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Karl Heß – Landrat und Heimatforscher im Kreis Böblingen Quelle: zeitreise bbAutorin: Susanne Schmidt | ||||||
Bild rechts: Karl Heß (1911-1997). Altlandrat und Nestor der Heimatgeschichte im Kreis Böblingen. (Aus: Heimat Schönbuch und Gäu, Böblingen 1986) "Als Altlandrat Karl Heß am 18. Juli 1997 verstarb“, resümiert Erich Kläger in seinem 2003 erschienenen Sammelband „Böblingen – Geschichte in Gestalten“, „verschied eine Persönlichkeit, die sich durch ihr Wirken tief in die Geschichte unseres Heimatkreises eingeschrieben hatte. Er hat als Landrat der lokalen Entwicklung kräftige Impulse gegeben und daneben die regionale Geschichtsschreibung durch zahlreiche Veröffentlichungen befruchtet“.1*Karl Heß wurde am 10. August 1911 in dem kleinen Heckengäuort Lehenweiler geboren. Nach dem Besuch der Volksschule in Lehenweiler wechselte er auf das Reformrealprogymnasium in Böblingen und legte 1931 auf dem Böblinger Schlossberg die Reifeprüfung ab. Da es noch keine öffentlichen Verkehrsmittel gab, - eine Omnibuslinie für Arbeiter und Schüler wurde erst 1950 eingerichtet, - musste Karl Heß die etwa 13 km zur Schule täglich mit dem Fahrrad zurücklegen. Im Winter war er zeitweise im Böblinger Gasthaus Germania einquartiert. Nach der Schule studierte Karl Heß in Tübingen und München Rechtswissenschaften. 1938 legte er sein zweites juristisches Staatsexamen ab und heiratete im selben Jahr Gertrud Walter, die Tochter des Lehenweiler Dorfschulmeisters. Seine weitere Karriere führte Karl Heß zunächst aufs Landratsamt Heilbronn, wo er bereits 1941 Regierungsrat und Stellvertreter des Landrates wurde. 1942 wurde er zum Kriegsdienst einberufen. Nach Einsätzen in Frankreich und Russland und seiner Flucht aus russischer Gefangenschaft kam er schließlich zurück nach Lehenweiler, wo er wieder mit seiner Familie zusammentraf. Schon im Herbst 1946 gelang es ihm, wieder an seine Vorkriegskarriere im öffentlichen Dienst anzuknüpfen. Auf dem Böblinger Landratsamt wurde Karl Heß Stellvertreter des Landrats Dr. Georg Hengstenberger. Als dieser 1952 starb, wurde Heß zu seinem Nachfolger gewählt. 20 Jahre lang – bis 1972 - bekleidete er das Amt des Landrates. In seiner Amtszeit wandelte sich der Kreis Böblingen wie nie zuvor. Aus dem ehemals ländlich strukturierten Gebiet mit ca. 100.000 Einwohnern entwickelte sich ein industriell geprägter, dynamischer Großkreis mit fast 300.000 Menschen und der höchsten Exportrate in ganz Baden-Württemberg. Bild links: Landrat Karl Heß beim Richtfest für die ersten Häuser der Vertriebenensiedlung im Gewann Telle (heute Schillerstraße) in Aidlingen im Jahre 1953. (Foto: Archiv der Ostdeutschen Heimatstube Aidlingen) In der ersten Nachkriegszeit bestand die größte Herausforderung in der Eingliederung der vielen Flüchtlinge und Heimatvertriebenen aus den deutschen Ostgebieten. Hier hat sich Karl Heß besondere Verdienste erworben. In den darauf folgenden „fetten“ Jahren forcierte der Landkreis den Ausbau der gesamten Infrastruktur und den Bereich der öffentlichen Einrichtungen: Schulen, Sportstätten, Verkehrsverbindungen, Altenheime und nicht zuletzt der Bau des Böblinger Kreiskrankenhauses fallen in die „Ära Heß“. Dabei gehörte auch der Naturschutz zu den Anliegen des Landrates, sowie sein Einsatz in unzähligen Ehrenämtern.Alle Veröffentlichungen über Karl Heß betonen seine Bürgernähe, seine Großzügigkeit und sein außerordentliches Einfühlungsvermögen im Umgang mit Menschen. 1986 würdigte der Kreishistoriker Fritz Heimberger den Altlandrat als „echte Vaterfigur“ und „wirklichen Mittelpunkt des Kreises“2*. Bild rechts: Gedenktafel zum 100. Geburtstag von Karl Heß am alten Schulhaus in Lehenweiler Seine große Heimatverbundenheit zielte jedoch weit über seine amtliche Tätigkeit hinaus. Als engagierter Heimat- und Familienforscher hat sich Karl Heß über die Grenzen des Kreises hinaus Anerkennung verschafft. 1947 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der „Arbeitsgemeinschaft für Geschichte und Altertumsforschung im Landkreis Böblingen“. Als dieser 1949 in den „Heimatgeschichtsverein für Schönbuch und Gäu“ umgewandelt wurde, übernahm Heß den Vorsitz. Über lange Jahre hinaus prägte Karl Heß die Arbeit und das Erscheinungsbild des Vereins, besorgte die Schriftleitung der Heimatbeilage des Böblinger Boten „Aus Schönbuch und Gäu“ und trat mit eigenen Schriften an die Öffentlichkeit. 1986 widmete der Heimatgeschichtsverein seinem Ehrenvorsitzenden die Festschrift „Heimat Schönbuch und Gäu“.3*
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Literaturhinweis: Erich Kläger Ein Leben für die Heimat - Landrat Karl Hess (1911-1997) In: Böblingen – Geschichte in Gestalten. Von den Anfängen bis zum Ende der Ära Brumme. Böblingen 2003, S. 554-556 Dorothee Ade-Rademacher Karl Heß, gebürtiger Lehenweiler und späterer Landrat des Landkreises Böblingen In: Aidlingen, Lehenweiler, Dachtel und Deufringen Beiträge zur Ortsgeschichte Aidlingen 1999, S. 747-748 Fritz Heimberger Altlandrat Karl Heß – Jurist, Kommunalpolitiker, Heimatforscher In: Heimat Schönbuch und Gäu Ausgewählte Beiträge zur Geschichte einer Landschaft und ihrer Menschen. Festgabe für Landrat i. R. Karl Hess zu seinem 75. Geburtstag am 10. August 1986, S. 303-309. (Veröffentlichung des Heimatgeschichtsvereins für Schönbuch und Gäu e.V., Bd. 17) Auszüge aus Veröffentlichungen von Karl Heß finden Sie in auf folgenden Zeitreise-BB-Seiten:
Zur Geschichte von Lehenweiler |
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