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Der "Weiberwald" Laubach

Autor: Klaus Philippscheck
Fast 1200 Schönaicher Bürgerinnen und Bürger besitzen gemeinsam einen Wald im Süden Schönaichs: den Laubach. Diese Tatsache gehört sicherlich zu den großen historischen Kuriositäten im Kreis Böblingen - vor allem, wenn man erfährt, dass die Anfänge dieser eigenwilligen Besitzstruktur weit über ein halbes Jahrtausend zurückverfolgt werden können.

Panoramafoto des westlichen Laubachwalds

Bild rechts: Panoramafoto des westlichen Laubachwalds (Blick von der Schönaicher Aichhalde über das Aichtal nach Südosten; Aufnahme Klaus Philippscheck) - klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern

Obwohl es uralte Dokumente gibt, verschwimmt der Anfangszeitpunkt dieses Bürgerwaldes im Sagenhaften: Drei adelige Fräulein sollen diesen Wald für einige Schönaicher Bürger gestiftet haben. War der Wald vorher Teil des Schönbuchs gewesen und damit Besitz des württembergischen Grafenhauses? Und nach der Übergabe an Schönaicher Bürger gehörte der Laubach dann nicht mehr zum Schönbuch? Das könnte nämlich erklären, warum der Laubach später noch immer zum Tübinger Forst gerechnet wurde - zu dem auch der Schönbuch gehörte -, während der übrige Schönaicher Wald aber zum Böblinger Forst gehörte.

Schlussseite des „Laubachbriefs“ von 1677

Bild links: Schlussseite des „Laubachbriefs“ von 1677 aus dem Hauptstaatsarchiv Stuttgart (A 227, Büschel 594) - klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern

Dass schon im Jahre 1500 der Laubach ein Stiftungswald war, wissen wir durch ein Dokument aus dem Jahre 1677. In dieser Urkunde wurden die „Gerechtigkeiten“, also die Rechte der Laubach-Genossen, ein weiteres Mal festgeschrieben. Um klar zu beweisen, dass dies „altes Recht“ war, wurde wörtlich die Vorgängerurkunde von 1579 zitiert und in dieser Urkunde wiederum der „Laubach-Brief“ vom „Montag nach Lichtmess des Jahres 1500“. Ganz sicher ist dieser Brief die Bestätigung einer noch älteren Urkunde – wohl aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts! So kann man also völlig berechtigt sogar von den „uralten Rechten“ sprechen.

Außergewöhnlich ist dabei die Tatsache, dass als Erben von Anfang an alle Kinder der Eigentümer an der Waldnutzung berechtigt waren, also auch die Töchter. (Daher stammt der noch heute gebräuchliche Begriff des „Weiberwalds“.) So hieß es im „Prämissenbuch“ 1860, dass der weitaus größte Teil der Schönaicherinnen und Schönaicher „Laubachgenossen“ seien. Lageplan des Laubachwalds

Bild rechts: Lageplan des Laubachwalds - Grundlage der Karte ist die topographische Karte 1:25 000 © Landesvermessungsamt Baden-Württemberg vom 14.05.2008, Az.: 2851.2-D/5110. Bearbeitung: Klaus Philippscheck - klicken Sie in das Bild, um es zu vergrößern

Mit den Laubachbriefen haben wir einen sogenannten „Fideicommiss“ vor uns; das heißt, ein durch einen Stiftungsakt geschaffenes unteilbares Vermögen, das nie verkauft werden darf, sondern „auf ewig“ zusammenbleiben muss. Nur so ist zu verstehen, wie aus den ursprünglich 14 Laubachgenossen über ein halbes Jahrtausend hinweg 1200 geworden sind – die noch heute stolz auf dieses Recht sind, obwohl der materielle „Laubachnutzen“ heute natürlich nur noch ein eher symbolischer ist - denn der Wald ist ja nicht größer geworden. Aber immer noch wird ein „Laubach-Schultheiß“ gewählt.

Früher war die Bedeutung des Laubachwalds natürlich viel größer, denn über Jahrhunderte hinweg war die Gesellschaft eine „holzgeprägte“ Gesellschaft. Der Laubachnutzen bestand deshalb vor allem darin, dass die Genossen ihr Brennholz und bei Bedarf auch Bauholz aus diesem Wald beziehen konnten; außerdem - wie es früher sehr oft festgelegt war – durfte der Wald als Weide für Vieh und Pferd und mit seinem Eicheln und Bucheckern für die Hausschweinmast genutzt werden. Alter Stich

Bild links: Alter Stich, der die Schweinemast im Wald zeigt

Dass dieses Recht auf ewig verbrieft war, gab den Laubachgenossen natürlich eine große Sicherheit. Trotzdem gab es immer wieder Streit mit der herzoglichen Obrigkeit, weil diese die Rechte der Laubachgenossen anders interpretierte. (Klicken Sie hier für einen ausführlichen Text zu diesem Thema.) Aber gegen die Ansprüche der Neuweiler und Breitensteiner Nachbarn konnte man sich erfolgreich wehren, als diese ihr Vieh auch in den Laubach treiben wollten.Grenzstein

Bild rechts: Grenzstein mit dem Fleckenzeichen „SL“ = Stiftungswald Laubach. Der Stein steht an der Grenze vom Laubach zum Territorium der Oberen Rauhmühle, einer Exklave von Weil im Schönbuch. (Foto: Klaus Philippscheck)

Der Laubachwald an der Südgrenze der Schönaicher Markung war – damit die Besitzverhältnisse für jeden klar waren – mit Grenzsteinen und Gräben versehen. Noch heute stehen eine ganze Reihe dieser Steine an den fast zugewachsenen Gräben und erzählen von dieser einmaligen und eigenwilligen Besitzergeschichte.

Der Autor dankt Herrn Walter Jehle, Schönaich für die Unterstützung.

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