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Kulturgeschichtliches Kleinod im Böblinger Raum

Mauren - Herrschaft und Schloss

Quelle: Mauren – ein geschichtliches Kleinod. In: Maurener Impressionen - Dokumentation 20 Jahre Musik und Kunst in Mauren. Festschrift „10 Jahre Sommerreigen zu Gast in Mauren“. Herausgegeben von der Musik- und Kunstschule der Stadt Böblingen, 2001

Autor: Dr. Günter Scholz

Bild: Wehmutsvolle Stimmung der Vergänglichkeit - Ruine von Schloss Mauren.

„Keine großen erschütternden Bilder eröffnen sich hier, aber Kunst und Natur sind von seltenen Reizen , es ist hier eine Stätte des höchsten Friedens, eine Stätte worüber ein ganz unergründlicher Zauber liegt.“ Aus so poesievolle Weise wurde Mauren in der „Schwäbischen Chronik“ von 1867 beschreiben. Durch die Spuren von Zerstörung und Verfall hat sich dieser Eindruck seitdem noch verstärkt: betritt man den Schlosspark mit der Ruine des Schickardt-Schlosses, so umfängt den Besucher eine wehmutsvolle Stimmung der Vergänglichkeit alles Geschichtlichen. (...)

Die Grabsteine des kleinen, an der Kirche angrenzenden Friedhofs erinnern an die wechselvolle Geschichte der Herrschaft Mauren. Aus den zahlreichen Besitzerfamilien - im Lauf der Jahrhunderte waren es mehr als zehn - seien als erste die 1320 auf Mauren genannten Heiter von Herteneck erwähnt, Dienstmannen der Pfalzgrafen von Tübingen.

1459 gelangte Mauren an die Ritter von Dachenhausen, 1616 erwarb Johann Friedrich Schertlin von Burtenbach die Herrschaft. Er war ein Enkel des Landsknechtsfuhrers Sebastian Schertlin von Burtenbach, der 1525 zusammen mit Georg von Frundsberg König Franz I. von Frankreich besiegt hatte. Besitzer von Mauren waren in der Folgezeit u. a. der Freiherr Friedrich Wilhelm Ludwig von Koenig (1872 in Mauren) und der badische Staatsminister Alexander von Dusch († 1923 in Mauren). Über letzteren gelangt Mauren an die Familie von Löwis of Menar, deren Nachkommen noch heute den Schlosspark und die dazugehörigen Gebäude besitzen. Der landwirtschaftliche Betrieb wurde 1954 von Albert Juzeler erworben, dessen Schwiegersohn A. Kenntner heute das Gut bewirtschaftet.

Das Maurener Schloss ist heute Ruine - obwohl eines der reizvollsten Geschichts- und Kulturzeugnisse des Böblinger Raumes.

Zerstört wurde es bei einem Luftangriff des Zweiten Weltkriegs am 7./8. Oktober 1943, in der gleichen Nacht, in der die Böblinger Altstadt in Schutt und Asche fiel. Erbaut worden war das Schloss am Vorabend des Dreißigjährigen Kriegs vom herzoglichen Baumeister Heinrich Schickhardt (1558-1635) aus Herrenberg, u. a. Erbauer von Freudenstadt und universaler Städteplaner, Kirchen- und Schlossbauer sowie Gartenarchitekt und Erfinder.

Bild: Schlossgut Mauren im Jahre 1681. Der dreigeschossige Schlossbau mit hohem Walmdach und Ecktürmchen von Heinrich Schickardt ist gut darauf zu erkennen. Ausschnitt aus der Kieser’schen Forstkarte. (Foto: Landesmedienzentrum BW/Stuttgart) – für einen größeren Ausschnitt klicken Sie bitte hier

Der Schlossbau von Heinrich Schickardt
Über das Maurener Bauvorhaben schrieb Schickhardt: "Auff den 3. Octobris anno 1617 hat Junker Friderich Schertlin an mich begert, daß ich im ein Abriß zu einem gantz newen Schloß, das es nit mehr im Thal, sonder auf dem Berg, da vor keines gestanden, bawen wolle, machen soll, welches geschehen, auch gleich darnach erbaut worden".

Der Vorgängerbau des Schickhardt-Schlosses hatte sich also im Tal der Würm befunden. Sein Abriss wurde in Verbindung gebracht mit dem bereits erwähnten Tod der Kinder des Wolf Eberhard von Dachenhausen - der Vorstellung der Zeit entsprechend wurde die feuchte Luft der Talaue als ungesund angesehen.

Bild: Schloss und Kirche von Mauren auf einem um 1850 entstandenen Pastell. (Bildarchiv Alexandra Krohmer) - klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern

Das von Heinrich Schickhardt geplante Schloß war ca. 30 Meter lang, besaß drei Geschosse und war von einem hochragenden Walmdach überragt. An dessen vier Ecken und in der Mitte der Nord- und Südfront befanden sich turmartige Aufbauten. Die beiden Mitteltürme wurden späterhin entfernt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts nahm Friedrich Wilhelm Ludwig von Koenig eine Reihe von Umbauten vor; die Innenräume gestaltete er dem Geschmack der Zeit entsprechend im Empirestil um.

In die Zeit dieser baulichen Veränderungen fällt auch die Neugestaltung des Schlossgartens: anstelle des älteren kleinen Baum- und Küchengartens entstand seit 1823 die späterhin mehrfach vergrößerte Gartenanlage, wie sie in ihren westlichen Teilen noch heute erhalten ist. Sie besteht aus dem nördlichen Teil des Schlosshofes mit der Remise und dem hinter dem Schloss gelegenen südlichen Gartenbereich. Dieser zeichnet sich durch die klare Gliederung mit einer Längsachse und einer Querachse sowie einer parallel zu letzterer verlaufenden Teilachse („Lindenallee") aus. Die an der rückwärtigen Freitreppe des ehemaligen Schlosses beginnende Längsachse ist zudem terrassenförmig abgestuft und führt zu einer zunehmend üppigeren Vegetation hinab. Von den zahlreichen Vasen, Säulen und Statuen im Schloßpark ist freilich heute das meiste verschwunden.

Mauren mit der ehemaligen Wallfahrtskirche als Zeugnis der Frömmigkeitsgeschichte, dem Schloßpark als Juwel der Gartenbaukunst und der Schloßruine als architekturgeschichtlichem Zeugnis von hohen Rang bildet ein Kleinod unserer Heimat. Diesem Kleinod sollte auch in Zukunft denkmalpflegerische Liebe zuteil werden. Längerfristiges Ziel müsste dabei der Wiederaufbau des Schickhardt-Schlosses sein - bei einem Raum wie dem Böblinger mit seiner hohen Wirtschaftskraft erscheint dies nicht als Utopie.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Musik- und Kunstschule Böblingen.

Links:
Heimatgeschichtsverein Ehningen
Gemeinde Ehningen

Literaturhinweise:
Gernot Koch
„...nur die Steinvasen erzählen, wie schön es einst war. Die Geschichte des Schlosses Mauren.
In: Holzgerlinger Bote - Ortsgeschichtliche Beilage, 2/2002

Ehningen – Bilder aus einem schwäbischen Dorf im Gäu
Texte und Gestaltung Helmut Prantl
Ehningen 1985, S. 41-44

Inge Lutz
Der Schlossgarten zu Mauren – ein bisher unerforschter historischer Garten
1983

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