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" ... gesunde Leute, die mit großem Fleiß und Sparsamkeit meist einen ehrbaren Wandel führen" Kuppingen in der Herrenberger Oberamtsbeschreibung von 1855 Quelle: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Herausgegeben von dem königlichen statistisch-topographischen Bureau, Stuttgart 1855 | ||||||||
Bild: Gesamtansicht Kuppingens von Süden, W. Harrers Warengeschäft und der Blick zur Kirche aus der Hemmlingsgasse (Aus: Herrenberg - Stadt und Amt in alten Ansichtskarten, hrsg. von T. Schmolz und R. Janssen, Herrenberg 1988) - klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern Kuppingen Gemeinde II. Klasse mit 1156 Einw., worunter 3 Katholiken.- Ev Pfarrei mit den Filialen Affstätt und Ober-Jesingen; die Katholiken sind nach Altingen eingepfarrt.Der große, ziemlich regelmäßig gebaute Ort liegt ¾ Stunden nordwestlich von der Oberamtsstadt und 1831 Fuß1* über dem Mittelmeer; an den breiten, reinlich gehaltenen, gekandelten Ortsstraßen lagern sich die meist Wohlhabenheit verrathenden Wohnungen, deren Unterstöcke häufig aus Stein, die übrigen Teile aber in solidem Holzbau aufgeführt sind. Am westlichen Ende des Dorfes steht die dem heil. Stephan geweihte Pfarrkirche, welche von dem größtentheils noch ummauerten Begräbnisplatz umgeben ist; derselbe war früher bedeutend befestigt und hatte über seinem Eingang einen vierstockigen massiven Thurm, der erst im Jahr 1836 abgebrochen wurde. ... Zunächst (südlich) der Kirche steht das 1768 erbaute, wohlerhaltenen Pfarrhaus nebst Oeconomiegebäuden, Garten und Hof, welcher von der K. Hofdomänenkammer zu erhalten ist. Das nordöstlich der Kirche gelegene, ansehnliche Schulhaus wurde im Jahre 1827 ... erbaut; es enthält zugleich Wohnungen für den Lehrer und Unterlehrer, welche an der Schule unterrichten, neben der auch eine Industrieschule besteht, an welcher die Töchter des dermaligen Pfarrers Wittich unentgeltlich Unterricht ertheilen. Im östlichen Theile des Dorfes liegt frei das alte, jedoch gut erhaltene Rathaus. Ein Gemeindebackhaus wurde im Jahre 1845 ... erbaut; ein Gemeindewaschhaus besteht schon längst. ... Im Ort befinden sich ein laufender und 23 Zieh- und Pumpbrunnen; sämmtliche Brunnen geben des Sommers weniger Wasser und lassen in heißen Jahrgängen so sehr nach, daß die Einwohner genöthigt werden, ihr Wasser in Affstätt und an dem ¼ Stunde südöstlich vom Ort gelegenen, nie versiegenden Leinenbrunnen zu holen. ... Die Luft ist rein und gesund, jedoch etwas rauh; ... Die Einwohner sind im Durchschnitt gut gewachsene, gesunde Leute, die mit großem Fleiß und Sparsamkeit meist einen ehrbaren Wandel führen und viel Sinn für Religion haben, der sich übrigens sehr häufig bis zum strengen Pietismus steigert. Ihre Vermögensumstände sind im Allgemeinen ziemlich gut, und die Haupterwerbsquellen bestehen im Ackerbau und in der Viehzucht. Der Grundbesitz des begütertsten Grundeigenthümers beträgt 60 Morgen2*. ... Die Gewerbe dienen, mit Ausnahme einer Gipsmühle, nur den örtlichen Bedürfnissen; früher wurde das Küfergewerbe stark betrieben und kamen viele Fässer nach Außen zum Verkauf. Im Ort bestehen vier Schildwirthschaften, worunter zwei mit Bierbrauereien, und drei Kramläden. ... In der Nähe des Orts, ... , stößt man nicht selten auf Grundreste römischer Gebäude, bei denen schon römische Münzen und andere Anticaglien gefunden wurden. ... Am südlichen Ende des Dorfes stand die wegen ihres hohen Alterthums berühmte 80 Fuß lange und 30 Fuß breite Kapelle, deren letzte Reste in den Jahren 1792 - 1796 leider abgebrochen wurden (s. Württ. Jahrb. 1830, 424-430). Auf einer kaum noch sichtbaren, kleinen im Kreis laufenden Erhöhung, dem letzten Rest des ehemaligen Chorschlusses, läuft jetzt der Bretterzaun hin, der ein Gärtchen, in welches der Raum der Kapelle umgewandelt wurde, einschließt. Sattler hat in seiner 1784 herausgegebenen topographischen Geschichte von Württemberg S. 316 der Nachwelt eine wiewohl mangelhafte Zeichnung von den letzten Resten dieses Alterthums überliefert, und schreibt, wie auch Andere, die Erbauung der Kapelle den Römern zu. Schon nach dieser Zeichnung, sowie nach der Beschreibung dieses sogenannten Heidentempels, erscheint es aber viel wahrscheinlicher, dass die Ueberreste ... einer in der früh romanischen Periode gebauten Kirche (Basilika) angehörten. ... Ebenso charakterisieren die räthselhaften Menschen- und Tierfiguren den früh romanischen Baustyl. Jeder Zweifel über die Erbauung dürfte aber durch die hier beigefügte Zeichnung der westlichen Giebelseite vollends gehoben werden, welche ein getreues Bild einer früh romanischen (christlichen) Kirche oder Kapelle liefert. ... Auch stößt man zuweilen in der nächsten Umgebung auf Gräber, die hinlänglich bekunden, dass nach ächt christlichem Ritus hier der Begräbnisplatz war, der, ehe die gegenwärtige Kirche nebst Kirchhof angelegt wurde, zur Beerdigung der Ortsbewohner diente". Das Dorf Kuppingen erscheint urkundlich seit dem Jahre 961. Am 17. Mai diese Jahres bestätigte Kaiser Otto I. einen Gütertausch zwischen dem Bischof Harpert von Chur und dem Kloster Schwarzach ... . Unter den Pfalzgrafen fiel bei der am 23. Februar 1334 vorgenommenen Theilung an den Pfalzgrafen Konrad I. das Dorf Kuppingen, ..., welches sodann des Pfalzgrafen gleichnamiger Sohn den 10. Febr. 1382 mit Herrenberg an Württemberg verkaufte. In Kuppingen saßen die häufig genannten Lehensmannen der Pfalzgrafen von Tübingen, die Hemmlinge. ... Mehrere Glieder dieser Familie nannten sich "Freie". Ihr Wappen ... hatte im rechten Felde einen auf den Hinterfüßen stehenden Bracken, ... . Sie besaßen hier mehrere Hofstätten, einige Leute, die Vogtei mit allem Recht im Holz und am Walde und hatten einen Maier3*; auch in Affstätt und in Ober-Jesingen hatten sie Leibeigene. In der fehdevollen Zeit am Schluß des 13. Jahrhunderts überwarf sich ... Trutwin, genannt der Hemmling, ... mit Pfalzgraf Rudolf dem Scheerer von Tübingen, überfiel und verwundete ihn den 22. Febr.1288 bei Malmsheim (Chron. Sindelf.). ...4*
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Der Text wurde gekürzt Die Württembergischen Oberamtsbeschreibungen Im Jahre 1820 wurde auf Dekret des württembergischen Königs Wilhelm I das "königliche statistisch-topographische Bureau" in Stuttgart gegründet. Zwischen 1824 und 1886 wurden dort genaue Beschreibungen aller 64 württembergischen Verwaltungsbezirke und ihrer Gemeinden erarbeitet. Als 34. Band erschien im Jahre 1855 die Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Die Oberamtsbeschreibungen sind eine interessante und unverzichtbare Quelle zur württembergischen Landeskunde und werden als Reprint immer wieder aufgelegt. Mit freundlicher Genehmigung des Bissinger-Verlags Magstadt Diese Seite drucken |
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