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Keltische Münzen gegen die Not

Schönaich: Der Zwirner Richard Lauxmann und sein gefundener Schatz

Quelle: Sindelfinger Zeitung, 9. Juni 2000

Autor: Alexander Heilemann

Bild: Richard Lauxmann, der Finder des Schönaicher Münzschatz. Das Portrait stammt aus der im Jahre 1924 erschienenen Neuausgabe seiner Biographie, die sein Sohn, der Stuttgarter Stadtpfarrer Richard Lauxmann d. J., erstmals 1881 veröffentlichte. (Aus: Der Keltische Münzschatz von Schönaich u. die Geschichte des Fundes, Schönaich1989, S. 8.)

Nach den Urkunden ist Schönaich 725 Jahre alt. Die Geschichte vom Münzfund des Zwirners Richard Lauxmann von 1852 weist noch viel weiter zurück: In die Zelt der Kelten. Sie erzählt aber auch von der Armut, die Schönaich Mitte des 19. Jahrhunderts im Griff hatte: ein Leben mit dem Hunger ohne den Glanz des keltischen Schatzes.

Am Morgen des 3. Juni 1852 gingen die Kinder des Schönaicher Zwirners Richard Lauxmann in den Wald, um Brennholz zu suchen und fanden einen Schatz. Am Rand des Rohrer Wegs lagen in den tönernen Resten einer Vase kleine metallene Schälchen, die die Kinder für Knöpfe ansahen. Sie warfen einen Teil weg, andere behielten sie als Spielzeug. Zwei Wochen später entdeckte sie der Vater. Die vermeintlichen Knöpfe waren Münzen aus der Keltenzeit.

Der Schatz war für Richard Lauxmann, einem Mitglied der pietistischen Hahnschen Gemeinschaft, ein Geschenk des Himmels. Gott habe der Familie "aus harten Steinen Brod und Arznei zur Erquickung" gegeben, schrieb der Zwirner seinem Sohn in die Schule nach Schönthal. Die keltischen Münzen brachten dem Vater von sieben Kindern neun Gulden und 15 Kreuzer ein. Geld, das der Zwirner dringend gebrauchen konnte.

Landwirtschaft ohne Perspektive
Die Familie Richard Lauxmanns hatte 1852 Sorgen, die sie mit vielen der 490 Schönaicher Familien teilte. "Auf der Markung lebten schon längst zu viele Menschen", beschreibt der Kreishistoriker Fritz Heimberger die Gründe, weshalb die Landwirtschaft in diesen Jahren viele Dorfbewohner nicht mehr richtig ernähren konnte.

Wie Richard Lauxmann suchten viele ihr Glück im Textilgewerbe. Schönaich war abhängig von der Leinenweberei. Mit zunächst schlechten Chancen: 1850 berichtete das Böblinger Oberamt über die Schönaicher, sie seien in ihren "Vermögensumständen trotz ihrer Thätigkeit und Betriebsamkeit und ihrer beinahe zur Übertreibung gehenden Sparsamkeit in neuerer Zeit auffallend zurückgekommen." Die Schönaicher Heimarbeiter hatten es bei immer mehr Fabrikware auf dem Markt schwer, ihre Produkte abzusetzen. Richard Lauxmann hatte Stricker gelernt und versucht seine Familie als Weber zu ernähren. Aber auch für seine Zwirne musste er auf Aufträge warten.

Bild: Das Schönaicher „Suppenhäusle“ wurde 1950 abgebrochen. Zwischen 1852 und 1854 wurden zeitweise täglich bis zu 390 Suppenrationen ausgeben, davon 312 unentgeltlich. Das. (Foto: Verein für Heimatgeschichte Schönaich)

Hilfe vom Armenverein
Nicht nur der Zwirner war immer wieder arbeitslos. Besonders hart traf es die 300 Weber im Dorf. In Schönaich gab es seit 1846 einen Armenverein, der mit Sammlungen von Geld, Kartoffeln oder Korn zu helfen versuchte. Wenige Jahre später baute die Gemeinde, deren Rat in der Folge der Revolution von 1848 von den Bürgern gewählt wurde, im Steinernen Gässle ein "Suppenhäuschen". Jeden Tag wurden dort 390 Portionen Suppe verteilt, 312 davon kostenlos.

Viele Schönaicher suchten ihr Glück in der Fremde. Im März 1852 wollten über 200 Bürger und Ledige nach Amerika auswandern und mussten hoffen, dass die Gemeinde die Reisekosten übernahm. Wer blieb, der lebte oft genug von Tag zu Tag – zumal wenn wie Richard Lauxmann mit dem tröpfelnden Einkommen eine schwer kranke Frau und sieben Kinder zu versorgen hatte. Die keltischen Münzen vom Rohrer Weg waren für die Familie tatsächlich ein Schatz.

Aufwärts ging es für Schönaich ab 1854. Der gebürtige Schönaicher Lehrer Johann Georg Binder organisierte von der Schweiz aus Unterricht in Weißstickerei, mit der viele Familien Geld dazu verdienen konnten. Seit 1857 arbeiteten viele Schönaicher in der neuen Böblinger Zuckerfabrik. Neun Jahre später zog mit der Stuttgarter Korsettweberei d´Ambly die erste Fabrik nach Schönaich in das spätere Gasthaus „Waldhorn“. Ihr folgten die Korsettfabriken Guttmann und Groß in den Gaststätten „Rose“, „Ochsen“ und „Sonne“.

Mit freundlicher Genehmigung der Sindelfinger Zeitung/Böblinger Zeitung

Auf folgenden Zeitreise-BB-Seiten finden Sie weitere Artikel und Quellen zum keltischen Münzschatz:
Fundmeldung des Schönaicher Schultheiß Roller an den Topographen Paulus vom 21. Juni 1852
Brief des Finders Richard Lauxmann an seinen Sohn vom 1. Juli 1852.
Walter Jehle: Der keltische Münzschatz von Schönaich.

Literaturhinweise:
Der Keltische Münzschatz von Schönaich und die Geschichte des Fundes, herausgegeben vom Förderkreis Kunst Schönaich e.V., Schönaich 1989.
Ulrich Klein: Die Erfassung der Fundmünzen aus Württemberg, in: Archäologie in Württemberg, hrsg. von Dieter Planck, Stuttgart 1988, S. 531-537.
Walter Jehle: „Schönaicher Ortsgeschichte – Begebenheiten und „Gschichtla“, herausgegeben von der Gemeinde Schönaich, 2003.
Fritz Heimberger: Schönaich – Geschichte einer Wachstumsgemeinde. Herausgegeben im Gemeindeauftrag von Heinz Erich Walter, Walter-Verlag, Ludwigsburg 1970.

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