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Lehenweiler>>Adam Friedrich Koch
Pädagogischer Schriftsteller, Burgenforscher und Dorschullehrer in Lehenweiler

Adam Friedrich Koch (1763 - 1835)

Autorin: Susanne Schmidt
Burgen, Ritter und Romantik - Das Mittelalter fasziniert die Menschen nicht erst seit heute. Genau genommen nahm das Mittelalter-Revival schon im 18. Jahrhundert seinen Anfang. Nach den napoleonischen Befreiungskriegen (1792-1815) und den enttäuschten Hoffnungen auf einen Nationalstaat flüchteten sich gerade in Deutschland viele Künstler und Intellektuelle in ein mythisch verklärtes Mittelalter. Auch die „Schwäbische Dichterschule“ um Wilhelm Hauff, Gustav Schwab, Mörike und Uhland schöpfte in ihren Gedichten, Märchen und Sagen mit vollen Händen aus der Vergangenheit. 1826 veröffentlichte Hauff seinen Erfolgsroman „Lichtenstein“. Zwei Jahre später, im Jahre 1828, erschien in Württemberg ein sechsbändiges Werk zur Burgenkunde - „Die Ritterburgen und Bergschlösser im Königreiche Württemberg“. Sein Vorwort datierte und signierte der Verfasser mit „A. Koch - Lehenweiler Oberamts Böblingen im Mai 1828“.

Wer war dieser „A. Koch“, der sich damals ausgerechnet in dem abgelegenen Heckengäudorf Lehenweiler als pädagogischer Schriftsteller und Burgenforscher betätigte?

Diese Frage beschäftigte auch den aus Lehenweiler stammenden Heimatforscher und späteren Landrat Karl Heß. Er widmete Koch im Jahre 1959 einen ausführlichen Aufsatz, dessen Ergebnisse hier im folgenden Text wiedergegeben werden.

„Titelkupfer“ der „Neuen Bilderschule für die Jugend“

Bild: „Titelkupfer“ der „Neuen Bilderschule für die Jugend“ – eine Illustration der pädagogischen Ideen Pestalozzis und Rousseaus. (Bild: Pictura Paedagogica Online) – Klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern.

Adam Friedrich Koch Schulmeister in Lehenweiler
Tatsächlich war um 1800 ein Adam Friedrich Koch Schulmeister in Lehenweiler. Das Lehenweiler Familienregister im Aidlinger Pfarrhaus gibt Auskunft über seine Herkunft. Danach wurde Koch am 26. Juni 1763 in Ostdorf bei Balingen geboren.

Weiteres erfahren wir aus dem 1802 erschienenen Lexikon der damals lebenden schwäbischen Schriftsteller von Johann Jacob Gradmann. Unter der Rubrik „Das gelehrte Schwaben“ wird Adam Koch ausdrücklich als Verfasser von drei Rechenbüchern genannt. Gradmann berichtet auch über seinen beruflichen Werdegang. Seine Ausbildung erhielt Koch in dem „Markgräflich-badischen Seminarium zu Carlsruhe“. Danach arbeitete er einige Jahre als Privatlehrer in Adelshäusern, wurde Provisor (Schulgehilfe) in der Nähe von Balingen und landete schließlich 1792 als „Filialschulmeister“ in Lehenweiler.

Bereits im November 1792 heiratete Koch dort die 12 Jahre jüngere Anna Maria Groß. Ihr Vater, Johann Jakob Groß, war damals Anwalt in Lehenweiler, d.h. er vertrat die Belange der Dorfgemeinschaft nach außen hin.

Anna Maria Koch gebar insgesamt 15 Kinder. Davon erreichten acht Kinder das Erwachsenenalter, sieben weitere sind bald nach der Geburt gestorben. Von Sohn Clemens wissen wir, dass er ebenfalls die Schulmeisterlaufbahn eingeschlagen hat; die zweite Tochter Karoline Charlotte heiratete den Schulmeister Gotthilf Friedrich Hartmann.

1806 zog es Koch weg von Lehenweiler; zunächst nach Ellwangen, 1814 nach Mähringen bei Ulm. Sein Nachfolger in Lehenweiler wurde Christoph Friedrich Kolb, der ehemalige Schulmeister von Neuweiler und Vater des Dagersheimer Schulmeisters und Stundenvaters Immanuel Gottlob Kolb. Ihm folgte 1819 Kochs Schwiegersohn Hartmann nach, der bis zu seinem Tod im Jahre 1826 als Schulmeister in Lehenweiler diente.

Danach finden wir wieder Koch an der Lehenweiler Schule. Vermutlich kam der damals 63jährige zurück, um seiner verwitweten Tochter die Wohnung im Schulhaus zu erhalten. Vermutlich hat er dort auch bis zu seinem Tod mit fast 72 Jahren im Jahre 1835 Schule gehalten hat.

Koch als pädagogischer Schriftsteller und als Burgenforscher
Wie wir aus dem Eintrag bei Gradmann wissen, hatte sich Koch schon früh der Schriftstellerei zugewandt. Die ersten Werke waren der Mathematik gewidmet. Sein „Lehrbuch für Landschullehrer“ aus dem Jahre 1797 trägt den Titel „Versuch einer theoretisch-praktischen Anleitung zur Ausübung der Geometrie und Gnomik nebst einem Anhang der Chronologie“.

Orientalische Szene

Bild:Arabische Beduinen. Illustration aus der „Neue Bilderschule“. (Bild: Pictura Paedagogica Online) - Klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern.

Später sammelte er „interessante Erzählungen aus der Geschichte, Kunst und des Menschenlebens zur angenehmen und nützlichen Unterhaltung für die heranwachsende Jugend“ und gab sie unter dem Titel „Neue Bilderschule für die Jugend“ 1816 heraus. Koch setzte dabei auf die pädagogische Wirkung beispielhafter Erzählungen aus dem Leben bemerkenswerter Persönlichkeiten. Auch die „Bildung des ästhetischen Gefühls und Kunstsinnes“ lag ihm am Herzen. Daher finden sich in seiner Bilderschule z.B. auch eine Beschreibung des alten Athen und des Straßburger Münsters. Besonders fördern wollte er schließlich die Kenntnis fremder Länder und Erdteile und ihrer Bewohner. Neben einer Darstellung der Wunder der Schöpfung stand dahinter auch die Absicht, seinen Lesern und Leserinnen zu zeigen, wie wenig der Mensch an sich zum Leben bedarf. Jeder solle lernen, sich mit dem Notwendigsten zu begnügen, um für schwere Zeiten entsprechend gerüstet zu sein.

Zugeeignet hat A. F. Koch seine „Bilderschule“ übrigens seinem Vorgesetzten, dem „Oberhofprediger und Consisthorialrath“ August Heinrich D´Autel, zugeeignet. Der Oberhofprediger D´Autel war ein überzeugter Anhänger Pestalozzis!

Das originellste und wichtigste Werk Kochs bleibt jedoch sein 1828 in 6 Bänden erschienenes Werk „Die Ritterburgen und Bergschlösser im Königreiche Württemberg“. Offenbar hat Koch einen großen Teil der Burgen auch persönlich „mit Lebensgefahr“ erkundet. Behandelt werden darin u.a. Hohenstaufen, Hohentwiel und Hohen-Urach, sowie die Burg in Calw und die Ruine Waldeck im Nagoldtal.

Auch wenn seine Ausführungen heute nicht mehr dem Stand der Forschung entsprechen, so sind sie doch ein interessantes Beispiel für die frühe Burgenromantik und ein liebeswertes Zeugnis schwäbischer Geistesgeschichte. Im Lesesaal der Universitätsbibliothek Tübingen oder in der Stuttgarter Landesbibliothek kann man die Burgenbüchlein noch einsehen.
Literaturhinweis:
Karl Hess: Adam Friedrich Koch - Ein Dorschullehrer in Lehenweiler als Pädagogischer Schriftsteller und Burgenforscher. In: "Aus Schönbuch und Gäu", Nr. 44 / 1953.
Erneut veröffentlicht in: "Lehenweiler 1709 - 1959. Festschrift zum 250jährigen Bestehen 1959", S. 33-39 und in: Heimat Schönbuch und Gäu. Ausgewählte Beiträge zur Geschichte einer Landschaft und ihrer Menschen. Festgabe für Landrat i. R. Karl Hess zu seinem 75. Geburtstag am 10. August 1986, S. 129-135 (Veröffentlichung des Heimatgeschichtsvereins für Schönbuch und Gäu e.V., Bd. 17). Der Aufsatz enthält auch ein Verzeichnis der Koch'schen Werke.

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