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Sindlingen>>Franziska von Hohenheim
Der „gute Engel des Landes“ war eine Pietistin

Franziska von Hohenheim (1748-1811)

Quelle: Der breite und der schmale Weg – Pietismus in Personen. Verlag der Liebenzeller Misssion, Bad Liebenzell 2003, S. 30 – 33

Autor: Hans-Dieter Frauer

Bild: In der Mauritiuskirche in Sindlingen steht eine Büste von Franziska von Hohenheim, die ein unbekannter Künstler geschaffen hat. Die zweite Frau des anfangs despotisch herrschenden württembergischen Herzogs Karl Eugen verwandelte ihren Mann mit Liebe, Herzensfrömmigkeit und Güte in einen verantwortlich handelnden Landesvater. (Bild: Ev. Kirchengemeinde Unterjettingen)

Noch heute kann man Franziska von Hohenheim (1748-1811) in Sindlingen bei Herrenberg auf Schritt und Tritt begegnen. Nach ihr heißt eine Straße, in der Mauritiuskirche steht ihre Büste mit der Inschrift: »Durch Frömmigkeit und Wohltätigkeit zeichnete sie sich aus. Ihr Herz schlug warm für Gott und Menschen« und in einem Kirchenfenster - und nur dort - ist das eigens für sie geschaffene Wappen zu bewundern. Ihr ist zuzuschreiben, dass Michael Hahn (Hahn'sche Gemeinschaft) unbehelligt in Sindlingen leben durfte. Die fromme Frau hat die bis heute in Sindlingen verwendeten Abendmahlsgeräte gestiftet und in und um Sindlingen ist ihr Vorname noch immer auffallend häufig, weil sie einst bei ungezählten Kindern Patin war.

Bild: Franziska von Hohenheim, Gemälde , J.F.Weckerlin zugeschrieben, um 1790 (Bild: Landesmedienzentrum BW/Stuttgart)

Franziska wurde am 10. Januar 1748 in Adelmannsfelden bei Ellwangen geboren. Sie entstammte einer Familie evangelischer Glaubensflüchtlinge, die völlig verarmt war. Kaum 16-jährig wurde sie an einen Freiherrn verheiratet, bei dem ihr Vater tief verschuldet war. Nach Jahren einer zutiefst unglücklichen Ehehölle begegnete sie 1769 in Wildbad dem damaligen württembergischen Herzog Karl Eugen. Der versprach ihr die Ehe und gab ihr Mittel und Bestechungsgelder für ihre Scheidung. Er veranlasste, dass sie 1774 zur »Reichsgräfin von Hohenheim« erhoben wurde und löste sein Eheversprechen nach dem Tod seiner längst von ihm getrennt lebenden ersten Frau auch tatsächlich ein.

Bis dahin war der Herzog ein tyrannischer und gewalttätiger Despot gewesen. Er erzeugte mit ungezählten Gespielinnen eine mindestens vierstellige Zahl unehelicher Kinder, saugte bedenkenlos das Land aus, verkaufte Landeskinder ins Ausland und führte einen verschwenderischen Lebenswandel. Wer ihm im Wege stand, wanderte ins Zuchthaus.

Bild: Herzog Carl Eugen von Württemberg und Franziska von Hohenheim, Schattenriss, radiert, 1787 (Bild: Landesmedienzentrum BW/Stuttgart)

Diesen verhassten Willkürherrscher hat die fromme Franziska mit Milde und Sanftmut zu einem verantwortlich handelnden Landesvater verändert, das Volk verehrte sie deshalb »als den guten Engel des Landes«. Unter ihrem Einfluss ließ der Herzog an seinem 50. Geburtstag am 11. Februar 1778 von allen Kanzeln eine förmliche »Bußerklärung« verlesen, in der er um Vergebung für seine früheren Missetaten bat - ein in der Hoch-Zeit des Absolutismus beispielloser Vorgang.

Franziska selbst war - ihr Tagebuch und ihr Lebenswandel belegen es - eine fromme Pietistin, die regelmäßig die Bibel las und sich viele Gedanken über den Glauben und ihr Leben machte und sich selbst prüfte. Sie hat ihr Leben lang nur Gutes getan.

Der - katholische - Herzog pflegte dank ihr auch Umgang mit Pietisten, etwa mit dem Erfindergenie Philipp Matthäus Hahn. Für seine evangelische Frau ließ er eine Kirche bauen; zu ihren Geburts- und Namenstagen beschenkte er Arme und veranstaltete Volksfeste. Je länger je mehr zog es den vormaligen Tyrannen in die ländliche Idylle von Hohenheim. Dort widmete er sich dem Gemüseanbau, säte Bohnen, steckte Kartoffeln und erntete Erbsen - alles zusammen mit seiner zeitlebens innig geliebten Franziska.

Nach dem Tod des Herzogs 1793 begann für sie eine bis zu ihrem Tod dauernde Zeit der Demütigungen und Kränkungen: Die Nachfolger behandelten die Witwe ausgesucht schlecht und nach ihrem Tod am 1. Januar 1811 wurde sie - entgegen der ausdrücklichen Bestimmung im Testament Karl Eugens - nicht an seiner Seite in Ludwigsburg bestattet, sondern im Chor der Martinskirche in Kirchheim/Teck. Ihr unbezeichnetes Grab war bald vergessen; erst seit 1906 erinnert dort eine Gedenktafel an sie und erst im Jahr 2003 erhielt sie eine Grabplatte.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors und des Verlages der Liebenzeller Mission

Der Autor Hans-Dieter Frauer ist Journalist in Herrenberg, arbeitet für den Evangelischen Pressedienst Südwest und ist ein ausgewiesener Kenner der württembergischen Kirchengeschichte.

Weiter Informationen zu Franziska von Hohenheim finden Sie auch auf den Internet-Seiten der Evangelische Kirchengemeinde Unterjettingen.

Am 1. September 2000 wurde in Jettingen ein Altenpflegeheim eingeweiht. Es erhielt in Erinnerung an die Wohltätigkeit Franziskas den Namen Franziska von Hohenheim-Stift.

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