„Richard Lauxmann in Schönthal
Schönaich, den 1. Juli 1852.
Gnade und Friede in Christo unserm Herrn und Heiland
Vielgeliebter Richard!
Dein Schreiben vom 15. v. M. haben wir samt Inlage erhalten. Es kam uns ziemlich wohl zu der Mutter Erquickung, da es dem lieben Gott gefallen, sie uns nicht gesund, sondern in einem langwierigen kränklichen und beschwerlichen Lager bis daher zu erhalten. Es hatte schon wieder umgeschlagen, als wir Dein Schreiben erhielten, und wir glaubten, es werde schnell mit ihr gehen, denn die Anlage zur Wassersucht trat wieder stärker ein. Und heftige Krämpfe, daß es oft nicht zum Ansehen ist, machen ihr vieles Leiden. Es scheint auch kein Arzneimittel mehr anzuschlagen, ja ihr Leiden ist so groß, daß wir und sie selbst um baldige Erlösung aus diesem Thränenthal unser Gebet und Thränen miteinander vereinigen, ob wir gleich viel an ihr verlieren. Am 29. v. M. glaubten wir gänzlich, und sie auch selbst sagte, heute werde sie aus diesem Elend erlöst. Schon einige Tage gedenckt sie Deiner sehr viel mit mancher Thräne. Ich hoffe, Du werdest es beinahe selbst spühren, und wir würden Dir schon bälder geschrieben haben, wenn wir nicht von jeder Stunde einen gewissen Ausgang erwarteten. Deiner Mutter wird es selbst so lange, daß sie aus dem Psalmen das „Ach Herr", wie so lange oft und viel in ihren Seufzern gebraucht. Übrigens ist es gut, um sie zu sein, da man namentlich durch ihre gewisse Hoffnung und freudige Aussicht auf das ewige Leben sehr erquickt wird. Daß bei diesen Umständen in leiblicher Beziehung es viel erfordere, die äußerlichen Bedürfnisse zu bestreiten, kannst Du Dir selbst denken, und ich habe trotz dem gewissen Versprechen von Göppingen noch keine Arbeit erhalten und würde sehr in Noth gekommen sein, wenn nicht der Himmlische Vater auf eine wunderbare Weise Mittel geschafft hätte. Es giengen nämlich Deine kleine Geschwister am 3. v. M. in das Holz und fanden auf dem Wege dahin im obern Lehle auf der Anhöhe, wo sich die Wege gegen die Mausäker scheiden, einige kleine kreuzergroße gewölbte Silbermünzen aus der Keltenzeit stammend. Diese waren schwarz, durch die Fröhner ausgehauen. Sie betrachteten solche als Schalen von alten bleiernen Knöpfen und warfen sie wieder weg. Doch der Michael las fünf davon wieder auf und trug sie 14 Tage im Sack. Nun spielte er vor 14 Tagen damit auf dem Tisch und ich merkte, daß es ein Alterthum sein müsse, indem sich auf der gewölbten Seite ein Gesicht, den Mond vorstellend, und auf der hohlen Seite folgendes Zeichen* presendirte, wiewohl ich es selbst nicht für Silber, sondern für Zinck hielte. Ich versuchte, es auf einem Schieferstein zu probiren gegen einem silbernen Ring aus unserer Zeit, und befand die Münze feiner als den Ring. Ich nahm solche mit nach Böblingen und Herr Kaiser sagte mir, es seye kein Römer-, sondern altdeutsches Geld und gab mir des Alterthums wegen 1 Gulden 15 Kreuzer für 8 Stük, wiewohl der Silberwerth kaum die Hälfte ausgemacht hätte. Durch dieses faßte ich Muth, mit der Hake nachzusehen, ob nicht etwas noch zu finden wäre. Ich arbeitete lange vergebens und war im Begriff, das Suchen aufzugeben, da besonders die Mutter sehr schwach war und man mit jeder Stunde den Ausgang ihres Leidens erwartete. Schon die Haue auf der Achsel zum Weggehen, versuchte ichs noch einmal und zog eine zerbrochene Münze aus dem Sand hervor. Nun hatte ich die Spuhr und traf den etwa noch 2 Zoll hohen Rest einer Urne aus Ziegelerde schwarz gebrannt. Ich befreite denselben und nahm ihn auf die Hand, aber er zerfiel in viele Stüke und in demselben befanden sich noch 12 Silber- und eine Goldmünze. Den Tag nachher wurde noch eine Goldmünze aufgefunden. Der Herr Schultheiß schrieb sogleich nach Stuttgart an Topograph Paulus und meinte, es werde vortheilhafter für mich sein als daß ich Kaufleuten solche gegeben habe. Aber hier bekam ich kaum den Silber- und Goldwerth, und mein ganzer Fund betrug nicht mehr als 8 Gulden. Jedoch danckten wir dem lieben Gott, daß er uns in dieser Beziehung geholfen hatte, indem er hier aus harten Steinen Brod und Arznei zur Erquickung gab, und immer wahr bleibt das Wort „Ich will dich nicht verlassen noch versäumen". Denn wer hätte in solchem harten Wege etwas suchen wollen, wenn er es nicht selbst gezeigt hätte.
Sei so gut und schreibe gleich wieder an Deine Mutter, vielleicht trifft Dein Schreiben sie noch lebend an und würde sie sehr erquicken, noch etwas von Dir zu vernehmen. Und vereinige Dein Gebet mit dem Unsrigen um Ergebung in den bittern Willen (wie es uns scheint) des lieben Gottes und um baldige Erlösung Deiner lieben Mutter.
In dieser Hoffnung grüßet Dich Deine Mutter und Geschwister, und in deren Namen mit Jes.c.28,29.
Dein Dich herzlich
liebender Vater
Psalm 125 und
Württ. Gesangbuch No. 364. Richard Lauxmann“
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