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Philipp Matthäus Hahn predigte mit seinen Erfindungen Uhren zählen zu den Spitzenleistungen der Mechanik Quelle: Gäubote - Tageszeitung im Kreis Böblingen für Herrenberg und das Gäu, 19. August 2004Autor: Hans-Dieter Frauer | ||||
Bild: Philipp Matthäus Hahn (1739 – 1790). Der pietistische Pfarrer war ein genialer Mechaniker. Als Geistlicher wirkte er in Breitenholz, Herrenberg, Onstmettingen, Kornwestheim und Echterdingen. Schon mit vier Jahren lernte Philipp Matthäus Hahn (1739 - 1790) Latein, mit fünf Griechisch und Hebräisch und mit sieben dachte er darüber nach, warum der Schatten eines in die Wand eingeschlagenen Nagels sich mit dem Sonnenstand verändere. Als Pfarrer und Publizist, Pietist und Erfinder, hat der ehemalige Vikar von Breitenholz und Krankheitsvikar von Herrenberg Bahnbrechendes geleistet.Als Pfarrer hat Hahn über sein Amt hinaus gewirkt, er hat sich mit Fragen und Forschungen im Bereich der Physik .und Chemie beschäftigt, ebenso mit der Elektrizität, er widmete sich mathematischen Fragen, er beobachtete den nächtlichen Himmel und berechnete den Lauf der Gestirne. Lange vor James Watt hat er über eine dampfgetriebene Maschine nachgedacht. Berühmt geworden ist Hahn aber als Erfinder: Von ihm ersonnene Uhren, Waagen, Rechenmaschinen und astronomische Weltmaschinen zählen zu den Welt-Spitzenleistungen der Mechanik. Mit ihnen wollte er die Vollkommenheit der Schöpfung Gottes anschaulich machen, in der nichts verloren geht und alles erhalten bleibt. Die von ihm erdachten Waagen waren daher von einer bis dahin nicht gekannten Präzision: Man konnte mit ihnen sogar das Gewicht einer Unterschrift bestimmen. Der Pfarrersohn aus Scharnhausen war Vikar in Breitenholz, später vertrat er in Herrenberg den schwer erkrankten Oetinger. In dieser Zeit hat er die gesamte 10 000 Bände umfassende Bibliothek des Herrenberger Dekans durchgearbeitet. Mit seinen technischen Erfindungen und Entwicklungen wollte Hahn zuallererst die Harmonie der Schöpfung Gottes zeigen. So hat er bereits als Vikar in Breitenholz beim Betrachten des nächtlichen Sternenhimmels beschlossen, die Vollkommenheit Gottes, die er aus dem regelmäßigen, sich in unvorstellbar langen Zeiträumen nicht verändernden Lauf der Gestirne ablas, in Himmelsuhren und Weltmaschinen nachzugestalten. Erfinden wurde für ihn so zur Predigt. Weltende 1836 erwartet Als Pfarrer hat er dann seine Gedanken verwirklicht: erst in Onstmettingen mit dem Bau von Waagen und Uhren, mit wachsender Meisterschaft in Kornwestheim mit Weltmaschinen und Rechenwerken und schließlich – immer deutlicher von seiner nachlassenden Gesundheit geplagt – in Echterdingen. So hat der naturwissenschaftliche Autodidakt etwa Himmelmaschinen ersonnen, die nicht nur Sekunde, Minute, Tag, Monat, Jahr (Schaltjahre inbegriffen) genau so anzeigte, wie das für 1836 erwartete Weltende. An ihnen ließ sich auch der genaue Stand der damals bekannten Planeten ablesen: sowohl, wie sie von der Erde aus erkennbar sind, wie auch von der Sonne her gesehen. Daneben zeigten sie den der Bibel entnommenen Fortgang der Heilsgeschichte. Hahns Meisterwerke wurden – und werden – bis heute bewundert: eine seiner Uhren gelangte sogar als Diplomatengeschenk bis an den chinesischen Kaiserhof. Ärger hatte der geniale Erfinder vor allem mit seiner eigenen Kirchenleitung. Die sah sich als Wahrer der „reinen Lehre“ und überzog ihn – wie auch seinen Vikarsvater Oetinger – mit einem Kirchenzuchtverfahren. Ein Grund dafür war, dass Hahn über die engen konfessionalistischen Grenzen von damals hinausdachte. Indes hielt der (katholische) Herzog Karl Eugen seine schützende Hand über ihn: Er verschaffte ihm - zum Missfallen des Konsistoriums - in Echterdingen die damals am besten besoldete Gemeindepfarrstelle in Württemberg und bot ihm zwei Mal eine gut bezahlte Professur in Tübingen an, Hahn aber wollte Pfarrer bleiben. Auch der württembergische Pietismus verdankt ihm viele weiter führende Impulse. Hahn entstammte einem Pfarrhaus von eher bescheidenen Qualitäten. Er fand selbst zum Pietismus, war „redender Bruder" in Gemeinschaftsstunden und er begründete überregionale Aus- und Weiterbildungen der Pietisten. So hat er zum Zusammenwachsen des württembergischen Pietismus beigetragen. Seinen Namensvetter Michael Hahn („Hahn'sche Gemeinschaft") kannte er persönlich: Beide hatten gemeinsam ein Hobby - Uhren zu reparieren. | ||||
Mit freundlicher Genehmigung des Autors und des Gäuboten
Literaturhinweis: Philipp Matthäus Hahn 1739-1790. Ausstellungen des Württembergischen Landesmuseums Stuttgart un der Städte Ostfildern, Albstadt, Kornwestheim, Leinfelden-Echterdingen, Tl. 2: Aufsätze, Stuttgart 1989. Diese Seite drucken |
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