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Gemeindeheraldik im Kreis Böblingen Quelle: Wappenbuch des Landkreises Böblingen, herausgegeben vom Landkreis Böblingen und der Archivdirektion Stuttgart, Stuttgart 1960, (Veröffentlichungen des Heimatgeschichtsvereins für Schönbuch und Gäu e.V., Bd. 6).1*Mitarbeit: Karl Hess Bearbeitung: Staatsarchivrat Dr. Eberhard Gönner | ||||
Siegel und Wappen der Gemeinden sind Ausdruck einer gewissen Eigenständigkeit. Sie sind deshalb am frühesten in Städten anzutreffen. So können Herrenberger Siegel bis 1278, Siegel von Böblingen und Sindelfingen bis ins 14. Jahrhundert und Siegel von Waldenbuch bis 1573 zurückverfolgt werden. In den Dörfern treten Siegel vereinzelt am Ende des Mittelalters, in geringer Zahl im 16. Jahrhundert und dann in nur langsam zunehmendem Maße bis zum Ende des Alten Reiches auf. Die große Masse der Landgemeinden blieb ohne eigenes Siegel. Von den 36 Landgemeinden des (Alt-)Kreises Böblingen sind nur für fünf Orte Siegel aus der Zeit vor 1800 nachzuweisen: Dagersheim 1499, Ehningen 1552, Maichingen 1565, Magstadt 1617 und Kuppingen 1630. Wenn sich diese Zahl durch weitere Forschungen auch etwas erhöhen dürfte, so bleibt doch die Feststellung einer verhältnismäßig geringen Zahl von siegelführenden Gemeinden. Erst im 19. Jahrhundert tritt ein grundlegender Wandel dadurch ein, daß die Gemeinden zur Anschaffung eines Siegels verpflichtet werden.
Noch seltener sind für die Zeit vor 1800 voll ausgebildete Dorfwappen nachzuweisen. Während für die vier Städte des Kreises farblich festgelegte Wappen seit dem 16. Jahrhundert belegt sind, sind nur zwei in ihren Farben überlieferte Dorfwappen aus der Zeit vor 1800 bekannt (Holzgerlingen und Gültstein). Dazu können noch die auf Siegeln überlieferten Wappen von Dagersheim, Magstadt und Maichingen gerechnet werden, auch wenn ihre Farben erst im 20. Jahrhundert endgültig bestimmt worden sind. Auch nach der allgemeinen Einführung von Gemeindesiegeln im 19. Jahrhundert bildeten sich zunächst keine vollgültigen Wappen heraus. Die Gemeinden begnügten sich in der Regel mit sog. Siegelbildern, wozu nicht selten alte Fleckenzeichen verwendet wurden. Den ersten Vorstoß, die Gemeinden zur Annahme eines Wappens zu bewegen, unternahm 1923 das Oberamt Böblingen. Anlaß dazu war ein Erlaß des Ministeriums des Innern vom 14. Mai 1923, der den Gemeinden die Führung des Landeswappens untersagte. Um den Gemeinden zu eigenen Wappen zu verhelfen, vermittelte das Oberamt Böblingen Vorschläge der Archivdirektion, die im Jahre 1927 bei den Gemeinden Breitenstein, Dagersheim, Darmsheim, Dätzingen, Deufringen, Holzgerlingen, Maichingen und Neuweiler zur Annahme bzw. Wiederannahme von Wappen führten. In den folgenden 25 Jahren entstanden nur wenige neue Wappen in den Oberämtern Böblingen und Herrenberg. Erst das wiedererwachte Interesse an Gemeindewappen nach dem zweiten Weltkrieg hatte zur Folge, daß wieder in größerem Maße neue Wappen angenommen oder alte Wappen verbessert worden sind. Allein in den Jahren 1956 bis 1959 haben auf diese Weise 12 Gemeinden des Kreises ihr Wappen festgelegt, als letzte die Gemeinde Rohrau. Bei der Betrachtung des Inhalts der Gemeindewappen fällt die große Zahl der Fleckenzeichen auf, die sich entweder auf Siegeln erhalten haben oder auf die bei Neubildungen zurückgegriffen worden ist, so bei den Wappen von Aidlingen, Darmsheim, Döffingen, Gärtringen, Haslach, Hildrizhausen, Kuppingen, Magstadt, Nufringen, Tailfingen. Unter Fleckenzeichen versteht man einfache Ortszeichen, mit denen das Gemeindeeigentum gekennzeichnet worden ist. Überliefert sind sie vorzugsweise auf Markungssteinen. Für das Herzogtum Württemberg besteht in den Forstlagerbüchern von Kieser aus den Jahren 1681-86 eine einmalige Quelle für die Erforschung der Fleckenzeichen. Allein für den heutigen Kreis Böblingen gibt Kieser 17 Fleckenzeichen wieder. Oft beziehen sich Fleckenzeichen auf den Ortsnamen, auf den Kirchenpatron oder auf die Landwirtschaft. Doch in zahlreichen Fällen läßt sich ihre Bedeutung heute nicht mehr feststellen. Nicht alle Symbole der Landwirtschaft und alle Hinweise auf den Ortsnamen in den Gemeindewappen sind als Fleckenzeichen nachzuweisen. Zum Teil wurden sie erst in neuerer Zeit in das Wappen aufgenommen (Aidlingen, Nebringen). Auf geographische Gegebenheiten wie Bäche, Art der Dorfanlage, Quellen, Wald, weisen die Figuren in den Wappen von Altdorf, Neuweiler, Rohrau und Weil im Schönbuch hin. An den einstigen Ortsadel erinnern die Wappen von Altdorf und Breitenstein, an ehemalige Herrschaftsverhältnisse die Wappen von Dätzingen, Deufringen, Gültstein, Kayh, Öschelbronn und Unterjettingen und die Stadtwappen von Böblingen, Herrenberg und Sindelfingen. Von der Amtskörperschaft (Kreisverband) Böblingen wird seit dem Jahre 1927 ein eigenes Wappen geführt. Nach dem zweiten Weltkrieg allerdings, als das auf den Flugplatz Böblingen weisende Flugzeug nicht mehr den tatsächlichen Verhältnissen entsprach, ersetzte es der Kreisverband durch die Pfalzgrafenfahne, die schon das Siegel von "Stadt und Amt Böblingen" im Jahre 1705 gezeigt hatte. Dieser Wappenwechsel ist ein Beweis für die geringe Eignung von zeitlich gebundenen Zeichen für ein auf die Dauer berechnetes Wappen. Da die dreilatzige Fahne auch die Wappenfigur der Stadt Herrenberg ist, kommen im neuen Kreiswappen sowohl Böblingen wie das 1938 einbezogene Herrenberg zur Geltung.
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Mit freundlicher Genehmigung des Landesarchivs Baden-Württemberg und des Heimatgeschichtsvereins für Schönbuch und Gäu.
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