockenlosen, geköpften Turm waren die Turmuhrenzeiger auf 11.30 Uhr stehen geblieben.

Bild: Innenansicht von St. Erhard. Viel Holz verleiht dem Kirchenraum eine warme Ausstrahlung. (Foto: Foto-Ceska Waldenbuch)

Unmittelbar nach Kriegsende, am 11. Juni 1945, befasste sich Architekt Werner Klatte aus Stuttgart-Degerloch bereits wieder mit dem Wiederaufbau der Steinenbronner Kirche. ... Die Kirche sollte nach altem Vorbild, mit einigen Verbesserungen versehen, vor allem durch Freilegung des Chorraums im Turm, erstehen. Viel Holz sollte verwendet werden.

Es war nicht einfach, Baummaterial und Geld zusammenzubringen. Pfarrer Weber schickte einen finanziellen Hilferuf an die Gemeinden des Degerlocher Kirchenbezirks. ... Ein weiterer Brief vom Februar 1947 wandte sich an die nach Amerika ausgewanderten Steinenbronner. ...

Am 15. 5. 1948 meldeten die Stuttgarter Nachrichten:

„Steinenbronn. Am vergangenen Sonntag wurde die evangelische Kirche, die als zweite unter den vielen zerstörten Gotteshäusern unseres Landes seit Kriegsende wieder aus den Trümmern entstanden ist, eingeweiht. Denkwürdig ist die durch vorbildlichen Lastenausgleich durchgeführte Aufbringung der Kosten in Höhe von 100.00 Mark: die Nachbargemeinden, deren Kirchen erhalten blieben, haben nämlich ein Drittel der Baulasten übernommen, fast ebensoviel trug die Landeskirche. Die Steinenbronner selbst brachten auf den Kopf der ev. Bevölkerung 22 Mark auf. Dieses schöne gemeinschaftliche Interesse an dem Wiedererstehen der Kirche zeigte sich auch bei der Einweihungsfeier.“ Die Festpredigt hielt der 80jährige Landesbischof Wurm.

Der Text wurde gekürzt.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors, des Pfarramtes Steinenbronn und Foto Ceska Waldenbuch.

Gemeinde Steinenbronn

Literaturhinweis:
Kirchen im Landkreis Böblingen
Hrsg. Evang. Kreisbildungswerk und Kath. Bildungswerk Kreis Böblingen.
Red. Fritz Heimberger, Verlag Schnell & Steiner, München/Zürich, 1990

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